Hallo Uschi,
als ich noch nicht an der Dialyse war, habe ich dieses Damoklesschwert vollständig verdrängt. Selbst als ich den Shunt bekam, habe ich noch von der sagenumwobenenen Spontanheilung gequatscht. Als es dann soweit war, und meine Ärztin sagte, jetzt ist es soweit, wir fangen heute noch mit der Dialyse an, da hab ich nur noch geheult .... ich wollte doch nur meine Erkältung behandelt haben. Die ganzen Schwestern im Zentrum waren betroffen, weil ich so am Boden zerstört war. Ich dachte, jetzt hört mein Leben auf. Ich dachte, ich muß alles aufgeben und ganz ganz neu anfangen, mich zurechtzufinden. Ich war fürchterlich empfindlich, vor allem mein Partner hatte darunter zu leiden, weil ich immer gleich Angst hatte, er verläßt mich, wenn er nicht so reagierte, wie ichs erwartet habe. Aber langsam ist es besser geworden. Nach dreimonatiger Krankschreibung hatte ich wieder Lust zu arbeiten und so nach und nach, habe ich doch vieles wieder gemacht, was mir vorher auch Spaß und Freude gemacht hat. Die schwierigste Aufgabe fand ich, war die veränderten Grenzen zu akzeptieren und das ist auch nicht abgeschlossen. Denn das erlebe ich als ein immer wieder auftauchendes Problem: nicht zu können, was man eigentlich will, bzw. von dem man denkt, man sollte es können. Das sind manchmal ganz einfache Sachen, wie genügend Konzentration für einen längeren Text oder ein anspruchsvolleres Buch aufzubringen.
Andererseits habe Sachen gemacht, die ich gar nie für möglich gehalten hätte: z.B. als Dialysepatientin ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, bzw. überhaupt schwanger zu werden und keine Fehlgeburt zu haben. Nun habe ich dann manchmal damit zu kämpfen, daß ich denke, ich kann als kranke Mutter meinem Kind nicht alles geben, was eine gesunde Mutter kann.... aber das ist eben dann eine Aufgabe zu lernen, diese Grenzen zu akzeptieren und ins Leben zu integrieren.
Ich denke Du machst das ganz gut, indem Du dich schon vorbereitend in diesem Forum meldest und Dich schon damit auseinandersetzt, um vorbereitet zu sein. Nicht wie ich damals......
Ich wünsche Dir alles Gute, bei dem was noch kommt und wie gesagt: oft geht mehr als man denkt, aber halt auch ganz anders als man erwartet.
Sigrid