THEMA:

Hallo zusammen,

nach langer Zeit melde ich mich mal wieder. Und zwar geht es diesmal konkret um Untersuchungsberichte. Werde immer wieder darauf angesprochen, warum ich keine Untersuchungsergebnisse habe, wenn ich doch zu Vorsorgeuntersuchungen gehe. Bekommt Ihr von allen Ärzten (Hautarzt, Augenarzt, Gynäkologe o. a.) einen Bericht, wenn alles in Ordnung ist? Ich fühle mich auch so immer „besonders“, aber im negativen Sinne und fühle mich nun etwas bevormundet, wenn man mir indirekt unterstellt, ich würde nicht zu Untersuchungen gehen, weil ich keine Berichte habe. Zum Einen ist es in meinem eigenen Interesse, gesund zu sein und sich untersuchen zu lassen und zum Anderen, wenn ich es nicht tun würde, wäre auch das doch meine freie Entscheidung, oder? Wie geht Ihr damit um? Mich belastet es, mich ständig rechtfertigen müssen, obwohl ich alle Untersuchungen mache! Ich bin doch ein Mensch, der am Ende selbst die Konsequenzen tragen muss, für das was er tut oder nicht tut. Danke für Eure Mitteilungen & liebe Grüße

Es ist doch typisch Deutsch für alles immer einen Beleg haben zu wollen.

Du gehst auch nicht zum TÜV und lässt dein Auto durchchecken ohne einen Befund, wieso kein Beleg vom Arzttermin?
Wenn der Hausarzt ein Untersuchung per Überweisung anfordert vom Facharzt, müsste der Facharzt dem Hausarzt doch einen Brief schicken wo das Ergebnis drin steht.

Wenn du nicht die typische deutsche spießbürgerliche Mentalität des kleinkarrierten Bürokraten im Blut hast wirst du dich immer rechtfertigen müssen.

Ein Deutscher wird von seinen ehrlichen Mitbürgern immer erwarten, dass sie auch alles beweisen können was sie behaupten. Das verstehen wir unter Glaubwürdigkeit. Wer nie beweisen kann was er behauptet, der ist nicht glaubwürdig.
Und da bemühen sich die Deutschen auch sehr, allein schon um es sich gegenseitig "unter die Nase reiben" zu können wenn es zum Streit kommt. ;)

Und jeder Dialysepatient sollte doch sowieso eine Mappe mit seinen Befunden sammeln, man will ja nachweisen, dass man für eine Transplantation gesund genug ist, wie soll das ohne Papierkram gehen?

Hm, ja, so kann man es auch sehen, ist auch ein Argument. Aber es geht doch um meinen Körper, meine Gesundheit und demnach entscheide doch ich, ob ich zu Untersuchungen gehe (wäee doof, wenn nicht) und da ich die auch regelmäßig wahrnehme, entscheide in dem Fall dich auch ich, ob ich mir das bestätigen lasse und wenn ja, wem ich diese Unterlagen gebe. Wäre doch dumm von mir, etwas zu behaupten, was nicht stimmt?! Davon hätte ich doch nichts…

Die Einstellung kann man sich nur leisten wenn man gesund ist und noch seine Privatsphäre haben kann.

Aber bei uns müssen die Ärzte entscheiden wer gesund genug für eine Transplantation ist und viele deiner Ärzte wollen dir vielleicht nur helfen diesen Nachweis für die Warteliste korrekt zu erbringen.

Christian schrieb:

Es ist doch typisch Deutsch für alles immer einen Beleg haben zu wollen.

Nein, das ist nicht typisch deutsch, das ist lege artis der Ärzte.
Und wenn ein Arzt bei Tx-Nachsorge nicht danach fragen würde, würd ich mich fragen, auf dem Boden welchen Bonbonladens er seine Approbation gefunden hat.
Tx-Zentren sind auch gegenüber EuroTransplant zu Berichten verpflichtet. Irgendwelchen anderen Gremien auch.

Du gehst auch nicht zum TÜV und lässt dein Auto durchchecken ohne einen Befund,

Richtig. Du bekommst keinen Befund. Du bekommst eine Plakette.

vG
Anja

Lena schrieb:

Ich fühle mich auch so immer „besonders“, aber im negativen Sinne und fühle mich nun etwas bevormundet, wenn man mir indirekt unterstellt,

Das ist hat nichts mit Deiner Glaubwürdigkeit, Nichtglaubwürdigkeit oder Gängelei zu tun, sondern ist einfach nur korrekte medizinische Vorgehensweise. Beziehs nicht auf Dich.


vG
Anja

Christian schrieb:

Aber bei uns müssen die Ärzte entscheiden wer gesund genug für eine Transplantation ist

Die Ärzte entscheiden nicht, dass Dein Herz das Ausmaß eines Pferdeherzens hat, sie diagnostizieren es nur.
Und ein Gremium hat bestimmt, wo die Grenzen liegen, weil jemand, der eigentlich mindestens 4 Bypässe braucht, aber trotzdem unbeleckt in die OP geht, diese vielleicht nicht überlebt.

vG
Anja

Aber ich bin ja transplantiert und wenn irgendwas nicht in Ordnung wäre, würde es ja thematisiert werden, aber so fühle ich mich - wie in anderen Lebensbereichen auch - nur kontrolliert und bevormundet und dieses Gefühl mag ich nicht. Man hat doch genug mit seinen Schicksalsschlägen zu kämpfen.

Auch dann wüsste ich gerne, was wohin berichtet wird. Habe nichts dagegen, aber interessant wäre es.

Unterlagen zu haben oder selbst zu führen gibt mir das Gefühl, etwas Kontrolle zu haben. Ich bitte meine Ärzte (Nephrologie, Dermatologie, Augenarzt....) sehr freundlich, mir oder auch meinem Hausarzt zumindest kurz Bericht zu erstatten. Die Unterlagen lege ich in meiner Cloud ab und mach mir Notizen in einer Worddatei, die ich dann jeweils zur Untersuchung mitnehme. Selbst messe und notiere ich mir Blutdruck, Temperatur und wichtige Vorkommnisse in einer Exceldatei. Wenn ein Labor erstellt wird, bitte ich um Ausdruck oder Zusendung der Laborblätter und lege sie auch in meiner Cloud ab. Es ist aus Erfahrung so, dass die Ärzte nicht immer alle Details im Kopf haben oder vor dem Termin gelesen haben und so kann ich sie dann manchmal auf den einen oder anderen wichtigen Punkt aufmerksam machen.

LG Kohana

Lena schrieb:

Aber ich bin ja transplantiert und wenn irgendwas nicht in Ordnung wäre, würde es ja thematisiert werden, aber so fühle ich mich - wie in anderen Lebensbereichen auch - nur kontrolliert und bevormundet und dieses Gefühl mag ich nicht. Man hat doch genug mit seinen Schicksalsschlägen zu kämpfen.

Wie gesagt, das hat nichts mit Dir zu tun, sondern ist nur das korrekte medizinisch Vorgehen. Wäre es Dir lieber, man würde in Deinem Fall schlampig arbeiten?

Eine persönliche Frage, bitte sag mir, wens mich nichts angeht: gab es einen Vorfall oder ein Erlebnis, wodurch Du Dich jetzt kontrolliert und bevormundet fühlst von denen, die Dir einfach nur ein gutes und langes Leben mit einem Spenderorgan bescheren wollen?
Mir gibt es eher ein Gefühl von Sicherheit, wenn meine Ärzte über mich informiert sind und zB explizit wissen, dass ich keine Probleme mit Penicillin habe (als Beispiel für einen DaIstNichts-Befund).

vG
Anja

Ja, ich sammle auch alle meine Arztberichte etc. und will sie ja auch gerne haben, aber eben nicht allen zur Verfügung stellen wollen. Aber vielleicht denke ich im Moment auch einfach zu kompliziert

Nein, natürlich finde ich es gut, wenn man Ärzte hat, die sich für die Gesundheit seiner Patienten interessieren, sorgfältig sind und ihren Job machen. Aber ich fühle mich damit irgendwie unter Druck gesetzt und es erweckt in mir das Gefühl, dass ich viel erzählen kann, sie es aber gerne schwarz auf weiß hätten.

Aber vielleicht denke ich auch einfach viel zu viel darüber nach und auch zu kompliziert und wenn das Kopfkino anfängt…

Naja, konkret ist nichts passiert. Erklären kann ich mir auch nicht, warum mich das überhaupt beschäftigt. Vielleicht weil ich an sich eine verantwortungsbewusste Person bin, die ganzen Arztbesuche aber auch Kraft kosten und ich froh bin, wenn ich sie hinter mir habe. Und da ist noch die Corona-Zeit, die Spuren hinterlassen hat, weil man in der Zeit Hinz und Kunz seinen Status darlegen musste.

Hi Lena
Es ist Dein gutes Recht zu bestimmen wer Einsicht in die Unterlagen hat und wer nicht. Gemäss Datenschutzrichtlinien müsstest Du Dein Einverständnis geben, wenn Unterlagen weitergegeben werden.
Die Werte und das hat Dein/e behandelnde Nephrologin. Sie weiss ja auch, dass Du die Termine wahrnimmst. Bitte Sie doch Dir diese zu senden. Meine Ärztin bespricht es telefonisch, weil ich meine Werte wissen möchte.
Lg

Wenn es eine Überweisung z.B. vom Hausarzt gibt, dann gibt es eigentlich auch Arztbriefe.

Ich kenne das auch eigentlich nur so, das man jeweils einen Befundbericht vom Facharzt mit bekommt.
Der wird dann beim Dialysezentrum digital eingelesen und gespeichert und eventuell auch besprochen.