Hallo zusammen,
leider habe ich von Fresenius noch keine Rückantwort auf die Frage nach der Abweichung des Kt/V-Wertes bekommen.
Ich habe mich aber in den letzten Tagen mit dem Thema beschäftigt, recherchiert und eine Antwort darauf gefunden.
Die Ursache der unterschiedlichen Kt/V-Werte liegt meines Erachtens in der Berechnung selbst.
Um das zu erklären, muss ich ein wenig ausholen und möchte deshalb auf zwei Punkte eingehen, um das unten stehende besser verstehen zu können.
- Körperwasser und Harnstoff
Unser Körper besteht zum weit aus größten Teil aus Wasser.
Dieses Wasser befindet sich in verschiedenen Bereichen im menschlichen Körper zu unterschiedlichen Anteilen (in den Zellen, in den Zellzwischenräumen und in den Gefäßen, wie Blut- und Lymphgefäße).
Harnstoff ist in der Körperflüssigkeit im menschlichen Körper homogen verteilt, das heißt, es kommt im gesamten Körperwasser in der gleichen Konzentration vor.
Das bedeutet, dass eine Person mit einem Harnstoffwert im Blut von 90 mg/dl und 70 Liter Körperwasser mehr Harnstoffmoleküle im Körper hat, als eine Person mit gleichem Harnstoffwert im Blut aber mit nur 50 Liter Körperwasser.
Um zu berechnen, wieviel Harnstoffmoleküle im Körper sind, brauche ich deshalb neben dem Harnstoffwert im Blut die genaue Menge des Gesamtkörperwassers.
- Kt/V-Formel
Der Kt/V-Wert gibt Aufschluss über die Reinigung des Körpers von Harnstoff
K steht in der Formel für die Clearance, also die Reinigung des Körpers von Harnstoff
t steht für die Dialysezeit
V steht für die Menge des Gesamtkörperwassers
Der Unterschied vom Kt/V-Wert, der das Dialysegerät anzeigt im Vergleich zum Labor liegt in der Berechnungsformel vom "V", dem Gesamtkörperwasser, die das Dialysegerätes anwendet, begründet.
Die Menge des Gesamtkörperwasser ist überwiegend abhängig von Körpergröße, Körpergewicht, Alter und Geschlecht.
Um das Gesamtkörperwassers
exakt zu ermitteln, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Dabei haben sich zwei Methoden herauskristallisiert:
- DCTool
Das DCTool (Dose Calculation Tool) ist eine Software von Fresenius mit der ich durch Eingabe von einigen Parametern das Gesamtwasservolumen genau errechnen kann.
Diese separate Software haben wir damals, als wir unsere Fresenius 5008 Dialysegeräte bekommen haben, dazu bekommen. Ich weiß allerdings nicht, ob die Software extra gekostet hat.
- Bioimpedanzmessung
Mit der Bioimpedanzmessung (BIA) kann das Gesamtkörperwasser exakt gemessen werden. Zusätzlich gibt die BIA auch Auskunft über den Ernährungszustand (Muskelgewebe, Fettgewebe) der Person.
Der Vorteil ist ein sehr exaktes Ergebnis, das zusätzlich weitere hilfreiche Hinweise liefert.
Der Nachteil: für die BIA ist ein extra Gerät und eine Auswertungssoftware anzuschaffen.
BCM (Body Composition Monitoring) ist z. B. ein von Fresenius auf den Markt gebrachtes Gerät für diesen Zweck.
Manche Firmen, die spezielle Nahrung für z. B. mangelernährte Dialysepatienten herstellen, kommen auf Anfrage ins Dialysezentrum und führen dort kostenfrei BIA-Messungen durch.
Im OCM-Menue der Fresenius 5008 habe ich drei Möglichkeiten um festzulegen, wie mit dem Parameter "V" umgegangen werden soll:
- keine Eingabe von "V"
- direkte Eingabe von "V", der auf eine andere Möglichkeit ermittelt wurde (DCTool oder BIA)
- "V" soll berechnet (geschätzt) werden aufgrund von Körpergröße, Körpergewicht, Alter und Geschlecht
Die
erste Möglichkeit ist auf die Kt/V-Berechnung bezogen die schlechteste. Wenn die Berechnung ohne "V" stattfinden soll, ist das Ergebnis dann kein Kt/V sondern nur der Kt-Wert.
Die
zweite Möglichkeit, und das ist die von Fresenius empfohlene und favorisierte Möglichkeit, ist die Messung des Körperwassers mittels BCM oder BIA. Das Messergebnis wird dann am Dialysegerät im OCM-Menue direkt eingegeben. Die dann ermittelten Kt/V-Werte sind als sehr genau beschrieben.
Mit der
dritten Möglichkeit kann das Dialysegerät die Menge des Körperwassers aufgrund von Körpergröße, Körpergewicht, Alter und Geschlecht berechnen bzw. schätzen.
Diese Formel (bekannt als Watson-Formel) hat den Vorteil, dass sie aufgrund weniger Parameter ein Ergebnis liefert. Jedoch ist bekannt, dass das Ergebnis einen zu hohen Wasseranteil ermittelt (in einer Veröffentlichung habe ich gelesen, dass der Wert um bis zu 26% zu hoch sei und deshalb als Schätzwert angesehen werden muss).
Ein zu hoher "V" in der Kt/V-Formel hat ein zu geringes Kt/V-Ergebnis zur Folge!
Das ist die Erklärung, warum der Kt/V-Wert am Dialysegerät niedriger angezeigt wird, als der im Labor ermittelte Wert, sofern die Eingabe "V" auf diesem Weg erfolgt.
Ich hoffe, ihr konntet den doch recht theoretischen Ausführungen folgen. Ansonsten gerne nachfragen
Sobald ich von Fresenius die Rückmeldung erhalten habe, werde ich mich diesbezüglich melden.
Liebe Grüße
heka59