Hallo Joni!
Ich verstehe, daß Du große Angst vor den Ernährungsbeschränkungen hast. Mir geht es da prinzipiell recht ähnlich, aber eher bezogen auch spätere Erkrankungsstadien im Hinblick auf Kalium und Phosphat. Gerade weil Du eine so große Gewichtsreduktion gemeistert hast und jetzt so diszipliniert dieses Gewicht auch hälst, irritiert mich, daß Dich die 49 g so fordern. 0,8 g Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht lautet die Empfehlung für gesunde Erwachsene gemäß der Ernährungspyramide. Das ist eine recht moderate Vorgabe, die vermutlich darauf beruht, daß Du durch das nephrotische Syndrom auch allerhand Eiweiß verlierst. Ich selbst mit weniger Eiweiß im Urin soll mich an
0,6 g/kg/KG/d
(~ 34 g/d) halten und esse dabei nicht anders als vorher auch. Wenn ich über die Weihnachtsfeiertage mehr schlemme, als diese Vorgabe zuließe, dann werte ich dies als die legitime Ausnahme von der Regel (-;
(Solange es nicht ums Kalium geht, sind solche Ausreißer bestimmt legitim.)
Vielleicht solltest Du tatsächlich den Vorschlag aufgreifen, eine gezielte Ernährungsberatung wahrzunehmen, um einen Teil Deiner Verunsicherung zu überwinden. (Oder berätst Du selbst die Diabetes-Patienten diätetisch?) Und zwar sollte die Fachperson
von Deinen Vorlieben und Gewohnheiten ausgehend kleine Umstellungen anregen, die den Empfehlungen gerecht werden. Der noch immer schwelende Fehler meiner ersten Begegnung mit einer Diätassistentin bestand nämlich darin, daß sie meine queren Eßgewohnheiten auf das Schema F mit morgens Brot/Brötchen, abends Brot und mittags einer warmen Mahlzeit umlenken wollte. Dadurch sitzt auch nach bald neun Jahren der Schreck vor Restriktionen sehr tief, so daß ich mich mit dem Studium von Ernährungstabellen noch immer furchtbar schwer tue und im Zweifelsfalle die anvisierte Mahlzeit dann eher auslasse oder auf Süßigkeiten umschwenke als ernsthaft herumzurechnen. Hungern ist aber ebenso verkehrt, weil der Organismus dann körpereigenes Eiweiß verstoffwechselt...
Du siehst, ausgereift ist meine Strategie auch noch nicht. Spätestens, wenn das Phosphat zum Problem wird, müßte ich mich vermutlich sehr umstellen. Aber ähnlich, wie ich mich gedanklich ganz vorsichtig und langsam daran herantaste, daß eines Tages in meinem Alltag die Dialyse einen Platz einnehmen wird, indem ich hier in dem Forum lese und mich im Laufe der Zeit über einzelne Aspekte näher informiere --- in gleicher Weise versuche ich, mir nach und nach einen Überblick über die Zusammensetzung der Lebensmittel zu erarbeiten, die ich gewöhnlich zu mir nehme. Spätestens dann, wenn Ernährungsbeschränkungen enger gefaßt werden, werde ich diese Liste wohl einer Ökotrophologin o.ä. vorlegen, um mir für die Punkte Tipps zu holen, zu denen mir allein bis dahin kein tragfähiger Kompromiß eingefallen ist.
Die Ärztin meint ich könnte Sport machen, ist aber nicht näher darauf eingegangen. Durch Fortbildungen habe ich nun erfahren dass übermäßiger Sport dazu würde Step gehören, die Eiweißauscheidung fördert und die Nierenfunktion verschlechtert. Hast du (hat jemand) davon was gehört. Bin jetzt natürlich verunsichert.
Nach meinem Kenntnisstand ist Sport durchaus empfohlen - in Maßen natürlich, d.h. man soll sich dabei nicht überanstrengen und erst recht keinen Leistungssport betreiben. Das ist ja doch sehr leicht einzusehen (-;
Desweiteren existieren bestimmte Kriterien für Patienten mit
Bluthochdruck
, der bei sehr vielen Menschen mit Niereninsuffizienz auftritt (ausgelöst von den erkrankten Nieren). Letzteres wäre der einzige Punkt, der mir einfällt, an dem sich Dein Step unter die weniger empfehlenswerten Sportarten subsummieren ließe. Kraftsport und weitere Übungen, die den Blutdruck schnell hochjagen, sind ungeeigneter als Ausdauersport mit weniger Belastungsspitzen [siehe unterlegten Artikel]. So war es vielleicht gemeint? Zumindest aber solltest Du mit Deiner Nephrologin da noch einmal Rücksprache halten.
Denn all diese Unsicherheiten im Alltagsverhalten sind es oft, die einen völlig unnötig extra kirre machen. Man möchte gern alles richtig machen, seinen Nieren das bestmögliche tun, um sie möglichst lange bei Laune zu halten, doch vor lauter - mindestens in Nuancen - widersprüchlichen Empfehlungen und sonstigen Ungereimtheiten steht man manchmal völlig ratlos da und weiß weder vor noch zurück. Da lohnt es sich dann den Rat eines Auskenners zu suchen, der nicht mit Allgemeinplätzen um sich wirft (Für Nierenkranke ist Step nix.), sondern von Deinen Wünschen und dem aktuellen Gesundheitszustand ausgehend konkrete Vorschläge macht, die Dir weiterhelfen. Es ließe sich möglicherweise für die von Dir präferierte Sportart über eine Beschränkung der Dauer oder der Intensität (Schwierigkeitsgrad? - ich habe nur eine sehr begrenzte Vorstellung von dem, was Du da treibst (-: ) ein Kompromiß erarbeiten, mit dem Du Dich gut arrangieren kannst. Es ist ungemein hilfreich, die Gründe für bestimmte Verbote und angeratene Beschränkungen zu kennen, damit man sich einen Handlungsspielraum erhält bzw. schafft und sich nicht starr zwischen Restriktionen eingequetscht fühlt (z.B. Einweißzufuhr ausnahmsweise kompromißfähig, Kaliumspiegel bei einem Dialysepatienten eher weniger).
Mir geht es körperlich gesehen sehr gut. Nur mein Kopf macht nicht mit, ich kann nicht begreifen dass ich so schwer krank bin. Denke aber ständig darüber nach. Mein Seelenzustand wechselt zwischen depressiv, traurig, dann ist mir mal wieder alles egal. Ich komme einfach nicht klar.
Habe große Angst. Kann mir jemand von ähnlichen Gedanken berichten und wie ihr damit klar kommt. Wer hat Erfahrungen mit dem Prädialysestatium? Wie lange kann es dauern bis man zur Dia muss?
Von den Details einmal abgesehen, brauchst Du vermutlich einfach nur Zeit, um die Ereignisse der letzten Monate zu verarbeiten. Wenn ich richtig gelesen habe, weißt Du erst seit dem Wechsel des Nephrologen vor ein paar Wochen, daß Deine Situation ernster ist, als man Dir bis dahin lange Jahre vermittelt hat. Da Du hinsichtlich schwerer chronischer Erkrankungen beinahe vom Fach bist, wirst Du einen Einblick haben in die Stadien, die neu Erkrankte psychisch durchlaufen, wenn sie eine schwerwiegende Diagnose erhalten. Insofern sei nachsichtig mit Dir - manchmal wütend, immer wieder einmal sehr, sehr traurig, gar verzweifelt und bald immer häufiger auch entschlossen, das bestmögliche aus den Gegebenheiten herauszuholen. Gehe pfleglich mit Dir um!
Wie lange es dauert bis zur Dialyse ist ganz enorm unterschiedlich und auch nicht allzu konkret vorherzusagen. Ganz wichtig ist ein richtig gut eingestellter Blutdruck, damit der Hochdruck den Nieren keinen zusätzlichen Schaden zufügt. Wenn Du viel trinken sollst, dann gibt Dir damit Mühe, so daß die Nieren ihr Leistungspotential ausschöpfen können. Daß man gegen die eigentliche Grunderkrankung so gar nichts tun kann, bleibt schwer zu akzeptieren. Doch insofern sind all die Vorschriften dann manchmal beinahe hilfreich, weil es einem ein wenig das Gefühl gibt, selbst etwas unternehmen zu können statt völlig tatenlos den Verlauf abwarten zu müssen.
Aktuell ist vorrangig, Deine Infekte in den Griff zu bekommen. Dann erholen sich vielleicht auch die Nierenwerte vorerst wieder ein bißchen.
Freundliche Grüße,
fabienne
PS: Bei mir ist seit 1998 eine ähnliche Erkrankung bekannt wie bei Dir (mebranoproliferative Glomerulonephritis, wahrscheinlich IgA-Typ), aber - wie oben erwähnt - ohne nephrotisches Syndrom. Das Serum-Kreatinin ist bei mir niedriger, das Cystatin C höher als bei Dir.