Dr. Robert Shahverdyan, bis Ende 2024 Leiter des Shuntzentrums in der Asklepios-Klinik Hamburg-Barmbek, hat vorgestern untenstehendes Statement auf LinkedIn und Facebook geteilt. Ich stelle diesen Brief unten ein, weil er viele von uns betrifft (ich hoffe, das ist in seinem Sinne).
Das Shuntzentrum in Wiesbaden ist ohne Benachrichtigung der Patienten geschlossen worden. In Barmbek stauen sich die Op-Fälle, weil die dortige alleinige Ärztin nur an einem Tag in der Woche einen OP-Saal zugestanden bekommt. Ich weiß nicht, ob es nur meine Phantasie ist, aber das passt zu dem, was Dr. Shahverdyan schreibt, zur "Ambulantisierung" der Shuntversorgung.
Ich bin vielleicht ein Beispiel, denn ich kann viele Lieder davon singen. Meine ersten 3 Shunts hat mir ein niedergelassener Gefäßchirurg gelegt. Zwei sind gleich zugegangen (!). Ich musste jeweils am nächsten Tag zur Kontrolle. Das war mir nur möglich, weil meine Eltern in der Kleinstadt gleich um die Ecke wohnen und ich bei ihnen übernachten konnte.
Nach 5,5 Jahren mit ständigen Schwierigkeiten habe ich darum gebeten, ans Shuntzentrum Barmbek überwiesen zu werden. Dr. Shahverdyan hat mir geduldig erklärt, dass der Shunt hinten und vorne bzw. oben und unten nicht stimmt und ihn mir in zwei aufwändigen OPs gerettet. In 2 Jahren hat er mich 4x operiert, davon 3x mit stationärer Aufnahme.
Jetzt wird geschaut, wo die Stenose liegt, die sich momentan bei der Dialyse bemerkbar macht. Das wird ambulant in der Barmbeker Radiologie gemacht. Vielleicht kann man mir mit einer Dilatation helfen. Vielleicht muss der Shunt auch bald aufgegeben und ein neuer gelegt werden. Nur wann, wenn es für die nächsten 2 Monate keine Kapazitäten gibt? Die Ärztin ist klasse, aber sie kann nicht zaubern. Wieso lässt die Klinikleitung sie dermaßen hängen und ihre Patienten gleich mit?
Das norddeutsche Shuntzentrum in Reinbek nimmt keine neuen Patienten auf, nicht mal Notfälle. Wo sollen wir Patienten noch hingehen? Ich würde nie in unser kleines Krankenhaus gehen, weil ich zumindest in die Gefässchirurgie dort kein Vertrauen hätte. Wenn jemand noch tausend andere Sachen operiert und nicht nur Shunts, dann fehlt die Expertise. Entsprechendes hört man von Patienten. Diese Shunts, auch meine ersten, werden nie kontrolliert. Das ist aber wichtig.
Wird die Vergütung in den Krankenhäusern immer schlechter? Gibt Wiesbaden deswegen auf? Vielleicht weiß jemand mehr?
Ulineu
So, hier nun das Statement von Dr. Robert Shahverdyan:
"In Deutschland sehe ich eine besorgniserregende und zunehmende Unterversorgung von Dialysepatient:innen hinsichtlich der Shuntanlagen und der Nachsorge. Shuntanlagen, die für Dialysepatient:innen von zentraler Bedeutung sind, stellen sicher, dass der Blutfluss für die Dialysebehandlung aufrechterhalten wird. Sie sind eine der entscheidenden Maßnahmen, um eine effiziente Dialyse zu gewährleisten und die Lebensqualität der Patient:innen zu sichern. Doch trotz der enormen Wichtigkeit dieser Intervention kommt es immer häufiger zu Engpässen in der Versorgung, da die Nachfrage an spezialisierten Fachkräften wächst, während gleichzeitig die Kosten für Shuntanlagen und die Nachsorgebehandlungen nicht ausreichend vergütet werden.
Mit der zunehmenden Ambulantisierung, bei der immer mehr Dialysebehandlungen außerhalb von Kliniken ambulant durchgeführt werden sollen, verschärft sich die Situation. In vielen Fällen fehlt es an einer ausreichenden Infrastruktur, die eine regelmäßige und kompetente Nachsorge ermöglicht. Ambulante Versorger sind oft bis gar nicht bereit oder in der Lage, die notwendige Expertise und die Ressourcen bereitzustellen, um die langfristige Pflege der Shuntanlagen zu gewährleisten. Dies führt dazu, dass viele Patienten nicht regelmäßig überwacht werden und die Gefahr von Komplikationen, wie Thrombosen oder Infektionen, steigt.
Aufgrund der extrem niedrigen Vergütung sind viele niedergelassene Ärzte und Kliniken kaum motiviert, in die nötige Ausbildung und die erforderliche Infrastruktur zu investieren. Die finanziellen Anreize, die für eine qualitativ hochwertige Versorgung nötig wären, fehlen nahezu gänzlich. Dies führt dazu, dass die Patientenversorgung in den Hintergrund tritt und die ohnehin schon überlasteten Fachabteilungen in den Kliniken weiter entlastet werden.
Es ist daher dringend notwendig, dass die Versorgungsstrukturen für Dialysepatient:innen in Deutschland grundlegend überdacht werden. Eine bessere Vergütung der Shuntversorgung und der Nachsorge sowie eine stärkere Einbindung von Fachkräften in die ambulante Versorgung sind entscheidend, um eine adäquate und langfristige Versorgung zu sichern. Zudem muss das Interesse der Versorger geweckt werden, damit der demographische Wandel und die steigende Zahl der Dialysepatient:innen auch in Zukunft bestmöglich betreut werden können Hashtag#dialyse Hashtag#Vascularaccess Hashtag#shunt"