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Sorgen, schlechte Werte 25 Apr 2003 15:44 #127496

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Eigentlich wollte ich es bei einem Eintrag in meinem privaten Seelen-Spiegel (User-Seite ...) belassen. Aber wenn man wie ich immer andere dazu auffordert, sich die Sorgen von der Seele zu reden, sollte man sich selbst nicht ausschliessen...

Die Situation bei meiner Mutter (63, 10 Jahre HD, vor ca. 1.5 Jahren 2. Transplantation) ist nicht überragend. Seit der missglückten Biopsie im Nov 02 (schwere Blutungen) hat sich der Blutdruck nicht mehr beruhigt, Obergrenze ist normalerweise so um die 190 (mit Medikamenten). Seit ca. 1 Monat hat sie zudem Kopfschmerzen, was dem Arzt Sorgen macht. Aber eigentlich haben die Kopfschmerzen nach einer grösseren Zahnbehandlung begonnen (Brücke). Könnte m.E. auch eine Verspannung sein - vielleicht würde eine Schulter-Nacken-Massage helfen. Jedenfalls war sie heute in der Kontrolle, das Kreatinin ist etwas gestiegen (von 294 auf 324), das Hg ist auf 14, d.h. sie muss vorläufig keine EPO-Spritzen mehr setzen, der Blutdruck zu hoch. Also keine dramatische Wende oder so. Der Arzt hat mit ihr aber verschiedene Möglichkeiten diskutiert, offensichtlich hat sie danach gefragt. Er hat u.a. das Wort Biopsie verwendet, worauf meine Mutter mal antwortete kommt nicht in Frage. Schon die letzte Biopsie wurde veranlasst, weil man eine kleine Abstossung nicht ausschliessen konnte. Danach wusste man leider dann doch nicht mehr. Er hat auch von Dialyse gesprochen (wohl aber eher als Antwort auf die Frage, was wenn die Niere abgestossen wird). Das löst natürlich Ängste und Zweifel aus. Kann sie es ihrem Mann zumuten, sie wieder 3x pro Woche an die Dialyse zu führen und abzuholen? Will sie das überhaupt nochmal beginnen? Eine erneute Transplantation - nachdem 2 misslungen sind bzw. sie zweimal eine schlechte Niere erhalten hat?
Was stimmt nicht mit der Niere? Es ist ja nicht so, dass die Niere immer schlechter arbeitet (was ich z.B. bei einer chronischen Abstossung erwarten würde). Sie arbeitet nur 20%, aber das ist seit der Transplantation so. Vielleicht bleibt das noch viele Jahre so. Es war sicher schlecht, dass man nach der letzten Biopsie notfallmässig Kontrastmittel einsetzen musste. Ich habe gelesen, dass es verhehrende Folgen haben kann, aber der Arzt sieht das nicht als Grund für die aktuellen Probleme. Ich hoffe, dass er mit dem heutigen Aufzählen der Möglichkeiten (Biopsie, Dialyse usw.) wirklich nur mal alles erwähnen wollte, was passieren KOENNTE und dass das nicht eine Prognose war. Er hat jetzt mal folgendes angeordnet: wieder 3 x Kortison-Infusion, heute Freitag, Montag und Mittwoch (das hat das letzte Mal das Kreatinin etwas runtergebracht). Wieder Versuch mit CellCept (CellCept zusätzlich zu Prograf). Ich habe gerade gelesen, dass man gegen Verdauungsprobleme wegen CellCept die Einnahme auf den ganzen Tag verteilen kann und es auch helfen kann, wenn man es während des Essens nimmt - natürlich nur mit Einverständnis des Arztes.

Trotz allem muss meine Mutter auf das Gute hoffen und muss, im Gegensatz zum Arzt, jetzt nicht an Worst-Case-Szenarien herumstudieren. Wie soll man anders damit umgehen...

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Re: Sorgen, schlechte Werte 28 Apr 2003 10:12 #127525

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Hallo Johanna, ich kann Deine Sorgen um Deine Mutter nur zu gut verstehen ! Wenn ich das so lese, dann denkt man doch eine Dialysebehandlung ist besser als eine TX, oder ? Meine Ma geht ja jetzt auch schon fast ein Jahr zur Dialyse, sie hat gute und schlechte Tage. Was Deine Mutter mitmacht ist sicherlich nicht leicht, ich kann mich gut an die Vor-Dialysezeit meiner Mutter erinnern, ständig die Angst wenn was zwickt, daß es die Nieren sind, vor jedem Arztbesuch die Frage, was machen die Werte, wieder schlechter? Das ist natürlich eine wahsinnige seelische Belastung, die kann deiner Mutter und dir auch keiner abnehmen. evtl. wäre eine psychotherapeutische Hilfe angebracht.
Was mich in deinem Schreiben irritiert ist die Frage, ob deine Mutter deinem Vater zumuten möchte sie 3x wöchentlich zur Dia zu führen und abzuholen. Man kann Deinen Vater dazu nicht verpflichten, denn er ist ja nicht nierenkrank. Es besteht doch die Möglichkeit, wenn sie nicht alleine gehen kann mit einem Krankentaxi zu fahren, das tut meine Ma auch. Du solltest dich bei der KK informieren.
Ich wünsche Dir und Deiner Mutter alles erdenklich gute ich drücke euch die Daumen
Susanne

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Re: Sorgen, schlechte Werte 28 Apr 2003 22:34 #127535

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Hallo Susanne,
hat Deine Mutter die Dialyse in so schlechter Erinnerung, daß es sofort ein worst-case-Denken wäre, sich mit der Möglichkeit auseinander zu setzen? Ich meine, daß eh überhaupt kein Mensch sicher sein kann, nie dialysepflichtig zu werden, das gilt für Gesunde wie für Transplantierte. Nur haben Transplantierte eine größere Wahrscheinlichkeit, irgendwann mal wieder zu dialysieren. Hat man Euch die TX fälschlicherweise als Heilung verkauft? Es ist eine andere Behandlungsform. Und ich glaube, daß es wichtig ist, Dialyse als gute Behandlungsmöglichkeit auf Zeit zu sehen, da das auch die Angst ums Transplantat mindern kann. Übrigens wären Herztxpatienten sicher sehr froh, so eine Möglichkeit zu haben, denn die chronische Abstoßungsgefahr ist meines Wissens noch nicht gebannt.
HD ist ja nicht unbedingt die einzige Möglichkeit.
Ich wünsche Euch Mut nach vorn zu sehen und Lebenswillen, der auch in Widrigkeiten nicht aufgibt.

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Re: Sorgen, schlechte Werte 29 Apr 2003 07:54 #127539

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Hallo Debi, ich glaube Du hast was falsch verstanden. Meine Mama macht Dialyse. Ich gab eben dies auch zu bedenken, daß ich aufgrund der Erfahrungen von Johannas Mutter eher für eine Dialysebehandlung bin als für eine Transplantation. Meine Mutter und ich haben auch schon über TX gesprochen aber sowohl ihr als auch mir scheinen die Risiken doch recht groß. Mit Dialyse leben, das kenne ich halt nur von meiner Mama, ich selber kann mir eigentlich kein Urteil erlauben, aber wie du schon sagst, Herzkranke wäre sicher froh, wenn es so eine Maschine auch für sie geben würde.
Gruß Susanne

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Re: Sorgen, schlechte Werte 29 Apr 2003 11:41 #127543

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Ja klar, sorry, ich meinte Johanna.

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Re: Sorgen, schlechte Werte 29 Apr 2003 16:30 #127552

  • johanna
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Liebe Susanne und Debi

Danke für Eure Beiträge! Ich stelle immer wieder fest, ich schreibe etwas . . . und müsste noch 1000 Worte hinzufügen, um zu präzisieren, wie ich es genau gemeint habe.

Ich glaube nicht, dass Transplantation besser oder schlechter als Dialyse ist, sondern ANDERS. Beides bedeutet Überleben, daran gibt es nichts zu rütteln und das weiss auch meine Mutter (der Vergleich mit Herz-/Lungen- und Leberpatienten ist ihr und unser Standardargument). Sie hat übers Wochenende mit meinem Vater und meinen Geschwistern und mir viel darüber gesprochen und ich hatte eigentlich das Gefühl, sie wollte von uns (wie eine Art Echo) ihre Meinung bestätigt hören: Ja, auch wir glauben nicht, dass sie aufgeben soll, d.h. nicht mehr an die Dialyse, d.h. sterben. Sondern, dass sie, wenn es soweit kommen sollte, wieder zurück an die Dialyse geht und sich auch überlegt, sich nochmals auf die Liste setzen zu lassen (weil sie Blutgruppe 0 hat, kann es jedoch wieder recht lange gehen).

Was ich als Unterschied TX-Dialyse ansehe:
Bei der Dialyse bewegt sich das Gefühlsleben eher ausgeglichen innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Es gibt nicht viele Tiefen, aber auch nicht viele Höhen, es gibt wenig Überraschungen, die Ereignisse sind ziemlich genau berechenbar, die Wochen sind streng strukturiert: Während dieser Zeit bin ich an der Dialyse, während der Zeit erhole ich mich und über die restliche Zeit kann ich insofern verfügen, als dass ich immer streng Diät halten muss und nicht gerade sehr leistungsfähig bin. Meine Mutter war 10 Jahre an der HD (andere Dialysearten kommen bei ihr nicht in Frage). Sie hat die Dialyse jeweils relativ gut ertragen (mit den üblichen gelegentlichen Blutdruckabfällen, undichten Stechstellen, techn. Problemen, Muskelkrämpfen, unzähligen verpassten Anlässen usw.), sie konnte die Diät einhalten, aber das ganze hat sie viel Kraft und Energie gekostet.

Bei einer Transplantation gibt es im Gefühlsleben viele Höhen (man kann seine Zeit wieder frei einteilen, Besuche machen, muss keine Diät mehr halten, hat mehr Energie usw.) aber auch viele Tiefen (starke Medikamente mit Nebenwirkungen, Überraschungen und die Angst davor - die erste Transplantation ging ziemlich schief, meine Mutter ist damals fast gestorben, die zweite Niere hat auch ziemliche Macken und schon einige angstvolle Zeiten verursacht).

Sowohl Dialyse als auch Transplantiert-sein ist auf die Dauer zermürbend, vielleicht nicht bei allen gleich stark, aber ich glaube, je älter der Mensch wird, desto schwerer fällt es, das Kinn immer oben zu halten. Meine Eltern, sie ist 63, er ist 76, hatten es nicht gerade leicht im Leben, aber mit vereinten Kräften haben sie es immer geschafft. Für meinen Vater, der an schwerem Bronchialasthma leidet, ist es selbstverständlich, dass er sie zur Dialyse fährt, weil er sie so unterstützen kann (übers letzte Wochenende haben wir aber auch über alternative Möglichkeiten gesprochen, die meinen Vater entlasten könnten, wenn es nötig sein sollte).

Worst-case-Szenario: Für meine Mutter ist es schlimm, wieder zurück an die Dialyse zu müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für jemanden anders nicht ein Schock ist, wenn das Transplantat verloren geht. Zudem ist eine Abstossung ist nicht ohne Risiko, die Entfernung des Transplantats bedeutet eine Operation mehr, die erste Dialyse nach der Entfernung geht auch nicht ohne Dramatik vor sich. Das hatte meine Mutter alles schon mal. Zweifellos, an die Dialysezeit selbst wird sie sich wieder gewöhnen und ihr Leben drumherum arrangieren.

Psychotherapeutische Hilfe: Bis jetzt ging es fast ohne. Während des Krankenhausaufenthaltes nach der 2. Transplantation wurde sie psychotherapeutisch betreut, das gehörte zur Nachsorge. Eine regelmässige Therapie möchte sie nicht. Es ist schwer zu sagen, ob es ihr eine Hilfe sein würde, weil der Erfolg stark von der Einstellung zur Therapie abhängt. Seit einigen Monaten bekommt sie ein Antidepressivum, welches ihr, wie sie selbst feststellt, einiges hilft. Wir versuchen in der Familie auch, einander gegenseitig zu helfen, Probleme nicht zu verstecken, sondern auszusprechen, was einem bewegt. Reden, reden, reden ... unsere Familie besteht jedoch nicht gerade aus extrovertierten Mitgliedern und das Gespräch in Gang zu bringen/zu halten ist oft gar nicht so einfach, es kann auch recht belastend sein ist auch nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Ein endloses Thema... :))

Eine kleine Korrektur noch zu meinem ersten Beitrag: meine Mutter bekommt nicht wieder Cellcept zu Prograf sondern Myfortic.

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Re: Sorgen, schlechte Werte 29 Apr 2003 17:29 #127555

  • Gerd
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on 29. Apr 2003 16:30 johanna wrote:

> Ich glaube nicht, dass Transplantation besser oder schlechter als Dialyse ist,
> sondern ANDERS.....
> Was ich als Unterschied TX-Dialyse ansehe:
> Bei der Dialyse bewegt sich das Gefühlsleben eher ausgeglichen innerhalb einer
> bestimmten Bandbreite. Es gibt nicht viele Tiefen, aber auch nicht viele Höhen, es
> gibt wenig Überraschungen, die Ereignisse sind ziemlich genau berechenbar, die Wochen
> sind streng strukturiert: Während dieser Zeit bin ich an der Dialyse, während der
> Zeit erhole ich mich und über die restliche Zeit kann ich insofern verfügen, als dass
> ich immer streng Diät halten muss und nicht gerade sehr leistungsfähig bin. ...

> Bei einer Transplantation gibt es im Gefühlsleben viele Höhen (man kann seine Zeit
> wieder frei einteilen, Besuche machen, muss keine Diät mehr halten, hat mehr Energie
> usw.) aber auch viele Tiefen (starke Medikamente mit Nebenwirkungen, Überraschungen
> und die Angst davor....

> Sowohl Dialyse als auch Transplantiert-sein ist auf die Dauer zermürbend, vielleicht
> nicht bei allen gleich stark....

Hallo Johanna,
Ich geb dir bei deinen Ausführungen vollkommen recht, Johanna. Ich erinnere mich noch recht gut an mein erstes Jahr NACH der Transplantation: Ich bin schier gestorben vor Angst, daß die Niere ihren Geist aufgibt...

Das ist nun schon 8 Jahre zurück - aber ich werd das nie vergessen. Selbst meinem schlimmsten Feind hätte ich solche psychischen Höllenqualen nicht gewünscht, zumal bei mir bereits nach wenigen Wochen eine fürchterliche CMV-Infektion (Krankenhaus mit wochenlangem 40°-Fieber) dazukam, bei der alles am seidenen Faden hing....

Doch plötzlich war ich wieder normal - einfach so. Ich glaube, ich war nach diesem einen Jahr voll mit permanenter Angst einfach nur noch erschöpft und es war mir alles egal. Von diesem Augenblick ging es sonderbarerweise wieder bergauf, einfach so und ohne großes Zutun. Vielleicht so eine Art von Selbstschutz, habe ich später oft gedacht.

Insofern kann sich auch bei deiner Mutter noch manches überraschend ändern...
Viele Grüße,
Gerd

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Re: Sorgen, schlechte Werte 29 Apr 2003 21:40 #127570

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Liebe Johanna,
ich war, leider, vor ein paar Jahren öfter in der Kinderonkologie in Münster. Die Kinder, egal wie alt oder wie totkrank sie auch sind, kämpfen um ihr Leben wie die Stiere.
Als Dialysepatient hat man das in der Regel nicht mehr nötig. Denkt auch an die Kinder in der Kinderdialyse. Wir leben, und wir leben gar nicht so schlecht, verglichen mit den 3.-Welt-Dialysen, die teilweise katastrophal sind. Selbst in den USA ist die Sterblichkeitsrate bei Diapatienten um 40% höher, aufgrund unzureichender Dialysen, als bei uns.
Es gibt hier im Forum zudem auch professionelle Hilfe für solche Probleme. Ich drücke euch die Daumen, auf dass es bald wieder aufwärts geht.
chrisi

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