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Am Ende allein? 06 Apr 2002 17:57 #120959

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Liebe Freunde,
gerade habe ich Omas Habseligkeiten und Hinterlassenschaften etwas geordnet....da kam alles wieder hoch: Wie sie an den Maschinen hing, und doch so sehr am Leben, wie sie herumwirbelte und niemals Ruhe wollte, wie sie nachdenklich war kurze Zeit vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus, als ob sie wußte, dass sie nicht mehr zurückkommen wird. Ja, ich denke, ihr war sehr bewusst, dass es so sein wird, wie ich es mal auf einer Dialysezeitschrift gelesen habe: Kein Weg zurück! stand da....das hat sich eingehämmert in meinem Hirn, und das war auch ihr klar. Nur warum hat sie nicht darüber gesprochen? Ich hätte ihr so gern zugehört, hätte sie begleitet dorthin, wo alles friedlich ist. Den schwersten Weg ging sie allein. Und ich mache mir Vorwürfe, nicht mit ihr darüber gesprochen zu haben. Denn ich selbst möchte nicht ohne ein paar Worte gehen. Ist es nicht leichter, vorher sein Herz auszuschütten? Und jetzt, wo ich all ihr Dinge sehe, an denen sie gehangen hat, die sie teilweise durch ihr ganzes langes und schweres Leben begleitet haben, da kommt an meinem geistigen Auge immer wieder dieses Bild, wie sie dort lag, von Maschinen am Leben erhalten....furchtbar! Und ich frage mich, war ich wirklich gut zu ihr? Dann denke ich an Szenen, wo wir aneinander geraten sind und wo ich sie verletzt habe. Doch ich kann ihr nicht mehr sagen, dass es mir leid tut, kann mich nicht mehr entschuldigen. Und immer öfter frage ich mich, wie das wohl ist, wenn man da eine große Leere in der Brust spürt, wenn man ahnt, dass es bald zu Ende sein wird. Ist man nicht doch allein? Oder will man es denn? Allein sein!
Macht es einen Unterschied, so zu gehen, wie man gelebt hat, oder sollte man sich keine Gedanken darüber machen? Ich werde ihren Blick nicht vergessen, wie sie mir in die Augen gesehen hat. Es war so hilfesuchend, und trotzdem wußte sie im Innersten, dass sie abberufen wird. Ich konnte ihre Fragen ahnen, aber eine Antwort wußte ich nicht! Sie blickte so fragend, und es schien mir so, als liefe in ihren Gedanken ihr ganzes Leben noch mal an ihr vorbei. Sie wollte immer noch einmal die schönen Momente, von denen sie leider nicht sehr gesegnet war, durchleben. Vielleicht erinnern sich deshalb auch die alten Menschen viel stärker an ihre Kinder- und Jugendzeit als an ihr späteres Leben!? Obwohl das alles nur Momente waren, ein paar Wimpernschläge lang nur, so war es doch eine Ewigkeit für sie, als wolle sie nicht mehr loslassen. Und ich saß hilflos daneben, konnte nichts tun....Ich hasse es, nicht helfen zu können! Und ich weiß genau, bei mir soll es anders sein. Aber wie? Das weiß ich nicht. Björn

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Re: Am Ende allein? 06 Apr 2002 22:01 #120961

  • silber
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Lieber Björn,
ich weiß, bevor Deine Oma gestorben ist, warst Du bei Ihr und hast alles für sie getan, was Dir möglich war. Du brauchst Dir keine Vorwürfe zu machen, etwas versäumt zu haben, was Du noch hättest für sie tun können. Auch wenn sie nicht mit Dir über Ihren Tod geredet hat, war sie nicht allein in den letzten Tagen Ihres Lebens, Du warst für sie da und das finde ich wichtig. Für Deine Oma war es sicher genauso schwer, dieses Thema anzusprechen wie für Dich. Vielleicht war dieser letze Weg ohne ein zurück ins Krankenhaus schwer für sie, weil sie sehr am Leben hing. Vielleicht war es ein Trost für sie, Gott zu vertrauen und dann einfach loszulassen.
Im Laufe seines Lebens verletzt jeder immer wieder Menschen, die er liebt, das ist ganz natürlich. Die Entschuldigung dafür sind all die kleinen Liebesbeweise, die andererseits erbracht werden. Ich denke, ihr seit hierbei quitt gewesen.
Die Leere in der Brust werden wir erst erfahren, wenn wir selbst am Ende des Lebens stehen. Ich glaube, niemand möchte dann allein sein, aber den letzten Schritt geht man doch ganz allein. Ich denke, es hilft sehr, am Bett zu sitzen, die Hand zu halten und in den Arm zu nehmen. Da wüßte ich, wenn ich jetzt gehe, ist alles gut. Da muss ich nicht reden. Aber wenn Du das später möchtest, dann tue es. Ich bin sicher, Du wirst einen guten Zuhörer bei Dir haben. Manchmal verlaufen aber die letzten Stunden des Lebens auch ganz anders, als wir uns das vorstellen. Sich Gedanken über das Sterben zu machen, ist wichtig Björn, aber zu Leben - heute, hier und jetzt, ist noch wichtiger.
Du hast nichts falsch gemacht.
Viele Grüße
Anja

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Re: Am Ende allein? 19 Apr 2002 22:43 #121192

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Hallo Björn!
Auch ich bin dialysepatientin und ich kenne diese Wege ins Krankehaus und die Angst nicht mehr heimzukommen und hatte zweimal sehr viel Glück. Auch ich denke wie Anja das du gut für deine Oma gesorgt hast und ich kann dir sicher sagen das sie in den letzten MInuten nicht alleine war auch in ihren letzten MInuten war jemand bei ihr....Ihr engel und Gott der sie liebte und der auch dich liebt und auch auf dich achtet.Ich würde dir mal raten eine gewisse Serie namens Ein Hauch von HImmel Jeden Tag entweder MOrgends um 10.15 kommt sie oder um 15.15 uhr Anzusehen mir hat sie sehr geholfen einfacher damit umzugehen und sich sicherer zu fühlen wenne s auch nur ein Film ist jedoch weiß ich das es stimmig ist weil ich es selbst erfahren habe.
ICh wünsche dir alles gute lieber Björn!! LIebe grüße und viel Kraft wünscht dir sara

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Hi :)