Reddi schrieb: Wie geht es einem Menschen mit Dialyse nach langer chronischer Niereninsuffizienz?
Also was Hämodialyse betrifft: Als würde man zu jeder Dialyse die Anstrengung eines Marathons ertragen und braucht dafür 3-4 Tage um sich wieder vollständig zu erholen. Dummerweise musst du übermorgen schonwieder zum Marathon und bist quasi niemals ganz erholt, es ist immer eine Rest-Anstrengung die am Energiehaushalt nagt.
Und bei vielen Menschen leidet da die Psyche drunter, 3 Tage die Woche total erschöpft und 4 Tage die Woche halb-erschöpft zu sein.
Mal abgesehen davon leiden wir alle unter stärkerem Muskelabbau als Normalsterbliche. Wer sich gehen lässt, der baut schneller ab und wird gebrechlich.
Wer auf sich acht gibt und sich viel bewegt und sogar Sport treibt, der kann sogar seine Kondition verbessern.
Hat man immer noch die Beschwerden, die man jahrelang mitgeschleppt hat oder kommen neue hinzu ?
Vielfälltig. Bei den meisten ist die tägliche Harnmenge beschränkt, da muss man sehr auf seine Flüssigkeitzufuhr achten. Bei vielen hört die Nierenfunktion dann soweit auf, dass sie garkeinen Urin mehr haben. Das führt dann zu vielen neuen chronischen Problemen.
Warum geht es einigen mit der Dialyse super? Sind das die Patienten, die vorher auch nicht sehr unter der Krankheit gelitten haben oder können sich alle mit der Dialyse wieder besser fühlen?
Klassisches Beispiel wären die Patienten wo die Ursache der Erkrankung beseitigt wurde. z.B. Patienten mit Medikamentenmissbrauch, die diesen eingestellt haben.
z.B. ältere Menschen die Entzündungshemmer und Schmerztabletten wie Bonbons einnehmen und auf der Dialyse draufkommen, dass das doch nicht so gesund war. Da ist der Krankheitsverlauf ja nicht mehr fortschreitend.
z.B. oder Fettleibige, die ihre Blutdrucksenker seit früher Kindheit nicht nehmen wollten. Mit Anfang 40 an der Dialyse landen und sie nun doch nehmen.
Oder sagen wir einfach die ganzen selbstverschuldeten Nierenversagen sind in der Regell milder als die tatsächlichen Erkrankungen, weil die Täter es selbst in der Hand haben.
Oder Patienten die eine unbegrenzte Harnmenge noch haben und deshalb auch unbegrenzt Trinken dürfen. Wasserentzug ist das Anstrengenste an der Dialyse.
Und ebenso Patienten die nur 2x die Woche 3 Stunden Dialyse haben, weil eben noch soviel Restfunktion vorhanden ist, habens leichter als die mit 3x die Woche 4 Stunden und keiner Restfunktion.
Kann man sich je wieder so fit fühlen , wie vor der Krankheit?
Mit einer Transplantation angeblich. Hab ich nochnicht durch. Schwer zu beurteilen. Die Immunsuppression ist auch nicht ohne, also kerngesund wirds nichtmehr. Eine Orgie feiern geht z.B. mit Dialyse kaum und mit Immunsuppression auch nicht. Das habe ich aber noch auf der ToDo-Liste meines Lebens.
Abgesehen davon macht Kortison ja pummelig, also top-fit fühlt man sich vermutlich nicht, wenn man gegen Fettleibigkeit ankämpft und das vorher nochnie kannte. Wird also auch sehr individuell sein. (ein Glücksspiel malwieder.)
Warum gibt es wiederrum einige, welche die Dialyse sehr schlecht vertragen?
Weil einige Menschen schwach sind und andere stark.
Je mehr gejammert wird und umso mehr man sich einredet gewisse Dinge nichtmehr tun zu können, umso weniger hält man mit der Zeit aus, kann vieles dann bald wirklich nicht mehr.
Jemand der sich von Natur aus härter rannimmt und kein Selbstmitleid zulässt, wird auf andere Dialysepatienten immer wie jemand unzerstörbares wirken, der über den Dingen steht, egal wieviele Krankheiten und Schmerzen er in Wirklichkeit hat, er zeigt sie bloß nicht. Sturheit kann eine unglaubliche Stärke sein.
Und dann gibts Patienten die jede Dialyse einen höllischen Juckreiz haben und trotzdem am normalen Leben weiterhin teilhaben.
Und es gibt Patienten die in Selbstmitleid versinken und das Haus nichtmehr verlassen und assozial werden.
Oder Patienten die sich zurückziehen müssen bis sie mit der Situation klar gekommen sind, bevor sie überhaupt wieder einen Plan schmieden können wie es im Leben weiter gehen soll.
Es ist alles kompliziert so wie wir Menschen.
EDIT:
Hab da einen guten Vergleich denke ich.
Regelmäßig Hämodialyse zu machen ist wie jeden morgen mehrere Kilometer vor dem Frühstück joggen zu gehen.
Das ist am Anfang hart, bis sich Körper und Geist daran gewöhnt haben, aber man muss auch seinen Alltag entsprechend umplanen.
Man muss erkennen können, wann der Körper Regeneration und Ruhe benötigt und von Trägheit und Faulheit unterscheiden können, die es zu bekämpfen gilt.
Im Training muss man auch dann weitermachen wenn es richtig unangenehm wird um den besten Trainingserfolg zu erzielen.
....und ganz genauso ist Dialyse eben auch.