THEMA:

Hi,
ich bin erleichtert, dass nun der Tiger Organspendeskandal als Bettvorleger gelandet ist.

Die Welt: Obwohl der frühere Leiter der Göttinger Transplantationsmedizin durch Manipulationen in das Verfahren zur Vergabe von Spender-Organen eingegriffen hat, wurde er im Transplantations-Prozess freigesprochen.

Jetzt zeigt sich eindeutig dass erst die Skandalisierung von Fehlern durch Staatsanwälte und Presse die ganze Misere des Organspendermangels hervorgerufen hat. In unserem Gesundheitswesen sind Fehler an der Tagesordnung. Wir Patienten kennen die Realität. Und an diesen Fehlern muss man arbeiten, um sie abzustellen. Aber doch nicht so.

Wie ist eure Meinung?

Hi grille,

das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Staatsanwalt will Rechtsmittel einlegen.

VG
Sabine

Der Freispruch ist in meinen Augen ein ganz schlimmes und völlig falsches Signal an die Bevölkerung.
Auch wenn das Urteil vielleicht rechtlich korrekt ist, so wird es für neues Vertrauen in die TX-Medizin NICHT förderlich sein.
Nun hat sich nämlich jede weitere gerichtliche Aufarbeitung der Skandale/Manipulationen erledigt - und das ist schlimm!

Auch ich hoffe auf die Revision, befürchte aber, es wird sich am Urteil nichts ändern...

Hi,
ich kann nicht glauben was ich da lese. - Das passende Urteil muss her? Wir brauchen ein Lynchopfer für die Beruhigung des Mobs, das durch die Skandalisierung verschreckt wurde?
Mittelalter lässt grüßen.

D.h. also, die Manipulation an sich ist kein Skandal? Nur die Medien sind schuld? Der Doc hat ja nichts getan?

Es ist klar, es wurde kranken Menschen geholfen, aber: andere Menschen, deren Arzt nicht manipuliert hat, sind ggf. auf der Warteliste gestorben, weil jemand anders kränker gemacht wurde.

Sorry, wenn ich hier ein wenig direkt werde: ein Gerichtsurteil, ob nun Strafzahlungen oder auch Gefängnis haben nichts mit Lynchjustiz oder Lynchopfer zu tun. Auch bei einer Verurteilung würde der Arzt wohl nicht durchs Dorf getrieben werden.

Wir als Nierenpatienten haben es halt doch noch sehr gut erwischt... wir können sehr lange ohne ein Spenderorgan leben. Dabei kann man manchmal vergessen, dass dies bei anderen Patienten nicht der Fall ist.

Just my 5 cent...

Liebe Grüße, Elena.

Hi,
kennst Du das genaue Ausmaß der Manipulation? Ich verlasse mich da lieber auf die Urteilsfähigkeit unserer Richter. Und Deine aufgeführten Argumente wurden idiesem Prozess untersucht.
Man hat in der Öffentlichkeit skandalisiert und sogar die Organhandel-Sau durchs Dorf getrieben, selbst Ärztekammer und DSO haben da mitgemacht, statt aufzuklären. Warum wohl?
Als ich auf die Warteliste kam wurde im Formular das Datum meiner Erstdialyse zu meinem Nachteil falsch eingetragen. War das Absicht? Zum Vorteil eines anderen Patienten? Wurde jemand dafür bezahlt? Ich hätte Strafanzeige wegen Manipulation und Verdacht auf Organhandel stellen sollen.

Organhandel-Sau

Grille,
dann lese Dir mal die Urteilsbegründung durch.
Er wurde deshalb freigesprochen, weil diese Manipulationen zum Zeitpunkt der Tat (noch) nicht strafbar waren. Es wurde wohl selbst vom Richter darauf hingewiesen, dass das trotzdem moralisch verwerflich war.

Eigentlich sollte man Dich ignorieren. Wenn man die Bürger, also potentielle Organspender, als Mob bezeichnet, fehlen mir einfach nur die Worte...

Dieses Urteil ist leider juristisch okay (was zu beweisen ist, die Staatsanwaltschaft will Berufung einlegen) und wirklich traurig sowie dem Vertrauen nicht dienlich. Aber so lange die Politik sich der Sache mit der Organverteilung nicht annimmt, sondern sie einem privaten Ärzteverein überlässt, wird das mangelnde Vertrauen in die Organspende in unserer Gesellschaft bleiben, denke ich. LG, Ulrike

Aber so lange die Politik sich der Sache mit der Organverteilung nicht annimmt, sondern sie einem privaten Ärzteverein überlässt, wird das mangelnde Vertrauen in die Organspende in unserer Gesellschaft bleiben, denke ich.

Genau so sehe ich das auch!

Selbst wenn sich das ändert kommt kein vertrauen.

Die Leute sind nur froh wenn sie sich aufregende können. Dumme Stammtisch Parolen schreien...

Es glauben doch echt Leute das ihnen nicht geholfen wird weil sie ein Organspende Ausweis haben. Um was es bei dem Skandal geht weiß doch kaum einer.

Auch, wenn im Netz aufgrund der Anonymität der Ton oft unerträglich geworden ist: Bitte nicht vor Wut alle in einen Topf schmeißen. Es gibt auch Leute, die sich echt Gedanken machen. Aber die haben auch Ängste. Und die Skandale schüren diese noch. Darum muss alles getan werden, damit Vertrauen wieder möglich wird. Vor allem muss offen über das Thema gesprochen werden können. Es muss auch Platz für die Bedenkenträger, Ängstlichen und Ablehner sein, auch wenn wir als Betroffene das nur schwer aushalten können. LG, Ulrike

Hallo Ulrike,

diese Ängste werden mir im realen Leben präsentiert. Und kaum einer davon hat die Artikel gelesen nur die Überschriften.

Hi,
ich möchte niemanden beleidigen, und schon gar nicht die edlen Spender die hier überall rumlaufen. Das mit dem Mob war eine stilistische Überhöhung, da ich von mittelalterlichen Verhältnissen sprach. Tut mir leid wenn sich jemand angespochen fühlte. Man hätte auch von Unterpriviligierten oder, wie bereits von anderen geschehen, vom Stammtisch sprechen können.

Ich denke auch ich bin im falschen Film. Ich komme aus dem Steuerrecht und wenn ich
dort manipuliere, weis ich sehr wohl wo ich lande. Wenn es um kostbares menschliches Leben geht
kann es ja nicht angehen, das Manipulation ein Hopala ist.

Ich denke dieses Urteil bliebe es so stehen, gibt den Ärzten das Signal macht nur was ihr wollt, ihr steht
unter Schutz - ob Manipulation, Lüge, oder Mord wenn man signalisiert ich wollte nur helfen ist man immer
fein raus.

Im Gegenteil ich denke sogar bleibt dieses Urteil so stehen, werden wir in Zukunft noch von schlimmeren
Berichten hören.

Hallo Grille,

ich möchte Dir auch nicht Deine Illusionen rauben, aber nur weil der Arzt frei gesprochen wurde
im Sinne des Gesetztes ist noch lange nicht alles Gut.

Das Problem ist, der Bereich Transplantation ist ein schlecht ausgearbeitetes Rechtsgebiet und nur
weil Richtlinien fehlen die ein Urteil begründen, heißt es noch lange nicht, das das was der Doc. tat in Orndung war. Es heißt vielmehr nur, das es bisher kein Gesetz gab somit auch keinen Verstoß.

Im Bereich Lebendspende ist es genau so. Das Transplantationsgesetz hält z.B. in § 16 die Ärztekammer an
Richtlinien zum Schutz des Lebendspenders zu entwickeln.

Da das Gremium der Ärztekammer aber aus Transplantationsmedizinern besteht haben die kein Interesse an Richtlinien zum Schutz des Lebendspenders, weil sie von diesen selbst eingeschränkt würden.

Somit steht hier z.B. die gesetzliche Möglichkeit Spender zu schützen aber keiner schreibt vor wie.
Auch im Bereich Lebendspende können daher Ärzte völlig frei machen was sie wollen. Es gibt weder Richtlinien
für die Voruntersuchungen (Evaluation) noch für die Nachsorge noch Meldepflichten noch sonst irgend etwas.
Somit macht sich auch keiner strafbar. Ähnlich kam es zu diesem Urteil.

Klar ist, dass solche Manipulationen jetzt unter Strafe stehen.

Was ich nicht verstehe:

Nach §19 TPG sind Manipulationen der Warteliste jetzt mit einer Freiheitsstraße bis max. 2 Jahren bedroht.
Urkundenfälschung nach § 267 StGB ist mit max. 10 Jahren Haft bedroht.
Betrug nach 263 StGB ist ebenfalls mit bis zu 10 Jahren Haft bedroht.

WARUM also bei Manipulation der Warteliste, wo es IMMER um die Lebenschancen von Menschen geht, nur max. 2 Jahre? Das versteht doch kein Mensch. Wo ist die Relation?

Warum klagt man den Arzt nicht wegen Urkundenfälschung oder Betrug an? Was sonst ist denn die Manipulation von Patientendaten, der Patientenakte und damit der Warteliste?

Was auch kein Mensch versteht, dass man sich in den Stiftungsrat der DSO nun 2 Patientenvertreter geholt hat – jedoch ohne Stimmrecht. WARUM?
Das konnte (oder wollte) mir auch von der DSO noch keiner erklären.

Es sind aber zwei gute Beispiele, dass die ganzen Änderungen im Organspendesystem nur halbherzig angegangen wurden. In Wirklichkeit will man doch eigentlich alles so lassen wie es ist.

Ich wette auch sofort, das wir in 2 Jahren KEIN Transplantationsregister haben werden (wie großspurig angekündigt), das diesen Name auch verdient.