Liebe JuHu,
es hat mich wirklich zurück in die Vergangenheit geholt als ich deine Nachricht gelesen habe. Ich fühle sehr mit dir mit.
Es ist wirklich überraschend, welche Ähnlichkeiten es zwischen unseren Fällen gibt. Mir wurde damals gesagt, dass es etwas sehr, sehr seltenes sei. Auch, dass bei dir ebenfalls keine eindeutige Diagnose gestellt wurde, zeigt wie komplex diese Situation sein muss. Mir wurde auch mal gesagt, dass ein Arzt der Meinung sei, dass die Plazenta eine entscheidende Rolle gespielt hat und im Zusammenhang mit dem hohen Blutverlust steht. Bei mir waren die Thrombozyten sehr niedrig. Außerdem sollte die ADAMTS13 Aktivität bestimmt werden.. Leider wurde das Blut für die Bestimmung des Wertes erst abgenommen, nachdem ich den ersten plasmaaustausch erhalten habe, also fremdes Blut im Körper hatte. Daher kann der Ergebnis verfälscht sein. Das Ergebnis der ADAMTS13 Aktivität lag bei mir knapp über den 10%. Alles was drunter liegt, gilt als TTP mit den dazugehörigen Symptomen. Aber das weißt du ja vielleicht selber. War es der Wert, der ebenfalls bei dir bestimmt wurde? Bei mir war das ADAMTS13 Antigen allerdings negativ. Das spricht gegen eine TTP. Daher war das Verdacht Ahus da. Durch die Nierenbiopsie konnte das Gewebe untersucht werden. Die Untersuchung sprach in meinem Falle dafür, dass ein Ahus vorliegt. Doch der genetische Test, der für die Bestätigung des Ahus angeordnet wurde, war zu einer hohen Wahrscheinlichkeit dagegen. Ich bekam dennoch ebenfalls das Medikament (ebenfalls sündhaft teuer; wahrscheinlich das gleiche wie du) Soliris mit dem Wirkstoff Eculizumab. Das war schon zu einem sehr späten Zeitpunkt (3 Monate nach Entbindung). Aber da sich kein großer Erfolg von dieser einmaligen Gabe ablesen lies, blieb es dabei. Für die Diagnose gibt es viele Möglichkeiten, aber keine richtige Antwort. Ich hoffe, dass es tatsächlich nichts von alle dem ist, denn bei einer TTP könnte ja auch anderer Auslöser wie eine schwere Infektion oder ähnliches die Krankheit auslösen. Zu Beginn war auch ein HELLP-Syndrom im Gespräch, aber dabei waren die Leberwerre zu gut und zu wenige Symptome. Ich schreibe dies so ausführlich, weil ich selber lange hin und her überlegt habe und vielleicht hilft es dir ja, wenn es so viele Parallelen gibt, auch wenn ich natürlich einen anderen Körper habe und es vielleicht auch etwas ganz unterschiedliches war. Was auf jeden Fall anders war, dass es bei mir eine sehr frühe Geburt war mit vorheriger Blutung. Die Blutung wurde wahrscheinlich verursacht durch eine Plazenta Praevia. Das war mir allerdings bis zu dem Tag der Blutung nicht bewusst und wurde vom Arzt zuvor nicht erkannt. Meine Schwangerschaft war sehr schwer für mich. Ich habe unter starken wassereinlagerungen gelitten. (20 kg Gewichtszunahme in der 32 Woche, also ich schätze dass ich zu dem Zeitpunkt ca. 10 l Wasser bereits eingelagert hatte). Kurz vor der Entbindung hatte außerdem starke Sehprobleme, aber da war der Kreislauf bei mir auch schon ziemlich zusammengebrochen. Auch nach der Operation hatte ich diese Sehprobleme, bis sich 2 Monate später eine Thrombose in der Augenvene herausstellte. Diese entstand ebenfalls durch den hohen Blutverlust.
Deine Situation bei der Geburt klingt wirklich unglaublich kräftezehrend. Du hast wirklich lange gekämpft! Hattest du dann während der Wehen und vor dem Kaiserschnitt schon viel Blut verloren oder hast du während des Kaiserschnitts überdurchschnittlich viel geblutet?
Das mit dem Bauchfell und gleichzeitig die Wundheilung von dem Kaiserschnitt stelle ich mehr auch sehr schmerzhaft vor. Leider gibt es immer wieder diese vermeintlichen Rückschritte, wie mit dem Zugang, der einfach immer wieder verstopft. Ich hatte ebenfalls drei Katheter. Ich hoffe, dass sich dein Bauchfell schnell erholt, sodass du dann einen guten Weg für die Dialyse hast. Vielleicht stellt sich ja dann eine Routine ein und ersehnte Schritt nach Hause ist nicht mehr weit. Es zerbricht einem das Herz als Mutter, nicht bei seinem Kind sein zu können. Und die Hormone nach der Schwangerschaft machen es einem noch schwerer.
Auch ich konnte meine Kleine nicht bei mir haben, während ich im Krankenhaus war. Das lag daran, dass auch sie intensivmedizinisch betreut werden musste, sowie ich. Das war pflegerisch nicht zu vereinen. Nach ein paar Tagen nach der Geburt, konnte ich sie kurzzeitig halten. Als sie von der Beatmung abkam wurden diese kleinen Besuche öfter. Die Pfleger gaben sich alle Mühe, die wenigen Male, an den ich kurz von der Dialyse auf Intensivstation ab war, mich mit Sauerstoffflasche und allen Kabeln auf die Kinderintensiv zu bringen, damit ich bei ihr sein konnte. Mein Mann war in dieser Zeit und auch danach sehr viel für unsere Tochter da. Das ist auch die Antwort auf die Frage, wie wir die Betreuung organisiert haben. Der einzige Weg zu der Zeit war, dass er sich komplett aus der Arbeit rausnimmt und Elternzeit nimmt, solange bis mein Gesundheitszustand stabil und so gut es ging voraussehbar war. Sobald ich zu Hause war, habe ich versucht, mich einzubringen, aber habe auch meine Grenzen gemerkt. Auch heute ist es noch so, dass mein Mann sich nachts und früh morgens kümmert, da ich mich zu erschöpft fühle. So schaffen wir es. Wir mussten uns einfach an die neue Situation mit den unterschiedlichen Bedürfnissen gewöhnen.
Ich hatte ebenfalls einen Stillwunsch, habe meine Milch bis ich Zuhause war abgepumpt. Doch tatsächlich hat meine Tochter nur die Milch der ersten Tage erhalten. Danach bekam ich immer mehr Medikamente dazu, die es nicht mehr zuließen. Ich hatte die Hoffnung, dass es sich ändern würde, wenn ich nach Hause käme. Aber schließlich musste ich einsehen, dass das nicht so ist. Es hätte mir viel Kraft gespart, wenn ich diese Entscheidung schon früher getroffen hätte. Denn es war eine große Belastung mit meinem körperliche Zustand auch noch abzupumpen. Nachts alle 3 Stunden aufstehen bei totalen Schlafmangel. ich hatte zudem das Gefühl, ich würde austrocknen, weil ich eine trinkmengenbeschränkung hatte, die auch stark überwacht wurde auf der Intensivstation. Ich habe die Ärzte mehrmals darauf angesprochen, dass die trinkmenge erhöht werden müsste, da ich ja anders als anderer Nierenerkrankte auch eine „stillende“ Mutter bin, die Flüssigkeit produziert. Leider wurde dem nicht wirklich nachgegangen. Für die Aufbewahrung hatten sie einen Kühlschrank, aber trotzdem war es logistisch sehr schwierig, die Milch rechtzeitig auf die andere Station zu kriegen, bzw. irgendwann wurde sie dann ja auch einfach immer nur noch weggeworfen. Aber ich denke ich habe solange daran festgehalten, weil es eins der wenigen Dinge war, dir ich in meiner Situation für meine Tochter tun konnte.
Ich fand die Zeit im Krankenhaus schrecklich, meine einzige Einsicht war, dass ich keine Wahl habe, wenn ich nach Hause möchte. Auch du hast schon lange durchgehalten und ich hoffe, dass du das Ziel nicht aus den Augen verlierst. Du bist die Stärke in Person!
Zur Ernährung: Auch mir wurde am Anfang der Erkrankung kaum Infos zur Ernährung gegeben. Nach einiger Zeit an der Dialyse wurde mir ebenfalls wie dir grob einige Lebensmittel aufgeführt, die ich eher meiden oder in Maßen essen sollte. Ich informierte mich dann selber, dass ich eher kaliumarm und phosphatarm essen sollte. Meine nierenfunktion verbesserte sich dann, aber ich traute mich immer noch nicht an die Lebensmittel mit viel Kalium ran, wässerte meine Kartoffeln, … Deshalb beschloss ich zu einer Ernähungstherapeutin zu gehen. Die Kosten hierfür wurden bei mir mit einem Attest über meine Nierenerkrankung durch die Krankenkasse übernommen. Dort schrieb ich täglich Essensprotokolle. Zusammen mit regelmäßigen Blutkontrollen beim Arzt konnte ich mich wieder an verschiedene Lebensmittel ranwagen. Und die Blutwerte zeigten dass alles ok so ist, ja sogar teilweise besser in einigen Bereichen, da es vorher auch einen Mangel ein bestimmten Nährstoffen gegeben hatte.
Ich sende dir liebe Grüße und viel Kraft!