THEMA:

Hallo, ich habe trotz Dialyse plötzlich einen zu hohen Harnstoffwert (196) und Beschwerden, wie Atemnot, Wassereinlagerungen und Abgeschlagenheit. Meine Dialyse soll jetzt von 4 Stunden 10 Minuten auf 4,5 Stunden erhöht werden, um zu schauen ob das was bringt. Ausserdem haben sie sofort eine ausserplanmässige Dialyse gemacht, um den Wert sofort zu senken. Wie kann es zu einem so hohen Wert kommen, wenn doch eigentlich die Schadstoffe rausgefiltert werden? Kann der Wert sich auch wieder verbessern bei kürzerer Dialyse? Hat da Jemand Erfahrung?

Wenn dich der Pfleger schlecht gestochen hat fließt das selbe Blut aus der Maschine zu dir zurück und wird dort wieder von der Ansaugnadel abgesaugt und nicht gut vermischt.
Dann hast du quasi keine Dialyse weil die restlichen 5,5 Liter Blut im Körper nichts tun während die selben 500ml wie irre gereinigt werden.

Die Nadeln vermutlich zu knapp nebeneinander gestochen, da muss mehr Abstand.

Der scheiß Pfleger soll sicherstellen, dass das Blut viel weniger Harnstoff hat wenn es zu dir zurück kommt als wenn es in die Maschine fließt, so wird sichergestellt dass auch tatsächlich was gereinigt wird. OH M G .
Wenn der Pfleger ein Idiot ist sollte es so aussehen als wäre der Harnstoff bereits beim in die Maschine fließen auf idealem Niveau, da wurde dann also kein schmutziges Blut sondern wieder das saubere angesaugt.
Die Maschine hat Sensoren und kann wichtige Blutwerte in Echtzeit messen.

lg
Chris

P.S.
Reagiere etwas eingeschnappt emotional wenn Dialysen scheiße bauen und bei Grundlagen wie dem Kt/V die Schuld dem Patienten gegeben wird.
4 Stunden Dialyse reicht aus, ich mach 4,5 Stunden aus fleiß.
Das sind 12,5% längere Dialysezeit. Davon kannst du dir auch nur soviel Prozent an Reinigungsleistung erwarten. Also um 12,5% besser als mit 4 Stunden.

Hallo Kalli,

ich möchte gerne auf Deine Frage eingehen, wie es zu einem so hohen Harnstoffwert kommen kann, obwohl die Schadstoffe während der Dialyse rausgefiltert werden.

Ich verstehe Deine Beunruhigung darüber und dass Du nach einer Antwort suchst.
Persönlich finde ich es immer gut, wenn jemand nach Antworten sucht, um Vorgänge besser verstehen zu können.

Harnstoff entsteht wenn Eiweiß (Nahrungseiweiß oder auch Körpereiweiß) abgebaut wird. Der Abbau von Nahrungseiweiß ist die Voraussetzung dafür, dass der Körper es verwerten kann.
Die gesunde Niere scheidet den dabei anfallenden Harnstoff aus, so dass der Wert im Blut bei Gesunden unter 50 mg/dl bleibt.

Eine kranke Niere kann nicht mehr genügend Harnstoff ausscheiden und er häuft sich im Körper an (im Blut, den Körperzellen und in den Zellzwischenräumen).
Während der Dialyse wird ein Teil des Harnstoffs, der sich im gesamten Körper angehäuft hat, "herausgewaschen".

Wenn ein Harnstoffwert unter der Dialysebehandlung ansteigt hat das immer einen Grund. Hier möchte ich ein paar Gründe dafür anführen.
Meine Ausführungen erheben bei Weitem nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sind als kurze Zusammenfassung zu verstehen. Auch die Reihenfolge der aufgeführten Punkte ist nicht nach der Ursachenhäufigkeit gewählt, sondern thematisch angeordnet.

1. Hohe Eiweißzufuhr bei abnehmender Nierenfunktion
Eine ausreichend hohe Eiweißzufuhr ist grundsätzlich als sehr positiv zu bewerten, da die meisten Dialysepatienten zu wenig Eiweiß zu sich nehmen. (Eine zu geringe Eiweißzufuhr führt zu einem Abbau von Muskelzellen.) Da bei den meisten Patienten eine Dialysebehandlung ca. 4 Stunden dauert, ist die Harnstoffentfernung auf die ca. 4 Stunden begrenzt. Die 4 Stunden Reinigungszeit reichen bei den meisten Patienten auch aus, zumindest dann, wenn die Niere noch eine Restfunktion hat. Wenn diese Restfunktion nachlässt, steigen die Nierengifte (dazu gehört auch Harnstoff) im Blut an. Bei einem Patient mit 40 kg Körpergewicht fällt das nicht so sehr ins Gewicht, da seine Gesamtmenge an Nahrungszufuhr und damit auch an Eiweißzufuhr sehr begrenzt ist. Ein Patient mit 100 kg Körpergewicht wird sich aber deutlich mehr Nahrung und damit auch Eiweiß über die Nahrung zuführen. Bei diesem Patient wird sich eine abnehmende Nierenfunktion deutlicher in den ansteigenden Nierenwerten zeigen.

2. Unzureichende Nahrungszufuhr
Wenn sich ein nierenerkrankter Patient deutlich zu wenig Eiweiß zuführt, baut der Körper vorhandene Energiedepots, das sind erstmal die Muskelzellen, im Körper ab. Dadurch wird der Harnstoff aus den Zellen freigesetzt und strömt ins Blut. Auch hier wird der Harnstoffwert unterschiedlich, je nach vorhandener Körpermasse des Patienten, ansteigen.

3. Unzureichende Dialyseleistung/Dialysequalität
Wenn die unzureichende Dialyseleistung /Dialysequalität die Ursache für einen erhöhten Harnstoffwert ist, zeigt sich das in aller Regel auch an einem Anstieg weiterer Nierengifte.
Da Harnstoff bei nierenerkrankten Patienten überwiegend durch die Dialyse entfernt wird, muss man sich bei hohen Harnstoffwerte auch immer die jeweilige Dialyseleistung/Dialysequalität anschauen.
Eine nicht ausreichende Dialysequalität kann verursacht sein durch eine generell zu kurze Dialysezeit bei erhöhtem Körpergewicht (siehe oben).
Bei einem erhöhten Anfall von Nierengiften kann es durchaus nötig sein, die Dialysezeit zu erhöhen. Eine längere Dialysezeit bedeutet eine bessere Reinigung des Körpers von Giftstoffen und reduziert damit die Spätkomplikationen (eine gesunde Niere reinigt den Körper an 168 Stunden in der Woche). In unserer Dialyse machen viele Patienten, vor allem jüngere Patienten, oder Patienten, die mehr Gewicht auf die Waage bringen, 4,5 Stunden oder 5 Stunden Dialyse.
Eine weitere Ursachen bezieht sich auf den Dialysezugang.
Probleme am Dialyseshunt (z. B. Engstellen im Zufluss- oder Abflussbereich des Shunts), können die Dialysequalität erheblich verschlechtern. Hier kann ein Ultraschall des Shunts Klarheit schaffen.
Weiter führen nicht korrekt ausgeführte Shuntpunktionen (z. B. zu eng aufeinanderliegende Punktionsnadeln oder Nichtbeachtung der Flußrichtung eines Loops) zu einer Verschlechterung der Dialysequalität. Ebenso führt ein schlecht laufender Dialysekatheter zu einer Verschlechterung der Dialyseleistung.
Auch ein am Dialysegerät eingestellter nicht optimaler Blutfluss verschlechtert die Dialysequalität. Bei der Blutflussgeschwindigkeit hat jedes Dialysezentrum eigene Richtlinien. Bei uns ist der anzustrebende Blutfluss 380 ml/min.

Soweit ein "kleiner Überblick" über mögliche Ursachen eines zu hohen Harnstoffwertes im Blut.

Die bei Dir erhöhte Wassereinlagerung und die damit verbundene Atemnot ist nur dann im Zusammenhang mit dem erhöhten Harnstoffwert zu sehen, wenn Du zur Zeit sehr wenig Nahrung zu Dir nimmst (oder gar fastest) und das Dialysezentrum Dein Sollgewicht nicht nach unten korrigiert.

Die Zusatzdialyse und die verlängerte Dialysezeit sind eigentlich der richtige Weg um dem hohen Harnstoff entgegenzuwirken. Trotzdem wäre es gut, parallel dazu nach einer Ursache zu suchen.

Alles Gute Dir weiterhin.

Heka59

Hallo Heka59,
ist das tatsächlich so, dass ein Blutfluss von 380 ml/min angestrebt wird in deinem Zentrum? Kommt mir eher wie ein Tippfehler vor.
Viele Grüße
MaWa

Hallo MaWa,

ja, bei uns im Zentrum wird ein Blutfluss von 380 ml/min angestrebt.

Bei den meisten Patienten mit einem ausgereiften Shunt fahren wir auch mit einem Blutfluss von 380 ml/min.
Bei Patienten mit einem Vorhofkatheter schaffen wir die 380 ml/min in aller Regel nicht. Dort versuchen wir, wenn möglich, 300 - 350 ml/min zu erreichen. Bei manchen Patienten mit Vorhofkatheter müssen wir aber auch deutlich unter 300 ml/min einstellen, damit sich der Katheter nicht festsaugt.

Mit welchen Blutfluss fahrt ihr in eurem Zentrum?

Gruß
heka59

Das habe ich noch nie gehört. Ich habe über die Jahre in 25 verschiedenen Dialysen dialysiert, aber das ist mir noch nie zu Ohren gekommen. Früher habe ich mit 350er Fluss dialysiert, aber es hat nicht wirklich viel gebracht.

Ich dialysiere fünf Stunden mit einem Blutfluss von 300 ml/min. Für mich habe ich festgestellt, dass höhere Flüsse kaum den Kt/V erhöhen. Ich komme so auf einen Kt/V von 2,2 bis 2,4.

Damit eine Änderung des Blutflusses etwas bewirkt benötigt man einen Filter der auf diesen Blutfluss ausgelegt ist.
Je mehr Blutfluss ein Filter hat, umso größer der Hohlraum für das Blutvolumen, damit die Verweildauer des Blutes in der Maschine gleich bleibt.
z.B. man fährt 200ml/min und hat einen Filter mit 500ml Volumen. Dann tauscht sich das Blut alle 2,5 Minuten vollständig aus.
Fährt man aber mit 400ml/min bei 500ml Volumen sinds nurnoch 1,25 Minuten und das Blut hat nicht genug Zeit alle Schadstoffe an die Dialyseflüssigkeit abzugeben.

Je schneller der Blutfluss eingestellt ist umso größer muss der Platz im Filter sein.


Zum Thema Katheter. Ich schaffe 460ml/min wenn ich malwieder ein Lungenödem hab und es schnell gehen muss. Mit einem permanenten Tesio-Katheter.
Normalerweise so wie heute fahr ich aber 400ml/min. Wegen der Nebenwirkungen schlaf ich die Dialyse durch damit Juckreiz und Nervenstörungen nicht zu heftig nerven.
Der Tesio ist im Schwimmverhalten im Herz dem Demers haushoch überlegen, weil sich die 2 Schläuche unabhängig voneinander bewegen können. Ansaugen gibts bei mir nicht.

Hallo MaWa,

Du hast das vollkommen richtig beobachtet.
Die Kurve der Reinigungsleistung flacht mit zunehmendem Blutfluss immer mehr ab. Das bedeutet, dass eine Erhöhung des Blutflusses von 200 ml/min auf 300 ml/min die Reinigungsleistung mehr erhöht, wie eine Erhöhung von 300 ml/min auf 400 ml/min. Das gilt vor allem dann, wenn ich alle anderen Faktoren, die die Reinigungsleistung beeinflussen, beibehalte.

Damit die Erhöhung der Reinigungsleistung durch die Erhöhung des Blutflusses deutlicher ansteigt, sollten folgende zwei Faktoren mit berücksichtigt bzw. mit angepasst werden:
1. Der Dialysator
Wir verwenden als Standarddialysator den Fresenius FX80, manche Patienten haben auch den FX100, Patienten mit wenig Körpergewicht auch den FX60. Bei Patienten mit sehr wenig Körpergewicht (kleiner 50 kg) streben wir dann auch keinen Blutfluss von 380 ml/min an. Je größer der Dialysator, desto mehr macht sich Erhöhung des Blutflusses bemerkbar.
2. Dialysatfluss
Zu dem Blutfluss sollte auch der passende Dialysatfluss am Dialysegerät eingestellt sein. Ideal sind das Verhältnis von mindestens 1:1,5. Das bedeutet, dass der Dialysatfluss mindestens das 1,5-fache des Blutflusses betragen soll. Bei einem Blutfluss von 300 ml/min wäre ein Dialysatfluss von mindestens 450 ml/min, bei einem Blutfluss von 380 ml/min ein Dialysatfluss von 570 ml/min ideal.

Wenn alle drei Faktoren zusammen kommen (erhöhter Blutfluss, großer Dialysator, passender Dialysatfluss), kann ich die abflachende Kurve der Reinigungsleistung wieder steiler ansteigen lassen.

Aber: eine effektivere Reinigung wird von manchen Patienten als mehr belastend empfunden, als eine nicht so effektive Reinigung. Deshalb hat hier die Optimierung der Reinigungsleistung auch ihre Grenzen.
Die effektivste Optimierung der Reinigungsleistung bleibt aber immer noch die verlängerte Dialysezeit.

Gruß
Heka59

Mich würde interessieren, welche Kt/V-Werte dadurch bei euren Patienten erreicht werden. Bisher war ich der Meinung, nicht mehr für mich erreichen zu können.

Ich würde mich gerne MaWa's Frage anschliessen.
Und: es kommt doch auch auf die Nadelstärke an? Ich werde mit den grünen Nadeln punktiert, das sind die 1,6er und habe bei einem eingestellten Fluss von 320ml/min eine Kt/v von 1,5. (Dialysezeit 4:05)
Je nach Nadelstärke gibt es doch auch Grenzen beim Blutfluss?

Hallo MaWa, hallo cambodunum,

hiermit möchte ich gerne auf Eure Fragen eingehen.

Kt/V
Ein Kt/V-Wert von 2,2 bis 2,4 ist ein super Wert. Das zeugt von einer effektiven Dialysebehandlung. Ob eine weitere Steigerung bei Dir, MaWa, erreicht werden kann, kann ich so nicht sagen. Das müsste man austesten. Aber, wie gesagt, Dein Kt/V ist jetzt schon super.

Ich habe mir mal unsere Kt/V-Ergebnisse der letzten beiden Blutuntersuchungen angeschaut. Wir haben ein Spektrum von 0,7 bis 2,7. Die meisten Patienten befinden sich im Bereich zwischen 1,7 und 2,0. Wenn ich den Durschnitt aller Kt/V-Messungen unserer Patienten berechne, komme ich auf einen Wert von 1,65.

Wir haben ein paar Patienten, die aus medizinischer Sicht eine längere Dialysezeit benötigen, dies aber ablehnen. Bei diesen Patienten finden sich Kt/V-Werte von 0,7 bis 1,1.
Auch haben wir ein paar wenige, vorwiegend jüngere Patienten, die von sich aus eine längere Dialysezeit und damit effektivere Reinigung möchten und deshalb freiwillig länger dialysieren. Diese Patienten haben Kt/V-Werte über 2,0 bis 2,7.

Aber: der Kt/V-Wert wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. Ein Teil dieser Faktoren werden in die Berechnung mit einbezogen und ein Teil nicht. Doch das ist ein eigenes Thema. Wenn es interessiert und gewünscht ist, kann ich gerne mal was über das Thema Kt/V und deren Bedeutung schreiben.

Nadelgröße
Unsere hier im Haus verwendete Standardpunktionsnadel ist die 15G, das ist die Nadel mit den gelben Flügeln. Die 16G-Nadel (mit den grünen Flügeln) wird bei uns nur bei Patienten verwendet, bei denen ein reduzierter Blutfluss von 300 ml/min oder darunter eingestellt wird.

Gruß
heka59

Ja wäre theoretisch erwünscht, wobei kohana und Ulrike sich mal Gedanken machen sollten wie wir so gut geschriebene Beiträge besser für die Zukunft archivieren können.

Sprich wäre schade wenn man die entsprechenden Beiträge irgendwann nurnoch schwer über Suchfunktion findet.

So mal theoretisch, was wenn wir alle Beiträge von heka raussuchen die gut geschrieben sind und ein Sammel-Thema erstellen und quasi eine Link-Sammlung daraus machen?
Und das Thema dann im Forum ganz oben im allgemeinen Bereich "pinnen", also an oberster Stelle fixieren damits nicht abrutschen kann. Ganz im Sinne von "häufig gestellte Fragen" oder FAQ.

Eine Sammlung guter Artikel würde man in der realen Welt auch in einer Mappe einsortieren damit man sie griffbereit hat.