Liebe Freunde,
gerade habe ich Omas Habseligkeiten und Hinterlassenschaften etwas geordnet....da kam alles wieder hoch: Wie sie an den Maschinen hing, und doch so sehr am Leben, wie sie herumwirbelte und niemals Ruhe wollte, wie sie nachdenklich war kurze Zeit vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus, als ob sie wußte, dass sie nicht mehr zurückkommen wird. Ja, ich denke, ihr war sehr bewusst, dass es so sein wird, wie ich es mal auf einer Dialysezeitschrift gelesen habe: Kein Weg zurück! stand da....das hat sich eingehämmert in meinem Hirn, und das war auch ihr klar. Nur warum hat sie nicht darüber gesprochen? Ich hätte ihr so gern zugehört, hätte sie begleitet dorthin, wo alles friedlich ist. Den schwersten Weg ging sie allein. Und ich mache mir Vorwürfe, nicht mit ihr darüber gesprochen zu haben. Denn ich selbst möchte nicht ohne ein paar Worte gehen. Ist es nicht leichter, vorher sein Herz auszuschütten? Und jetzt, wo ich all ihr Dinge sehe, an denen sie gehangen hat, die sie teilweise durch ihr ganzes langes und schweres Leben begleitet haben, da kommt an meinem geistigen Auge immer wieder dieses Bild, wie sie dort lag, von Maschinen am Leben erhalten....furchtbar! Und ich frage mich, war ich wirklich gut zu ihr? Dann denke ich an Szenen, wo wir aneinander geraten sind und wo ich sie verletzt habe. Doch ich kann ihr nicht mehr sagen, dass es mir leid tut, kann mich nicht mehr entschuldigen. Und immer öfter frage ich mich, wie das wohl ist, wenn man da eine große Leere in der Brust spürt, wenn man ahnt, dass es bald zu Ende sein wird. Ist man nicht doch allein? Oder will man es denn? Allein sein!
Macht es einen Unterschied, so zu gehen, wie man gelebt hat, oder sollte man sich keine Gedanken darüber machen? Ich werde ihren Blick nicht vergessen, wie sie mir in die Augen gesehen hat. Es war so hilfesuchend, und trotzdem wußte sie im Innersten, dass sie abberufen wird. Ich konnte ihre Fragen ahnen, aber eine Antwort wußte ich nicht! Sie blickte so fragend, und es schien mir so, als liefe in ihren Gedanken ihr ganzes Leben noch mal an ihr vorbei. Sie wollte immer noch einmal die schönen Momente, von denen sie leider nicht sehr gesegnet war, durchleben. Vielleicht erinnern sich deshalb auch die alten Menschen viel stärker an ihre Kinder- und Jugendzeit als an ihr späteres Leben!? Obwohl das alles nur Momente waren, ein paar Wimpernschläge lang nur, so war es doch eine Ewigkeit für sie, als wolle sie nicht mehr loslassen. Und ich saß hilflos daneben, konnte nichts tun....Ich hasse es, nicht helfen zu können! Und ich weiß genau, bei mir soll es anders sein. Aber wie? Das weiß ich nicht. Björn