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Schneller als gedacht 30 Mai 2010 08:14 #263743

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Guten Morgen,

schneller als gedacht, heute in der FAZ :

Gesundheitssystem
Rationierung darf kein Tabu bleiben
Selbst wenn wir all unser Geld für bessere Ärzte, mehr Krankenhäuser, hochwertigere Technik, kompliziertere Operationen und teure Arznei ausgeben würden - es würden immer noch nicht alle jede medizinische Behandlung bekommen können. Das Gesundheitssystem ist kein Schlaraffenland.

Von Carola Sonnet
29. Mai 2010

Gebratene Hühnchen fliegen nur im Schlaraffenland durch die Luft, und in den Flüssen fließen dann auch Milch und Honig. Dort gibt es alles für jeden im Überfluss. Es ist eine Parodie auf das Paradies. Wie ein Schlaraffenland stellen viele sich das Gesundheitssystem vor: Die beste Versorgung für alle soll es geben, unabhängig vom Einkommen und sozialen Status. Und wenn es irgendwo klemmt, muss man, um die Illusion des Schlaraffenlandes aufrechtzuerhalten, nur regelmäßig die Beiträge erhöhen. Oder die Beitragsbemessungsgrenze heraufsetzen, wie es jetzt Gesundheitsminister Rösler vorhat. Es gelte, „die Finanzierung auf eine breitere Basis zu stellen“, sagen die Gesundheitspolitiker. Im Klartext: Es muss mehr Geld ins System.

Dabei stecken wir schon jetzt ziemlich viel Geld in unser Gesundheitssystem: Über 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind es heute, auf 20 Prozent könnte dieser Anteil wachsen, schätzen Experten. Und es gibt bestimmt noch viele Effizienzreserven: Sparmöglichkeiten, ohne dass die Qualität leidet. Doch selbst, wenn wir all unser Geld für bessere Ärzte, mehr Krankenhäuser, hochwertigere Technik, kompliziertere Operationen und teure Arznei ausgeben würden – es würden immer noch nicht alle jede medizinische Behandlung bekommen können.

Allein das Wort „Rationierung“ klingt unmenschlich

Die Nachfrage nach Gesundheit kann man nicht stillen. Der technische Fortschritt lässt uns länger leben, bessere Medikamente stehen mehr Menschen zur Verfügung, und das ist gut so. Weil aber die Wünsche unendlich sind, das Geld aber leider endlich ist, kommt kein Gesundheitssystem darum herum, sich Prioritäten zu setzen: Welche Behandlung und welche Medizin sollen jedermann immer zuteilwerden? Noch weigern sich Politiker, Ärzte und Kassenvertreter hierzulande, von Rationierung zu sprechen, weil allein schon das Wort unmenschlich klingt: Die Drohung des Junge-Union-Vorsitzenden Philipp Mißfelder, künstliche Hüftgelenke für 85-Jährige nicht mehr zu bezahlen, hat viel Unheil angerichtet.

Dabei geht es zunächst schlicht darum anzuerkennen, dass nicht alle alles haben können. Soll alles Geld in die Erforschung von Krebs oder soll es in die Aufklärung von Demenz fließen? Soll der Arzt ein tausend Euro teures Medikament auch dann verschreiben, wenn er weiß, dass es das Leben des schwerkranken Patienten allenfalls um zwei Monate verlängert? Wenn er das tut, könnte das Geld an anderer Stelle fehlen. Eine Gesellschaft kann sich entscheiden, ein Maximum zu finanzieren. Sie muss dann aber auch bereit sein, die Kosten zu übernehmen. Es geht zunächst nur um Transparenz. Wer uns vorgaukelt, es würde weder priorisiert noch rationiert in Deutschland, der riskiert seine Glaubwürdigkeit.
Behandlung nach Gutdünken

Erste Ärzte trauen sich inzwischen, dieses Tabu zu thematisieren. Denn der Konflikt kann groß sein. Wenn ein Arzt zwei Notfallpatienten hat, aber die Zeit nur für einen reicht, muss er priorisieren, also den einen zuerst behandeln. Auch auf die Gefahr hin, dass für den zweiten die Heilung dann schwieriger werden kann.

Weil aber keine politische Diskussion darüber geführt wird, bleibt den Ärzten und Schwestern oft keine andere Wahl, als nach Gutdünken zu rationieren. Sie müssen selbst entscheiden, wem sie helfen und wem nicht. Die Maßstäbe werden willkürlich gesetzt. Das ist juristisch und ethisch heikel und sollte den Medizinern nicht alleine zugemutet werden.

Eine Gesellschaft muss ein Interesse daran haben, die Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu machen. Das ist nicht inhuman, sondern eine humane Aufgabe der Selbstvergewisserung. Denn irgendwann ist die Illusion „alles für alle“ nicht mehr bezahlbar.


vG peter

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Re: Schneller als gedacht 30 Mai 2010 18:44 #263745

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