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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 05 Feb 2025 14:28 #526982

  • ala
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Hallo,

vielleicht hat Jemand von Euch Interesse sich die Aussagen unseren Abgeordneten über die Wiederspruchsregelung anzuhören und die Aussagen der Sachverständigen zu gleichen Gesetzesentwurf.

Liebe Grüße Ala

cldf-od.r53.cdn.tv1.eu/1000153copo/ondem...ne_de_5000.mp4?fdl=1

dbtg.tv/cvid/7628295
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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 05 Feb 2025 23:41 #526992

  • Anja
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Hallo ala,

vielen Dank für die Links!

Ich habe mir das Video der Anhörung angesehen und - anders als so reißerisch in der Mediathek beworben, war es kein Streit, sondern eine Anhörung mit Fragen und präzisen Antworten auf diese Fragen, was mir für viele Aspekte um das Thema erst einmal die Augen geöffnet hat.
Man kann nicht einfach hergehen und mit einem einfachen "warum stellen die Idioten das nicht einfach mal eben auf die Widerspruchslösung um" abtun.

Aspekte, die mir in der Anhörung gefehlt haben:
  • Deutschlands Probleme sind nicht monokausal, daher ist die Betrachtung der Auswirkung eines Einflussfaktors nicht zielführend als einzige Entscheidungsgrundlage, aber wie Prof. Hertwig angemerkt hat, sendet es ein Signal
  • neben der angesprochenen Entlastung der Angehörigen hat niemand die Bedeutung und Auswirkungen für das medizinische Personal, also i.A. die Ärzte, angesprochen, die die Gespräche mit den Angehörigen führen (müssen);

Aus der Zusammenfassung auf der Seite des Dt. Bundestages:
Die Medizin-Ethikerin Claudia Wiesemann erklärte, die Widerspruchsregelung sei ein Eingriff in die Selbstbestimmung der Person über ihren eigenen Körper. Das wichtigste Rechtfertigungsargument sei die erhoffte deutliche Zunahme der Organspendenzahlen. Diese Hoffnung könne empirisch nicht belegt werden.
s. mein Kommentar zur Monokausalität
Nach Ansicht des Rechtsexperten Josef Franz Lindner von der Universität Augsburg bestehen gegen die Einführung einer Widerspruchsregelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Staat sei verfassungsrechtlich verpflichtet, für ein effektives Organtransplantationssystem zu sorgen. Dazu gehöre die Pflicht, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass eine ausreichende Zahl an Spenderorganen generiert werde. Die Widerspruchsregelung stelle einen verfassungskonformen Weg dar, wie der Gesetzgeber seiner grundrechtlichen Schutzpflicht nachkommen könne.
Damit ist Artikel 2 unseres Grundgesetzes, Absatz 2 gemeint:
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Bei einigen Fragen merkte man allerdings, dass es eine Diskussion auf [Zitat Fr. Knepper: "hochakademischen Niveau"] war, wenn Thomas Seitz die Frage stellt, ob der Gesetzgeber nicht vor der Einführung eines Eingriffs in das "Recht auf Nichtbefassung" nicht ersteinmal nach Alternativen suchen müsse, bevor er diesen Eingriff in Betracht ziehe. Er denke dabei an eine erweiterte Lebendspende, sowie eine regulierte Form des Organhandels.
An dieser Stelle der Hinweis, dass eine Lebendspende nur bei Niere und Leber möglich ist, bei anderen nicht,

Genannte Fakten:
- Deutschland hat, wie allgemein bekannt, schlechte Organspendezahlen im EutroTransplant-Vergleich (2024: Österreich 18 pro 1 Millionen einwohner, Belgien 31, Deutschland 10, Ungarn 16, Kriatien 30, Niederlande 20)
- aus den Ländern mit Widersprucslösung sind keine debatten über Rechsverletzungen bekannt, Mediziner empfinden ihre Aufgabe als weniger belastend







Unabhängig vom eigentlichen Thema ist mir beim Schreiben eine andere Frage in den Kopf gekommen:
Woher stammt eigentlich die Denkweise des Menschen über Tote und Kadaver? Es ist richtig, dass wir in den letzten 10.000 Jahren gelernt haben, dass es ungesund ist, Tier- oder Menschenkadaver "rumliegen" zu lassen - und es hat sich regelrecht zu einer Kunstform entwickelt, wie wir mit ihnen umgehen.
Wir betrieben einen Kadaver-Kult mit Begräbnissen, schmuckvollen Särgen, Gräbern, Grabmalen. Meines Wissens betreibt jede Religion ~etwas. Aber es sind die Lbenden, die es betreiben.
Eine Organentnahme stellt allerdings kein Hindernis dafür dar.
Woher stammt also der Wunsch vieler, nach Lebensende zu verrotten, anstatt in anderen Menschen, nicht nur in der Erinnerung, weiter zu leben?

vG
Anja

Nachtrag:
Manchmal erhält man ja neuen Input... ich habe ChatGPT gefragt, warum der Mensch auf diese Weise mit dem Tod umgeht. Die Antwort:

Das, was nach dem Tod mit dem Körper eines Menschen passiert, ist in vielen Kulturen zu einer Art "Kunstform" geworden, weil es tief mit emotionalen, religiösen, kulturellen und sozialen Aspekten verbunden ist. Hier ein paar Gründe, warum das so ist:

  • Respekt und Würde: Der Umgang mit Verstorbenen spiegelt oft den Respekt und die Wertschätzung wider, die der Person im Leben entgegengebracht wurde. Aufwendige Rituale und Zeremonien sind eine Möglichkeit, diesem Respekt Ausdruck zu verleihen.
  • Religiöse und spirituelle Überzeugungen: Viele Religionen haben detaillierte Vorschriften, wie ein Körper nach dem Tod behandelt werden sollte, um sicherzustellen, dass die Seele in Frieden ruhen kann oder ins Jenseits übergeht. Diese Rituale können sehr kunstvoll sein, z.B. Einbalsamierungen im alten Ägypten oder aufwändige Bestattungsrituale in anderen Kulturen.
  • Kulturelle Identität: Bestattungspraktiken sind oft Ausdruck kultureller Identität. Sie unterscheiden sich stark von Region zu Region und sind tief verwurzelt in den Traditionen und der Geschichte eines Volkes.
  • Verarbeitung von Trauer: Rituale helfen den Hinterbliebenen, den Tod zu verarbeiten und Abschied zu nehmen. Durch kunstvolle Zeremonien und symbolische Handlungen können Menschen ihre Trauer ausdrücken und einen Abschluss finden.
  • Status und Prestige: In vielen Gesellschaften wurden Bestattungen genutzt, um den sozialen Status des Verstorbenen zu zeigen. Aufwendige Gräber, Denkmäler und Zeremonien sind nicht nur ein Ausdruck von Trauer, sondern auch von Reichtum oder Macht.
  • Ästhetik und Erinnerung: Der Drang, etwas Schönes oder Besonderes zu schaffen, kann auch im Tod eine Rolle spielen. Gräber, Urnen oder Gedenkstätten werden oft kunstvoll gestaltet, um die Erinnerung an den Verstorbenen lebendig zu halten.
Letztlich spiegelt der Umgang mit dem Tod die tiefsten Werte und Überzeugungen einer Gesellschaft wider. Deshalb wird aus etwas so Alltäglichem wie einer Bestattung oft ein komplexes und kunstvolles Ritual.




"Letztlich spiegelt der Umgang mit dem Tod die tiefsten Werte und Überzeugungen einer Gesellschaft wider"

"die tiefsten Werte" - bedeutet das, wir stellen den Tod über dass Leben?
Wir versuchen, mit Hyloronlippen, Botox, Retinol etc jede Zeichen von Alter ignorierbar zu machen, obwohl das, was uns unter die Erde bringt, nicht Fältchen, Falten oder Alterspigmente sind, sondern das, was darunter liegt.
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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 06 Feb 2025 13:39 #527002

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"Woher stammt eigentlich die Denkweise des Menschen über Tote und Kadaver? "
Ich habe bei mir und bei meiner Familie erlebt, wie emotional das Abschiednehmen von einem Elternteil ist. Und wie schwer es den einen fällt, einer Organentnahme für die Forschung (es ging nicht um eine Transplantation) zuzustimmen. Obwohl die Forschungsresultate einem sogar selbst zu gute kommen könnten, weil man an derselben Krankheit leidet, an der das Elternteil schliesslich gestorben ist. Die Kremation, die dann nach vielleicht einer Woche stattfindet, wird ganz anders erlebt.

In diesem Moment, so kurz nach dem Ableben, kann man sich nur schwer vorstellen, den geliebten Menschen in die Hände von unbekannten Personen zu geben, denen zu vertrauen, dass sie respektvoll damit umgehen.

Und daran ist zu einem nicht kleinen Teil die Filmindustrie schuld, die es nicht schafft, eine Transplantation anders als fürchterlich dramatisch, erschreckend und, vor allem, von gierigen Kriminellen organisierten Prozess darzustellen. Und dem einen oder anderen Skandal, welches in der Realität passiert ist und von den Medien als Standard dargestellt wird.

Helfen kann vielleicht nur, wenn ernsthaft auf allen Ebenen, eben auch innerhalb der Familie, über das Thema Transplantation, eigentlich allgemein über schwere Krankheiten gesprochen wird. Auch damit sich die Leute bewusst werden: das betrifft mich jetzt zwar nicht persönlich, aber wenn der/die das hat, was wäre, wenn ich oder jemand aus meiner Familie in dieser Lage wäre?
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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 06 Feb 2025 17:51 #527003

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Hallo kohana,

Du hast Recht, das kann sehr emotional sein. Und im dem Moment, wo man den Stich im eigenen Herzen noch spürt, mit so einer Frage konfrontiert zu sein, ist schwierig.
... umso mehr ein Argument für die Widerspruchslösung, weil es alle Beteiligten entlastet.

in die Hände von unbekannten Personen zu geben, denen zu vertrauen, dass sie respektvoll damit umgehen.

Stell Dir die beiden Situationen vor:

die Angehörigen am Sterbebett lehen die Organspende ab und verlassen den Raum. Pflegepersonal zieht die Stecker und Infusionen, zieht die Monitore ab, deckt den Körper zu und fährt den Toten raus und über den Flur. Manchmal auch ins Stationsbad, weil gerade niemand Zeit hat, den Körper nach unten zu fahren. Der Tote hat keine Schmerzen, bekommt einen Zusammenstoß nicht mit, selbst, wenn man ihm den Ordner mit der Krankenakte auf den Bauch knallt, ist es konsequenzenlos. Er wird in die Leichenhallte verbracht, irgendwann holt ein Mitarbeiter eines Bestattungsinstitutes den Körper, zieht dem nicht kooperierenden ein Hemd, Anzughose und Anzugjacke an, stopft vllt die Wangen mit etwas Watte aus, weil die beginnende Leichenverwesung zu unschönen Veränderungen führt, schminkt das Gesicht, weil es sonst unnatürlich aussieht und befördert den Körper zusammen mit einem Kollegen in einen Sarg für die Aufbahrung.

Die Angehörigen stimmen der Organentnahme zu. Alle Körperfunktionen werden aufrechterhalten: Atmung, Kreislauf, Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt.... der Körper wird behandelt wie ein rohes Ei. Nach der Klärung der Eignung beginnt die Organentnahme und jeder beteiligte weiss, dass dadurch mehrere Menschen am Leben bleiben oder weniger leiden müssen. Durch die Organe des Totem vor ihnen auf dem Tisch wird es weniger Leid und weniger Tod draußen geben. Auch dieser Körper wird in das Bestattungsinstitut verbracht. Die Aufbahrung ist höchstwahrsacheinlich geschlossen.

Welche Worte bei der Beisetzung sind tröstlicher "wir übergeben seine sterblichen Überreste der Erde" oder "Wir übergeben seine sterblichen Überreste der Erde, im Wissen, dass ein Teil von ihm in anderen Menschen weiterlebt, Hoffnung geschenkt und Leiden gemindert hat"?


"Ohne persönliche Einwilligung sei eine Organspende nicht zu rechtfertigen" - sind die aktuellen Todesraten ethisch zu rechtfertigen? Es wurde (was ich auch oben schon angesprochen hatte) das angenommene Recht auf Nichtbefassung mit dem Thema genannt.
Also ein Recht darauf, sich mit dem unangenehmen Thema Tod und Leid von einer halben Million Menschen nicht beschäftigen zu müssen, sondern wegschauen zu dürfen mit dem Segen des Gesetzgebers und keine Verantwortung übernehmen zu müssen.
Kann es sein, dass das ein spezifisch Deutsches Problem ist?

vG
Anja
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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 06 Feb 2025 18:13 #527004

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... [...] ...
Kann es sein, dass das ein spezifisch Deutsches Problem ist?

Das ist in der Schweiz nur wenig anders. Die aktuelle Rechtslage nach der Volksabstimmung:

In der Schweiz wurde am 15. Mai 2022 über ein neues Transplantationsgesetz abgestimmt und die erweiterte Widerspruchsregelung angenommen. Diese wird frühestens im Jahr 2026 eingeführt. Bis dahin gilt in der Schweiz die erweiterte Zustimmungsregelung.


Erweitert bedeutet grob gesagt: die Angehörigen haben in jedem Fall das letzte Wort. Das ist jetzt so und bleibt so.

Die Angehörigen können einer Organentnahme widersprechen, falls sie Kenntnis davon haben, dass die verstorbene Person ihre Organe nicht hätte spenden wollen.


Das Gesetz wurde mittels einer Volksinitiative geändert, d.h. es wurden Unterschriften gesammelt, damit die Volksinitiative vors Volk kam. Ich habe damals auch Unterschriften gesammelt und möchte einerseits diese Erfahrung nicht missen, war aber anderseits auch ziemlich ernüchtert über die Reaktionen vieler Menschen, mit denen ich gesprochen habe und über die Leserkommentare in der Presse.
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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 07 Feb 2025 07:33 #527010

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... [...] ...
Kann es sein, dass das ein spezifisch Deutsches Problem ist?
Das ist in der Schweiz nur wenig anders.
Ich vermute, "Eure" Gründe sind andere.

Das Gesetz wurde mittels einer Volksinitiative geändert, d.h. es wurden Unterschriften gesammelt, damit die Volksinitiative vors Volk kam.

In der Anhörung wurde auch explizit gesagt, dass die Bevölkerung teilweise "weiter" ist.

Ich habe damals auch Unterschriften gesammelt und möchte einerseits diese Erfahrung nicht missen, war aber anderseits auch ziemlich ernüchtert über die Reaktionen vieler Menschen, mit denen ich gesprochen habe und über die Leserkommentare in der Presse.

Magst Du davon berichten? Was waren die Reaktionen und Kommentare "der anderen"?


In der Anhörung hatte mich vor allem der Kommentar entsetzt, man könne doch die Möglichkeiten der Lebendspende weiter ausreizen. Beim Herzen??? Das war eine Anhörung im Bundestag, da hätte ich schon erwartet, dass sich die Beteiligten auch ansatzweise mit dem Thema beschäftigt hätten.
Offensichtlich habe ich mich geirrt und einige der Beteiligten sind komplett unbeleckt hineingegangen.
Diese unbeleckten ohne Realitätsbezug entscheiden dann aber auch über Leben und Leiden.

(Das war dieselbe Person, die das "Recht auf Nichtbefassung" wollte).

Und dann merke ich, "wir" sind für einen großen Teil der Bevölkerung ein theoretisches Etwas, sie haben keinen Bezug zum Thema, keine Vorstellung über den Alltag von Betroffenen.
Es wird aber nicht genügend thematisiert. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hatte damals in Sachen AIDS viel getan (legendär: Rita, was kosten die Kondome?)


vg
Anja


Nachtrag:
Googelt man den vom Thema der Anhörung Unbeleckten, findet man über Thomas Seitz bei Wikipedia folgendes:
Mit Wirkung vom 31. März 2024 verließ Seitz die AfD und die AfD-Bundestagsfraktion. Er begründet dies ausdrücklich nicht mit einem Rechtsruck der Partei, sondern mit einem System der Günstlingswirtschaft, das laut Seitz auf dem AfD-Landesparteitag in Baden-Württemberg vom 24./25. Februar 2024 offenbar geworden sei.[15] Von Beginn der 20. Legislaturperiode bis zu seinem Austritt aus der AfD im März 2024 war er rechtspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag.[16][17]

Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Seitz_(Politiker), abgerufen:07.02.2025

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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 07 Feb 2025 17:37 #527014

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..
Magst Du davon berichten? Was waren die Reaktionen und Kommentare "der anderen"?

Wir haben an 3 Tagen Unterschriften gesammelt, immer an einem Wochenende. Unser Team bestand aus Betroffenen, also Patienten und medizinischem Personal (zB Spezialisten/innen Intensivmedizin) und Medizinstudenten. Ein sehr aufgestelltes Team.

Unterschriften sammeln ist kein Schleck. Besondere Schwierigkeiten in einem grossen Bahnhof (der Standort meiner Gruppe):
• viele Leute sind in Eile – sie wollen einen Zug erwischen, ein Schiff, ein Tram oder kommen von einer Reise und wollen einfach nach Hause.
• Nur Schweizer Bürger können eine Initiative unterzeichnen. Man versucht also, die Leute, die auf einen zulaufen innert Sekunden zu sieben. Das gelingt manchmal besser, manchmal schlechter.
• Nur Volljährige dürfen unterscheiden – also innert Sekunden zu versuchen, das Alter einzuschätzen.
• Je nach Standort im Bahnhof hatte es mehr oder weniger potentielle Unterzeichner.
• Und dann musste man sich noch daran gewöhnen, Leute einfach anzusprechen, ihre Aufmerksamkeit innert 1 Sekunde zu packen und Absagen jeder Art nie persönlich zu nehmen.

Eine Zeitlang war eine grosse Gruppe von Pfadfindern im Bahnhof unterwegs, die zum Teil wohl älter als 18 waren und ein paar unterzeichneten die Initiative.
Ich sprach einen Pater an und er nahm einen Unterschriftsbogen mit, weil seine Brüder wahrscheinlich auch noch unterzeichnen würden. Ich schaltete zuerst nicht gleich – Brüder?? Natürlich, er ist ja Pater!
Eine ältere Dame sprach mich direkt an und es stellte sich heraus, dass sie pensionierte Krankenschwester war.
Auch eine andere ältere Dame, die eigentlich nur den Markt suchte, outete sich als ehemalige Krankenschwester und unterzeichnete.
Und dann war da noch die Bahnhof-Securitas-Patrouille. Eine Frau und ein jüngerer Mann. Ich sprach die Frau an – warum auch nicht…. Sie hatte kein Interesse, äusserte sich so, dass ich annahm, dass sie gegen Organspende überhaupt war. Interessant war aber, dass sie eine halbe Stunde später prompt nochmals auftauchten und unsere Bewilligung fürs Unterschriftensammeln sehen wollte. Man hattte sie uns wohlweislich abgegeben und uns auch eingeschärft, wo wir genau stehen durften. Die Securitas-Frau kontrollierte jede Seite der Bewilligung und war schliesslich zufrieden – sie sah aber beim Weglaufen immer noch sauer aus. Vielleicht ist das einfach der Standardblick einer Securitas-Person….

Mein Einstieg war übrigens „Wir sammeln Unterschriften für eine Initiative in Sachen Organspende – Sind Sie interessiert?“ Ich wollte zeigen, dass wir kein Geld wollten - im Gegensatz zu den sehr aufdringlichen bezahlten Sammlern, die einen jeweils in den Bahnhöfen „überfallen“. Die Variante meiner Nachbarin beim Sammeln war: „Haben sie eine Meinung zur Organspende?“ – das versuchte ich auch ein paar Mal.

Richtig unangenehme Begegnungen hatte ich keine und ich glaube, auch die anderen nicht. Viele wollten natürlich partout nicht stehen bleiben, hatten keine Zeit, machten einen weiten Bogen um mich oder wohl eher um das Klemmbrett und wollten sich nicht mal die ersten Worte meiner Erklärung anhören, was ich überhaupt von ihnen wollte. Ein paar blieben zwar stehen, erklärten dann aber, dass sie gegen Organspende seien – sie hatten sich wenigsten schon Gedanken zum Thema gemacht. Und eigentlich ist das ja eines der Hauptanliegen der ganzen Initiative: dass sich die Menschen Gedanken zur Organspende machen und sich in irgend einer Form äussern, bevor es zu spät ist (Organspendeausweis, Patientenverfügung, Gespräch mit Angehörigen ….). So dass die Angehörigen im Falle eines Falles die Frage des Arztes beantworten können, ob ihr im Sterben begriffener Angehöriger eine Meinung zum Thema Organspende hatte oder nicht.

Einigen Helfern ist aufgefallen, dass junge Leute eher schon von der Initiative gehört haben und bereitwillig unterzeichnen. Bei älteren Semestern muss man da vielfach schon mehr erklären.

Die Leute waren sehr in Eile, mit Koffern und Einkaufstaschen unterwegs oder, vor allem die Jungen, im Kopf schon im Samstagsausgang. Wieder andere wollten „gerade nicht über dieses Thema nachdenken“.

Aber manchmal redete man sich den Mund „fuselig“ und bekommt doch keine Unterschrift. Auch das muss man akzeptieren.

Viele verstanden nicht, dass ihre Unterschrift auch Sinn macht – es war ja erst die Unterschriftensammlung, damit die Initiative dann auch vors Volk kommt. Unterschreiben ist das eine. An der Abstimmung dann „Ja“ ankreuzen ist das andere. Beides hat schliesslich geklappt. Jetzt ist die Umsetzung im Gange….


Fazit von mir:
Es war nicht so schlimm gewesen, wie ich erwartet hatte. Vielleicht hätte ich mehr wagen sollen, auch wenn es dann mehr Absagen und Fehlgriffe (Touristen statt Schweizer….) gegeben hätte. Aber ich musste mich auch zuerst an die neue Situation gewöhnen – so was hatte ich nämlich noch nie gemacht!

Und ich habe mir vorgenommen, künftig auch stehen zu bleiben und mir wenigstens das Anliegen anzuhören, wenn ich um eine Unterschrift gebeten werde.

Ein paar Beispiele der unangenehmeren Gespräche und aus Kommentaren zu Artikel zur Initiative / Abstimmung sind im nachfolgenden Text aufgeführt.


Was mich absolut total in Rage brachte, war ein Editorial in einer Wochenzeitschrift Mitte 2021, die sich leider über die Jahre von „viele interessante Artikel“ zu einem nicht mehr lesbaren Erzeugnis gewandelt hat. Ich habe dem Chefredaktor meine Meinung dazu mitgeteilt. Den Artikel selbst poste ich nicht, aber anhand meines Kommentars dazu versteht man vielleicht, was in etwa drin gestanden hat. Der Titel des Artikels war „Staatlich gewollter Organraub“


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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 08 Feb 2025 23:34 #527024

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Ich hatte jetzt endlich Zeit, die Aussagen der Abgeordnete anzuhören/anzusehen und vor allem die eine Wortmeldung war unterirdisch und beschämend. Ich wage gar nicht, dort mehr ins Details zu gehen - nur eines: Die Frauen sind schuld und stecken dahinter, vor allem die alten Frauen. Das war ich mir bis jetzt gar nicht bewusst. :schäm:

Viele ernsthafte, auf Wissen und nicht auf Ideologie basierende Argumente dafür und dagegen kenne ich aus den Diskussionen, die in der Schweiz stattgefunden haben. Und die ideologischen hatten wir auch.
Auch vermeintlich bessere / wirksamere Alternativen: zB die im Pass oder Führerausweis festgehaltene Willensäusserung, die Machbarkeit, die Vor- und Nachteile, wurden diskutiert.
Der persönliche Konflikt vieler Befragter: nein, ich bin dagegen. Aber Empfänger zu werden ist dann ganz was anderes.
Und die Forderung: es braucht einfach noch mehr Zeit...... so ein paar Jahrzehnte wahrscheinlich.

LG Kohana

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Transplantationsgestzänderung in Wiederspruchsregelung. Aussagen der Abgeordnete 09 Feb 2025 07:50 #527025

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Naja die Diskussion scheint eher von Gegnern der Organspende ansich dominiert zu werden und deren Argumente könnte man auch so bei einer Diskussion über eine Zustimmungsregelung stehen lassen, von daher gleichzeitig ziemlich am Thema vorbei wenn man die Zustimmungsregelung mit der Wiederspruchsregelung vergleichen möchte, wäre ja so oder so "Organraub"....

Dementsprechend wieso nicht gleich die Transplantation verbieten und alle Ärzte als Organräuber an den Pranger stellen, auch wenn der Patient der Entnahme im Todesfall zugestimmt hat.
Es geht ja nur darum die potentiell gesunden Organe von einem toten Menschen für die Gesundheit von schwer kranken Menschen zu verwenden. Wäre doch ein verbrechen den Kadavern ihre Organe zu Rauben damit geliebte Menschen aus unserer Gesellschaft wieder Gesund werden.

In meiner Familie wurde mal wegen der Wiederspruchslösung einem entfernten Verwandten nach dem Tod die Augen entfernt, ich glaub Netzhaut-Transplantation oder Linsen oder soetwas. Jedenfalls wurden seine Augen gegen den Willen der Familie gespendet damit ein blinder Mensch wieder sehen konnte. Das fanden alle sehr unchristlich, dass der ohne seine Augen beerdigt wurde und ist ein Skandal den man wie eine Schauergeschichte der nächsten Generation erzählt.
Meine Verwandtschaft besteht aus vielen Pfeifen die das Thema nochnie verstanden haben.

Oh und sei mal angemerkt, die Vergleichszahlen von Eurotransplant sind seit der Corona-Kriese im Chaos, die Transplant-Zentren waren seit 2019 regelmäßig in einem Ausnahmezustand wo sie weniger transplantieren konnten weil das Personal an allen Ecken gespart wurde.
Die Wartezeit für eine Niere ist in Deutschland jedenfalls 4 bis 8-mal so hoch wie in Österreich soweit ich mich da noch sehr gut erinnern kann.
Sprich eine Niere hat in Österreich eine Wartezeit von 1-2 Jahren je nach Seltenheit, Alter und Dringlichkeit, in Deutschland 6-9 Jahre.

Und die Wiederspruchsregelung sollte eher einer Diskussion darüber sein, dass sich insbesondere junge Menschen zuwenig für das unangenehme Thema der Organspende interessieren und deshalb die Zustimmung zur Organspende ausbleibt, weil die Entscheidung schlichtweg nicht getroffen wird. Eine Wiederspruchsregelung würde jeden Bürger zwingen sich mit dem Thema der Organspende nach dem diagnostizierten Hirntot auseinander zu setzen und die Frage möchte ich Spenden verpflichtend mit Ja oder Nein zu beantworten. Wer sich stur stellt und sich dann immernoch nicht mit dem Thema beschäftigen will, dessen Antwort ist dann halt automatisch Ja. -_-

Das sollte auch nicht dramatischer sein als die Frage ob man im Notfall bereit wäre einem anderen Menschen Blut zu spenden damit dieser überlebt. -.-

Als Dialysepatient in Österreich könnte ich natürlich stundenlang über die Realität und den Alltag der Wiederspruchsregelung diskutieren.
Es ist z.B. für Ärzte ziemlich schwer abzuschätzen wieviel Zeit einem Patient nach dem Hirntot noch bleibt, bis seine übrigen Organe an der Maschine versagen.
Da kann man nicht den verbleibenden Angehörigen die Entscheidung überlassen, ob die Organe entnommen werden sollen, es könnte zuviel Zeit vergehen und die Qualität der Organe leidet an der Lebenserhaltung.
Ist ein kompliziertes Thema wenn den Angehörigen mitgeteilt wird, dass ein Patient hirntot geworden ist und man deshalb sofort seine Organe entnehmen muss und vermutlich schon damit begonnen hat, weil kein Wiederspruch vorliegt.

Ich denke übrigens, dass ich von den Stamm-Mitgliedern im Forum der einzige bin der eine gänzlich neutrale Meinung zu dem Thema Organspende ansich hat.
Ich bin zwar Dialysepatient, habe mich aber bewusst gegen die Organspende entschieden und als ich während Corona nur knapp überlebt hab hat sich diese Entscheidung gefestigt in einer Überzeugung, dass mir mein Immunsystem wichtiger ist als eine neue Niere. So gesehen ist die Organspende für mich eher wie eine Verlockung die mit vielen Risiken und Konsequenzen verbunden ist die sich ein gesunder Mensch garnicht sachlich objektiv vorstellen kann, weil ihm dazu die Erfahrung und das Grundwissen fehlen. Sobald man aber ein Organ haben möchte, reagiert man auf das Thema weniger neutral möchte ich meinen.

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Hi :)