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Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 01:19 #129556

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Hallo,
heute las ich ein Interview über Organspende mit einer Psychologin. Sie vertrat die Auffassung, dass man nicht unbedingt Wege finden muss, um den Organmangel zu verringern. Sie könne den Wunsch verstehen, ein neues Organ zu bekommen, aber es bestehe kein Recht darauf. Das hieße, Menschen müssen enttäuscht werden, weil nicht genug Organe zur Verfügung ständen. Man müsse ihnen dann auf andere Weise helfen.
Die Anwort nach dem Wie? möchte ich zitieren:
Sinnvolles Leben mit einer Krankheit ist eine wirkliche Alternative zur schnellen Selbstbedienung. Unter Umständen haben kranke Menschen mehr Lebensqualität als gesunde, weil sie genau überlegen, was sie mit der Zeit anfangen, die ihnen bleibt. Die andere Seite ist der Tod - zu akzeptieren, dass ich ein begrenztes Leben habe. Wenn das Ende absehbar ist, kann ich mich darauf vorbereiten. Den Wert, den das hat, kennen nur wenige.
Das ist eine vernünftige Einstellung finde ich. Sie entspricht meinen Vorstellungen von einem Leben im hier und jetzt. Wenn eine Niere für mich da ist, freue ich mich, aber ich kann auch ohne glücklich sein. Ich akzeptiere den Tod als Teil des Lebens. Das Leben ist nun mal begrenzt und der Tod steht an seinem Ende. Das sagt mein Verstand, mein Gefühl sagt oft etwas anderes. Das ist nicht das Leben, das ich führen wollte, aber ich habe nun mal kein anderes. Ich muss heute leben, kann nicht auf ein Spenderorgan warten oder gar der Genforschung vertrauen.
Seht Ihr das ähnlich?
Viele Grüße. Anja

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Re: Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 08:54 #129560

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So gut wie du das gesagt hast, könnte ich das kaum. Ich muss deinem Beitrag voll zustimmen, Anja.

Gruß,
Gerd

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Re: Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 10:02 #129561

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Anja, ich stimme Dir 100% zu und lebe so die letzten 33 Jahre.

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Re: Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 18:07 #129567

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Hallo zusammen!

Ich kann mich dem auch nur 100%ig anschließen!

Viele Grüße

Peter

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Re: Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 20:44 #129572

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Liebe Anja,

wahrscheinlich bin ich noch zu neu hier im Kreise der Dialysepflichtigen. Und ehrlich gesagt macht es mir ein wenig Angst, was Du da geäußert hast. Vielleicht, weil ich noch zu optimistisch bin auf ein fast normales Leben? Aber was ist schon normal? Realistisch betracht hast Du voll und ganz recht, denke ich. Nur was ist mit unseren Träumen? Dürfen wir die nicht haben? Und der Glaube an eine Zukunft, die uns - vielleicht durch Genforschung - neue Organe geben kann, was ist damit? Zählt das alles gar nicht? Bin ich zu naiv? Mache mir bitte nicht alles kaputt! SINNVOLL - oje, darüber habe ich sehr oft gegrübelt, das kannst Du mir glauben. Ich für meinen Teil bin nicht bereit, den Tod so zu sehen wie Du. Ist es wirklich so einfach, zu gehen? Und was heißt es genau, sich auf die Zeit, die einem bleibt, vorzubereiten, den letzten Weg zu planen? Weißt Du das? Muß ich damit leben lernen, diese Gedanken an den Tod als einen Teil des Lebens in mir zu tragen? Es tut mir leid, ich möchte solche Gedanken nicht in mir tragen, nicht daran denken müssen. Sicher ist es so, dass wir nun einmal so ein abhängiges Leben führen müssen. Es ist auch intensiver und sehr viel bedeutender als für viele Gesunde, denke ich. Doch warum diese Gedanken an das Ende? Das kommt von allein irgendwann. Warum den Tod rufen? LEBEN hier und jetzt, nur das zählt!

LG nach Schwerin
Björn

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Re: Sinnvolles Leben 16 Jul 2003 21:05 #129573

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Hallo Björn,
so nahe sind wir dem Tod noch nicht, dass wir ihn rufen müssten. Das war genau meine Meinung, das nur ein Leben im hier und jetzt zählt. Gemeint war eher, dass wir ihn akzeptieren müssen, wenn er kommt ohne dass ein neues Organ oder anderes uns retten könnte. Ich denke, dass es dann Wege gibt, um sich darauf vorzubereiten, wie es diese Psychologin meinte. Mein Verstand sagt mir, dass der Tod zum Leben gehört. Mein Gefühl hat genauso Angst wie Du davor. Und was wären wir ohne Träume? Träume schließen immer auch Hoffnung mit ein, darauf dass alles ein gutes Ende nimmt im Leben und im Tod. Lass Dir nichts nehmen von Deinem Leben und Deiner Energie, Deinem Humor und Deinen Träumen!
Liebe Grüße
Anja

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Re: Sinnvolles Leben 17 Jul 2003 22:34 #129603

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Anja, Du bist mit Deinen Gedanken und deiner Einstellung zum Leben mir sehr nah. Ich würde Dich gerne mal kennenlernen und über unsere innere Einstellung reden. Wenn ich mal mein seeliges Gleichgewicht verlieren sollte, kann ich mich bei Dir melden?

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Re: Sinnvolles Leben 19 Jul 2003 18:55 #129632

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Hallo Tommy,
klar kannst Du Dich bei mir melden, wenn Du mal Dein seelisches Gleichgewicht verlierst. Meine E-Mail- Adresse findest Du ja unter den Userseiten. Aber gerade ich bin nicht gerade die Ausgeglichenheit in Person. Mich interessiert Psychologie, vielleicht bin ich dadurch zu meiner Lebenseinstellung gelangt. Leben ist eigentlich ganz einfach, aber ich finde es trotzdem schwer zu machen. Oder: Ich mache es mir schwer.
Viele Grüße. Anja

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Re: Sinnvolles Leben 20 Jul 2003 00:41 #129634

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Ungeachtet Eurer Antworten, aus denen ich eine bewundernswerte Stärke trotz allem herauslese, die auch ich kenne (7 Jahre PD, 2,5 Jahre TX), möchte ich hier einmal schreiben, wie sehr mich die Wortwahl der Psychologin ärgert, die etwas über ihre Haltung verrät:

1. empfinde ich es als zynisch, wenn sie sagt, man müsse nicht unbedingt neue Wege gegen den Organmangel finden.
Im Gegenteil: Man muss alles tun, um dem Mangel entgegenzuwirken. Das geht heute nicht mehr ohne neue Wege. Wie diese aussehen, DAS ist entscheidend!
2. würde ich gerne wissen, was sie mit sinnvollem Leben meint. Wann lebe ich sinnvoll, wann gelingt mein Leben? Das möchte ich gerne selber herausfinden und mir nicht von einer Gesunden überstülpen lassen.
3. woher will sie wissen, welchen Wert die Vorbereitung auf denTod hat? Ich erlebe in meinem Beruf Kranke (v.a. Krebs), die wissen, dass sie keine Chance haben. Ich bekomme etwas mit von ihrer abgrundtiefen Verzweiflung und von ihren Hoffnungen. Ich habe noch nie einen todkranken Menschen erlebt, der sich in sein Sterben gefügt hat. Es ist IMMER ein Kampf.
4. Sinnvolles Leben als Alternative zur schnellen Selbstbedienung: Keiner von uns, die sich für eine TX entscheiden und den Tag berbeisehnen, auch wenn sie einen Weg gefunden haben, mit der Dia zu leben, will sich mal eben bedienen. Die Hoffnung ist menschlich. Ausserdem ist man auch nach einer TX kein gesunder Mensch, hat Ängste und hofft, dass es lange gutgeht.
4. Was bedeutet mehr Lebensqualität? Die ist doch ebenfalls nicht in eine Schublde zu stecken: Der eine hat mehr davon an der Dia, der andere mit einer TX. Das ist doch relativ....

So, das musste ich mal loswerden...
Gute Nacht, ciao, Ulrike

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Re: Sinnvolles Leben 20 Jul 2003 13:44 #129639

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Hallo Ulrike,
Psychologen haben oft mit unseren Augen gesehen merkwürdige Ansichten. Ich selbst sage des öfteren Psychologen = Plüschologen. Letztendlich haben sie aber einen größeren Weitblick und in Ihren Ansichten vielfach recht, denke ich.
Ich glaube nicht, dass der Organmangel jemals behoben werden kann. Die Zahl der Patienten auf der Warteliste steigt stetig an. Auch, wenn mehr Menschen von der Organspende überzeugt werden könnten, der Bedarf ist nicht zu decken. Die Genforschung ist vielleicht ein Lichtblick, aber bringt andere Probleme mit sich. Außerdem ist die NT eine andere Nierenersatztherapie, durch die keiner gesund wird.
Der richtige Weg ist, seine Krankheit anzunehmen und mit ihr zu leben. Dabei ist der Lebenssinn für jeden ein anderer, den jeder selbst herausfinden muss. Genauso ist es mit der Lebensqualität, die für jeden etwas anderes bedeutet. Damit hast Du vollkommen recht. Aber ich hätte nichts davon, wenn ich denke, dass mein Leben erst wieder sinnvoll ist, wenn ich eine neue Niere habe. evtl. wird das niemals sein.
Den Weg, sich mit dem Tod anzufreunden, sehe ich darin, auch mit Hilfe eines Psychologen mit der Situation Sterben zurecht zu kommen. Leider sträuben sich viele gegen alles was mit Psycho zu tun hat. Ich denke, wer im Leben seinen Weg mit der Krankheit gefunden hat, kann leichter akzeptieren, dass der Tod das Ende dieses Weges ist. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit sich selbst, auch davor schreckt manch einer zurück. Die schnelle Selbstbedienung wäre für mich übersetzt der Griff in die Ersatznierenkiste in der Hoffnung, dann gesund zu sein, ohne sich mit seiner Krankheit und sich selbst auseinanderzusetzen.
Viele Grüße. Anja

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Re: Sinnvolles Leben 22 Jul 2003 13:53 #129676

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Kleiner Nachtrag: Das Interwiev findet Ihr auf der Startseite von Dialyse-Online unter AKTUELLE MELDUNGEN: Wie fühlt es sich an, mit der Niere eines anderen zu leben, von TinaW am 21.7.03 eingefügt.
Gruss. Anja

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Re: Sinnvolles Leben 22 Jul 2003 14:03 #129677

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Um dem langen Klicken vorzubeugen: den Artikel im pdf-Format (Acrobat Reader)
findet ihr direkt unter
www.dialyse-online.de/newsview/organspende-psych.pdf
Die Redaktion der Zeitschrift Psychologie Heute (www.psychologie-heute.de) war so nett, und hat uns den Artikel gemailt.

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Hi :)