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Die Nierenshow war ein Bluff 01 Jun 2007 22:47 #448482

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Da haben uns die Holländer ja mal wieder an der Nase rumgeführt. Und drei Nierenkranke haben freiwillig mitgemacht. Aber die Diskussion wurde angeregt, oder?

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Re: Die Nierenshow war ein Bluff 01 Jun 2007 23:19 #448483

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Habe es auch gerade in den Tagesthemen gesehen. Immerhin ein kreativer Weg, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Und erreicht eine andere Zielgruppe als Reden von Politikern und Co.
Muss das erstmal sacken lassen...
Liebe Grüße, Judith

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Re: Die Nierenshow war ein Bluff 02 Jun 2007 21:40 #448490

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hallo

ich habe die show nicht gesehen, nur heute die reaktionen.
es muss meiner meinung nach jeder mensch sensibilisiert werden für dieses thema.
und da ist, wenn es mir und allen leidensgenossen hilfreich ist, der weg egal.

gruß

michael

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Re: Die Nierenshow war ein Bluff 03 Jun 2007 00:06 #448494

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Hallo,

anbei der Kommentar einer Betroffenen, der an diesem Wochenende in der SZ zu lesen ist. Die Autorin wusste noch nicht, dass die Sendung ein Fake war. Aber das spielt eh keine Rolle.

Die Sendung hat bewirkt, dass die Sicht endlich auf die Lage der auf ein Organ Wartenden gelenkt wird. Jetzt kommen sie zu Wort, nicht irgendwelche Ethiker, Ärztefunktionäre und Politiker. Wie schnell zerreden die das Thema!

Erschrocken bin ich darüber, dass es überhaupt Zuschauer gab, - und viele haben per SMS abgestimmt. Das hat denen wahrscheinlich auch noch Spaß gemacht! Gut, alle, die drauf reingefallen sind, sind mit der Nase auf das Leid gestoßen worden. Vielleicht bringt sie das zum Nachdenken ....

Schönen Sonntag, Ulrike

PS:
Hat nicht geklappt mit dem, Anhnag. darum hier für Geduldige:

Nierenspende als TV-Show
Der Tod als ultimatives Spektakel

Als ihre Nieren versagten, war sie 31 Jahre alt, hatte ein kleines Kind und lebte in Jugoslawien. Nur einer von fünf Patienten bekam eine Dialyse. Gedanken einer Betroffenen zur holländischen Fernsehsendung um eine Nierenspende.

Von Slavenka Drakulic

Oh, wie einfach es doch ist, moralisch zu sein, wenn man gesund ist! Das war mein erster Gedanke, als ich von der holländischen BNN-TV-Sendung hörte und von der Empörung, die der Kampf auf Leben und Tod um eine einzige Niere weltweit ausgelöst hat. Wie schrecklich einfach es doch ist, zu sagen: Es ist demütigend, um sein Leben kämpfen zu müssen, es ist falsch, so eine Sendung zu machen, man darf das nicht, und ich würde bei so etwas nie mitmachen!Als meine Nieren versagten, war ich 31 Jahre alt, hatte ein kleines Kind und lebte in Jugoslawien. Damals, 1980, bekam nur einer von fünf Patienten eine Dialyse. Die anderen vier starben. Es gab kaum Dialysemaschinen, und man konnte sich schon glücklich schätzen, wenn man überhaupt einen Platz ergatterte - ganz zu schweigen von einer Transplantation. Ich erinnere mich noch genau an meine Verzweiflung nach der ersten Blutwäsche. Ich hatte das Gefühl, zum Tode verurteilt zu sein, ohne Richter, ohne Geschworene und ohne irgendein Verbrechen begangen zu haben. Es ist schwer, die Gefühle einer solchen Person zu erklären oder zu beschreiben, obwohl ich als Schriftstellerin genau das versucht habe, vor zwanzig Jahren, in meinem Roman Das Prinzip Sehnsucht‘‘.

Ich kannte eine Frau, die Selbstmord beging, weil sie die Dialyse nicht mehr aushielt und keine Aussichten auf eine Transplantation hatte. Ich sah einen Mann sterben, im Bett neben mir, weil er von der Warteliste gestrichen wurde. Mein Vater starb während der Dialyse, sein Herz war zu schwach für die Strapazen. Vielleicht reicht es zu sagen, dass unsere Gruppe 42 Personen umfasste. Nur drei davon leben noch - weil uns dreien erfolgreich ein Organ transplantiert wurde. Meine Freundin spendete ihrem 15-jährigen Sohn eine Niere, um dann zu sehen, dass er sie nach einer Woche wieder abstieß. Ich weiß, dass sie alles Menschenmögliche tun würde, um ihren Sohn zu retten - notfalls würde sie auch an solch einer obszönen Sendung teilnehmen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich selbst daran teilgenommen hätte.Wie auch immer, ich hatte Glück, nach sechs Jahren Dialyse bekam ich in Boston eine Niere transplantiert. Es war die Niere einer Verstorbenen. Nach zwölf Jahren habe ich sie abgestoßen und brauchte eine neue Niere. Da lebte ich schon in Schweden. Man sollte denken, dass Schweden, ein hochentwickeltes, westliches Land mit exzellenter medizinischer Infrastruktur, mein Problem im Handumdrehen lösen sollte. Ich musste aber lernen, dass man dort vier bis fünf Jahre auf eine Niere warten muss. Nachdem ich schon einmal so lange Blutdialyse hatte machen müssen, war es nicht leicht für mich, damit wieder anzufangen. Aber ich hatte keine Wahl. So ertrug ich weitere vier Jahre Dialyse in Schweden - und nichts geschah.Ich hätte teilgenommenNochmal: Würde ich in einer solchen Situation an einer Sendung teilnehmen, die mir die 33-prozentige Chance auf eine Niere verspricht? Natürlich würde ich das. Und was ist mit der Unmenschlichkeit, der Demütigung und all diesen Sachen? Ja, stimmt, aber das ist eine andere Frage. Wenn du im Bett liegst und an eine Maschine gefesselt bist, die dein Blut durch zwei große, zwei sehr große Nadeln aus deinen Adern saugt und wäscht, dann hast du eine andere Perspektive auf Fragen wie die der Demütigung oder des moralischen Dilemmas. Ist Moral ein Luxus? Nein. Aber die ganze Sache ist viel komplizierter.Dann passierte etwa Außergewöhnliches, fast wie in einem Hollywood-Film. Da ich ermüdet war vom schwedischen System, in dem sich nichts bewegte, und ich mich so hoffnungslos fühlte wie seinerzeit in Jugoslawien, ließ ich mich auf eine amerikanische Liste setzen, diesmal im Rhode Island Hospital in Providence.





Der Anruf kam nach einem Jahr. Ein ungewöhnlicher Anruf: Mein Doktor sagte mir, ich hätte einen altruistischen, anonymen, lebenden Spender.Wie? Jemand mir Unbekanntes will seine Niere spenden, ohne dass er darum gebeten oder dafür bezahlt wird? Nicht nur, dass ich das nicht erwartet hätte, ich wusste nicht einmal, dass so etwas überhaupt geht. Wie auch immer, es ist Aufgabe der Doktoren zu entscheiden, wer von so einer Tat profitieren darf. Damals war das noch ein außergewöhnliches Ereignis, es gab in den USA gerade mal 300 Spender.Nach der erfolgreichen Operation fragte ich, ob ich meinen Spender kennenlernen dürfe. Eine junge, blasse, blonde Frau betrat mein Krankenzimmer und stellte sich vor: Christine Swenson, sagte sie nur. Krankenpflegerin in einem Altersheim, 37 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder. Wie verhalten Sie sich, wenn Ihnen ein Mensch gegenüber sitzt, dessen Niere Sie in Ihrem Körper haben? Wie bedanken Sie sich für ein solches Geschenk? Ich war sprachlos; dann habe ich geweint. Ich war überwältigt von dem Gefühl der Dankbarkeit für diese junge, mir unbekannte Frau, aber ich war auch verwirrt. Christine hatte kein Geld bekommen und auch sonst keinerlei Vergütung. Warum, so fragte ich mich, warum hat sie das getan, als ob die Antwort auf diese Frage irgendeine Relevanz gehabt hätte. Aber die hatte sie tatsächlich für mich, denn ohne ihre Gründe zu kennen, war es schwer für mich, diese extreme Geste reiner Güte zu akzeptieren.All das fiel mir wieder ein, als ich von dieser Reality-Show hörte, in der drei Patienten um ihr Leben kämpfen. Ich dachte nach über die Spenderin, diese sterbende, junge Frau, und über Christine. Ich war traurig und fragte mich, ob das nicht eine Profanisierung unserer menschlichen Fähigkeit ist, gut zu sein, großzügig, selbstlos? Ich kann gut verstehen, dass verzweifelte Patienten sich damit einverstanden erklären, in diese Arena zu steigen und den Kampf aufzunehmen - was haben sie schon zu verlieren? Ich kann mir auch vorstellen, dass eine Sterbende denkt, ihr Tod solle wenigstens einem guten Zweck dienen; sie muss nicht zwangsweise den Wunsch haben, Herrin über Tod oder Leben zu sein. Die Produzenten der Show haben ebenfalls eine plausible und vernünftige Erklärung: Sie wollen die Zuschauer daran erinnern, wie sehr die Leute leiden, die auf solchen Wartelisten stehen. Ein weiterer Beweggrund für sie, eine solche Show zu machen, obwohl sie so unmoralisch ist, war das Schicksal eines ihrer Kollegen, der starb, während er auf eine Niere wartete.Wie kommt es dann, dass ein Projekt, das so gut gemeint war, ethisch so verkehrt ist? Das liegt daran, dass es, trotz aller guter Intentionen, am Ende nichts ist als: Entertainment. Es ist abscheuerregend, dass schwere gesundheitliche Probleme und das Leiden lebender Personen in ein Spektakel verwandelt werden. Ein Spektakel, das ans alte Rom erinnert, ans Kolosseum, an Gladiatoren, Blut und einen Kampf auf Leben und Tod.Unentschuldbares ZuschauenDer Tod ist anscheinend das ultimative Spektakel, der Geruch des Blutes ist berauschend, und die Zuschauer dieser Sendung dürfen bei der Entscheidung nicht nur zuschauen, sie können sie sogar mitbeeinflussen (indem sie eine SMS an die Spenderin schicken). Das Adrenalin schießt hoch, parallel zur Einschaltquote. Aber während man die Motive aller Beteiligten zumindest nachvollziehen kann, haben die Zuschauer keine Entschuldigung dafür, dass sie sich das anschauen. Ist Voyeurismus Teil der menschlichen Natur? Werden wir als Nächstes eine öffentliche Hinrichtung zu sehen bekommen? Man macht es sich zu einfach, wenn man die Medien kritisiert. Wie wäre es damit, wenn wir uns zur Abwechslung selber fragen würden, warum wir so eine Sendung anschauen wollen?Die zentrale Frage ist, wie diesen Menschen geholfen werden kann. Es ist gut, wenn darauf aufmerksam gemacht wird, dass es nicht genug Spendernieren gibt. Aber nicht, indem man widerwärtige Spektakel aufzieht. In Spanien wäre eine solche Sendung nicht möglich, Spanien ist das Land mit den meisten Transplantationen in ganz Europa. Dort wird das Problem systematisch angegangen. Es gibt gute Gesetze und eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit, das medizinische Personal wird sehr gut geschult. Im restlichen Europa leben und sterben die Patienten zwischen Mitleid und moralischem Aufschrei, zwischen bürokratischer Trägheit und ihrer eigenen Passivität und Hilflosigkeit. Solange die Indifferenz regiert, werden sie sich in ihrer Verzweiflung auch am Rande des ethisch und juristisch Erlaubten bewegen und, wenn es sein muss, auch in solche Zirkusshows gehen. Als ich Christine fragte, was sie selbst davon habe, dass sie ihre Niere hergebe, sagte sie, sie sei sehr wohl dafür belohnt worden. Ihr Lohn sei das Wissen darum, jemandem dabei geholfen zu haben, zu überleben. Das sei keine Kleinigkeit. Wie viele Leute kriegen schon eine Bestätigung dafür im Leben, dass sie ein guter Mensch sind? Sie brachte mir auch bei, dass der Mensch, obwohl es so bedrückend viele Beweise für die gegenteilige Behauptung gibt, Gutes tun kann, wenn er die Möglichkeit dazu bekommt.Die Autorin lebt als Schriftstellerin und Journalistin in Kroatien und Schweden und arbeitet an einem Buch über Transplantationen. Im Juni erscheint bei Zsolnay ihr neuer Roman Frida‘‘.Deutsch von Alex Rühle
(SZ v. 1./2.6.2007)

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