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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 25 Mär 2023 18:10 #522370

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Hallo,
ich bin 55 Jahre alt ud lebe in München.
2019 wurde per zufall meine Niereninsuffizienz entdeckt.
Mein Krea Wert lag damals bei 1.4.
Zuerst wurde mein Blutdruck eingestellt und vor allem das cholesterin.
Bis die Medikamentierung eingestellt war ist mein Krea wert auf 1.8 bzw 1.9 gestiegen.
Von den Medikamenten nehme ich Abends: Alloporinoll 300 eine halbe, Pravastatin 30 und ramilich 5mg. Norgens: /Ramipril/Amlodipindexcel 5mg und forxiga 10mg (seit ca. 6 Monaten)
Der Krea Wert ist seit knapp 2 Jahren stabil. Der Blutdruck liegt bei 125/78 im Schnitt.
Vor einer möglichen Dialyse habe ich echt Angst. Vor dem Tod allerdings noch mehr ...Oft kann ich den Gedanken verdrängen, dass es dazu kommen kann.Aber nicht immer.
Wie geht ihr damit um?
LG
 
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 26 Mär 2023 00:03 #522372

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Hallo Wortzauberer
Ich denke, es gibt ganz verschiedene Wege...
Da die Nierenkrankheit bei uns in der Familie liegt (Zystennieren), sah ich ca 20 Jahre bevor ich soweit war, was da so auf einen zukommt. Zum Glück verändert/verbessert sich in 20 Jahren einiges punkto Behandlungsmöglichkeiten. Aber es bringt einem immer noch das Leben durcheinander. Ich habe versucht, die Krankheit irgendwo im Hinterkopf zu platzieren, nicht auszublenden, aber auch nicht ständig daran herumzustudieren. Aufhalten konnte man praktisch nichts. Mir half, mit Leuten in Kontakt zu sein, die mit Nierenkrankheiten und nach dem Nierenversagen mit den verschiedenen Nierenersatztherapien lebten. Ich sass mal in einem Vortrag, Jahre bevor meine Nieren endgültig versagten. Es war ein grosser Vorlesesaal und um mich herum sassen viele Leute in den verschiedensten Stadien - Prädialyse, Dialyse, Transplantierte, Angehörige. Und alle lebten, waren hergekommen, plauderten, lachten und manchmal erzählten sie in der Kaffeepause etwas Schlimmes, was ihnen widerfahren war und dann wieder etwas Lustiges. Es geht weiter, trotz allem.

Liebe Grüsse Kohana

(meine schlimmsten Momente hatte ich nicht wegen mir, sondern wegen nahen Verwandten. Sie waren älter geworden, viele Jahre Nierenersatztherapien hatten sie müde und fragil und traurig gemacht, Ihr Leben ging zu Ende. Das war schwer zu ertragen. Aber so geht es auch anderen, nicht nur Nierenkranken)
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 26 Mär 2023 08:50 #522373

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Hallo Wortzauberer,
vor 25 Jahren wurde bei mir die Niereninsuffizienz festgestellt, etwa mit deinen Werten. Mir hat damals keiner was von Dialyse gesagt und so habe ich einfach ganz normal weiter gelebt. Ab und zu die Werte beim Hausarzt kontrollieren lassen. Vor etwa sieben Jahren wurden die Werte dann schlechter (Krea über drei 3) und erst da wurde von Dialyse gesprochen. Das hat mich dann auch psychisch umgehauen. Da ging es mir ein paar Monate ziemlich schlecht.
Aber da dann weiter nichts passiert ist, hab ich mich langsam an den Gedanken gewöhnen können. Seit gut einem Jahr, bin ich nun im Stadium fünf und rechne nun jederzeit mit dem Dialysebeginn. Aber , unter anderem, durch das Lesen im Forum hier, hab ich keine so große Angst mehr vor der Dialyse. Es geht ja weiter, nur anders.
Niereninsuffizienz verläuft natürlich bei jedem anders, aber vielleicht hast du ja auch noch viele Jahre Zeit bis zur Dialyse. 
Alles Gute und liebe Grüße 
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 26 Mär 2023 11:12 #522375

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Hallo ihr Antwortenden,
vieln Dank für eure Worte. Es tut gut zu hören, dass ich mit meinen Fragen nicht gsanz alleine bin. Es tut auch gut zu lesen, wie lange sich die Verschlechterung noch hin ziehen kann.
Irgendwie werde ich mich mal mit Betroffenen treffen. Vielleicht gibt es hier ja eine Selbsthilfe gruppe.
Ich glaube, dass es einfach eine Frage meines Alters und der Erkrankung ist , dass ich mir nochmal die Frage stelle wie weiter. Vielleicht ist es ja auch einfach eine verstärkte Midlife crisis.
Ich bin sehr froh, hier im Forum eine gute community zu haben.
Ich war sehr erstauntzu lesen, dass es mit meinen Werten, dass noch lange gut gehen kann.
LG der Wortzauberer

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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 26 Mär 2023 12:59 #522376

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Und alle lebten, waren hergekommen, plauderten, lachten und manchmal erzählten sie in der Kaffeepause etwas Schlimmes, was ihnen widerfahren war und dann wieder etwas Lustiges. ... Ihr Leben ging zu Ende. Das war schwer zu ertragen. Aber so geht es auch anderen, nicht nur Nierenkranken)


 
Ich will dazu jemanden zitieren, der sehr viel klüger ist, als ich.

Es ist schwer zu erklären. Wenn ein Marsbewohner (wir wollen einmal annehmen, dass er, außer durch einen Unfall, unsterblich sei) auf die Erde käme und diese sonderbare Rasse - diese Menschen, die siebzig, achtzig Jahre im Bewusstsein des bevorstehenden Todes leben - sähe, würde er sicher glauben, dass unter solchen Umständen, gewissermaßen auf Abruf, zu leben, ein entsetzliches psychologisches Problem darstelle. Irgendwie aber verstehen wir Menschen trotz dieses Problems zu leben: Irgendwie schaffen wir es zu lachen, zu witzeln, zu leben.

Der einzige Unterschied für mich und Arlene bestand darin, dass es nicht fünfzig, sondern fünf Jahre waren. Das war ein rein quantitativer Unterschied. Das psychologische Problem dagegen blieb dasselbe, solange wir uns nicht einredeten: Wie viel besser haben es doch die ändern, die vielleicht noch fünfzig Jahre vor sich haben. Doch wozu sich selber das Dasein mit Jeremiaden vergällen wie: Warum muss es ausgerechnet uns so hart treffen? Warum straft uns Gott so? Womit haben wir das verdient? Fragen, die, wenn man die Wirklichkeit begreift und nimmt, wie sie ist, einfach irrelevant und unbeantwortbar sind. Das sind Dinge, die niemand wissen kann. Es ist purer Zufall, wie man es im Leben trifft.

Richard Feynman , Kümmert Sie, was andere Leute denken?
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 26 Mär 2023 15:17 #522378

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Hallo Wortzauberer,

ich lebe auch in München und bin ebenfalls 55. 

Meine Diagnose habe ich vor knapp 18 Jahren bekommen, da war ich 37 und hatte zwei kleine Kinder. Erst einmal war das natürlich ein Schock. Das Leben geht aber weiter. Lange Jahre pendelte mein Krea um die 2, weitere lange Jahre zwischen 2 und 3. Es gab Auf und Ab und immer große Angst vor der halbjährlichen Kontrolle. 

Inzwischen ist mein Krea bei aktuell 3,6, GFR 14. Nach Schema ist das Stadium 5. Ich bin nicht mehr so leistungsfähig, arbeite aber noch 30 h/Woche, betreue meine alten Eltern, mache eigentlich alles ganz normal. Man sieht mir die Erkrankung noch nicht an. 

Du hast wahrscheinlich noch viel Zeit. Ganz genau kann man das nie sagen. Ein guter Nephrologe ist sehr wichtig. 
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 27 Mär 2023 00:21 #522383

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Hallo Wortzauberer, ich schreibe nur noch sehr unregelmäßig, aber als ich heute deinen Beitrag gelesen habe, hat mich das sehr berührt, so fing auch meine Geschichte an. Vor knapp 50 Jahren hatte ich ähnliche Werte und man gab mir nur noch einige Jahre bis zur Dialyse. Ich konnte mir darunter nicht viel vorstellen, habe einfach gut gelebt. Nach ca. 25 Jahren kam ich an die Dialyse, 2004 erhielt ich eine Spende von meiner Frau. Jetzt werde ich allen Prognosen zum Trotz 71 Jahre und freue mich über jeden neuen Tag. Das Leben geht immer weiter, mal gerade Wege, dann Umwege, maal vorwärts mal rückwärts, aber du kannst die Situationen im hier und heute annehmen und dich nicht verrückt machen lassen. Die Krankheit als einen Teil von dir annehmen, dich darum zu kümmern  und nach vorne schauen und nicht mit dem Schicksal hadern, das habe ich u.a. von vielen Nierenkranken gelernt und das Lachen ist mir nicht vergangen. Dir alles Gute hemago
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 27 Mär 2023 08:07 #522385

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Hi Wortzauberer
Mir ging es vor der Dialyse ähnlich. Nur waren meine Werte zu diesem Zeitpunkt viel schlechter. So bei 5. Bis fast zur Dia hin habe ich noch in einem 100% Pensum in der Apotheke gearbeitet und ein so normales Leben, wie möglich geführt. Für mich war der Beginn der Dialyse eine Befreiung. Endlich gehts los. Tja was soll ich sagen: 3 Monate später erhielt ich eine Niere meines Liebsten. Ich freue mich über jeden Tag, jeden Monat die mein neues Nierchen ohne zu murren seine Arbeit leistet. Nur zwischendurch kommen Gedanken wie: Wie lange noch?
Wie heisst es so klug: " Gib mir die Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden"
Oder anders: Kopf aus dem Sand, abwischen, weitergehen und die Sonne geniessen.
Sei lieb gegrüsst und pass auf Dich auf
Eowyn
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 27 Mär 2023 22:47 #522393

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Hallo Wortzauberer,
ich lernte meinen Mann vor 29 Jahren kennen und lieben. Er erzählte mir sehr bald von der Belastung die er mit sich rumschleppte: Die Familiären Zystennieren. Ihm war es sehr wichtig, mir das gleich am Anfang unserer Beziehung mitzuteilen, damit ich wusste, was kommen wird. Ich habe ihm damals geantwortet: "Selbst wenn du 100% wüsstest, dass du mit 50 an die Dialyse musst, hast du bis dahin erstens 49 Jahre relativ normal gelebt und kannst zweitens einen Tag vor der ersten Dialyse vom Bus überfahren werden." Mir war es damals egal, weil man eh nicht weiss, was die Zukunft bringt.

Heute ist mein Mann 55 Jahre und der letzten Kreatininwert lag bei 5,1. Ja, er muss nun deutlich mehr auf seine Ernährung achten und wir tasten uns gerade da heran. Er ist auch nicht mehr so leistungsfähig wie früher, ansonsten gibt es aber immer noch keine großen Einschränkungen. Im Sommer steht unser Kanada-Urlaub an und im Herbst geht er wieder mit 3 Freunden wandern.

Natürlich rückt die Dialyse immer näher, gar keine Frage. Aber: 3 unserer engsten Freunde sind im Alter von 49, 51 und 52 Jahren verstorben. Alle drei an Krebserkrankungen, eine Freundin innerhalb von 3 Monaten nach Diagnosestellung. Mein Mann und ich leben hingegen immer noch fröhlich unser Leben, wofür ich sehr dankbar bin.

Von daher kann ich dir nur raten: Mach dich nicht verrückt. Leb dein Leben. Mach die Dinge, die dir wichtig sind.
Das sollte ohnehin jeder tun, sieh du daher dein Wissen um deine Gesundheit nicht als Damoklesschwert an, sondern als Hinweis darauf, nicht alles Schöne auf später zu verschieben. Niemand weiss, was später ist.

Alles Gute dir.
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Manchmal macht mich diese Krankheit psychisch fertig 30 Mär 2023 18:30 #522411

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Hallo, an alle SchreiberInnen...
Eure Worte haben mir das Leben in den letzten Tagen etwas leichter gemacht.
Und es hat mir auch mehr zuversicht gegeben, wie ich weiter mit meiner Krankheit umgehen mag.
Also mache ich mich mal auf meinen Weg und nehme die DInge mal wieder besser in die HAnd.
Ich sage euch vielen Dank.
LG der Wortzauberer

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Hi :)