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Frustabbau und Angst 03 Apr 2008 10:49 #142220

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Liebe User,

bitte verzeiht vorab, dass ich heute mal hier Luft ablassen muß, auch wenn es nur ganz entfernt mit Dialyse oder/und unseren Krankheitsbildern allgemein zu tun hat.

Es geht um meine Eigeninitiative in meinem Job. Wie die meisten ja wissen, bin ich selbständig. Und da muß man sich ja nun mal drehen, ob man will oder nicht. In der Vergangenheit habe ich das oft recht stiefmütterlich gehandhabt mit dem Marketing in jeglicher Form. Die Gründe waren vielfältig: Geldausgaben, immer die Frage, ob es was bringt, keine ehrlichen Resonanzen, und natürlich meine Dialyseeinschränkungen. Damit einher ging natürlich immer mein Bewußtsein, dass ich ja sowieso nicht so kann, wie ich möchte. Also warum dann investieren, wenn ich nicht alles im Job geben kann? Ich wollte doch nur leben, ganz normal, nicht abgehoben, schon gar nicht reich sein, einfach bloß über die Runden kommen. Und das war und ist auch heute nicht so einfach. Jetzt werden viele denken: Der ist doch Anwalt. Dem gehts doch gut. Ich kann nur sagen, ich weiß oft am Ende des Monats nicht, wie es weiter geht. Schulden möchte ich auch nicht unnötig machen. Trotzdem bin ich zufrieden. Ich weiß, was ich für wertvolle Geschenke bekommen habe und dass es im Leben ganz wesentlich auf anderes ankommt und bin mit bewußt, dass alles, was ich jetzt erlebe, zeitlich begrenztes Glück ist, das irgendwann wieder zur Dialyse führt. Damit will ich nicht sagen, dass man an der Dialyse kein glückliches Leben führen kann. Es ist aber eben anders und hat andere Prioritäten, gezwungenermaßen.

Nun, nach der PNTX habe ich immer öfter und stärker das Gefühl, dass mir meine geschenkte Lebenszeit davonläuft und ich sie nicht voll ausnutzen kann. Ich will die Uhr anhalten und den Ist-Zustand für immer bewahren. Ich weiß sehr wohl um die Illusion dieses Gedankens, handele aber, als wäre morgen keine Zeit mehr dazu. Das heißt, ich bin voll engagiert im Job, mache Marketing mit viel Freude, engagiere mich in einer Selbsthilfegruppe unsere Dialysepatienten, bin Vorsitzender des Schachvereins, im Skatclub tätig, erschließe mir neue Einnahmequellen, mache Dinge, die ich vorher mir selbst nie zugetraut hätte.....

Und es kommt nichts zurück! Mandanten kommen nicht, mein eigener Vater kritisiert meine Marketingmaßnahmen als nicht passend. Das hat den Hintergrund, dass ich kostenlose Marketingprodukte von Druckereien bestellt habe, die ihm nicht gefallen und auch sonst nicht in das äußere Erscheinungsbild meiner Kanzlei (LOGO etc.pp) passen. Seine Worte: Das hätte ich Dir auch machen können, aber viel besser. Vorher hat er stets kritisiert, dass ich nichts fürs Geschäft tue und nur abwarte und rumsitze. Jetzt mache ich was, und zwar, ohne von ihm oder einem Dritten angeschubst werden zu müssen, und es ist auch nicht richtig. Wie gern würde ich jetzt zu meiner Frau gehen und mich ausheulen. Aber die gibts ja auch nicht! Obwohl ich da auch schon seit ca. 4 Wochen intensiv daran arbeite (Internet-Partnerbörse etc.pp.) und mir schon viel viel länger darüber Gedanken mache, wie ich eine Frau finden könnte. Auch daran wird rumgenörgelt: Ich solle mir doch endlich eine Frau suchen! Klasse, oder? Als wenn das so einfach wäre!

Mir macht das neue Leben ja auch super Spaß, nur es wird nicht honoriert, weder finanziell noch seelisch. Ich habe die Schn...so voll manchmal, würde alles hinschmeißen. Ich denke oft, vor nicht einmal 1 Jahr, da haben wir alle an anderes gedacht, hatten Angst um das blanke Leben. Es waren die existenziellen kleinen Dinge, die wichtig waren. Wie kann mein Vater das so schnell verdrängen? Ich will nicht unterstellen, dass man so etwas vergessen kann. Aber weiß er nicht, dass das jetzt alles die Zugabe ist? Für ihn normal, aber für mich?

In solchen Momenten muß ich dann auf DO gehen, um mich abzulenken und weil ich mich hier auch sehr wohl fühle. Dann lese ich so viele traurige Berichte, die sich um Probleme drehen, die ich auch mal hatte, Geschichten von Dialyseproblemen, Essen und Trinken, na ja, Ihr wißt schon!

Aber wie soll ein gesunder Mensch dann nachempfinden, wie es in mir aussieht? Auch jetzt noch. Kann man verdrängen, dass das JETZT eine Momentaufnahme ist, eine Zeitschleife, die irgendwann platzt und die Realität öffnet? Versteht bitte, es geht nicht darum, in Lithargie zu versinken.

Aber man braucht doch die Achtung, die Anerkennung, mal ein Lob, oder? Und das kommt nicht rüber.

Na ja, jedenfalls werde ich mir nicht vorwerfen können, nicht alles in meiner Macht stehende getan zu haben, um die mir geschenkte Lebenszeit optimal zu nutzen. Denn auch davor habe ich Angst, dass ich irgendwann rückblickend sagen muß, dass ich mehr hätte tun können. Was wollte ich nicht alles tun, mein Gott! Die Welt umarmen, um es auf den Punkt zu bringen. Ich kann nur einen kleinen Teil tun, aber das ganz intensiv und bewußt. Doch wo ist das Feedback?

Ich danke Euch für Eure Geduld und das Ertragen meines Jammerns


Björn, das beuteltier.

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Re: Frustabbau und Angst 03 Apr 2008 11:29 #142221

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Hallo Björn

Als erstes mußt Du Dich davon lösen ,darauf zu warten, daß Du gelobt wirst.
Aus eigener ERfahrung kann ich Dir sagen, das kommt nicht.
Bei mir war es meine Mutter. für die ich immer noch mehr noch besser und noch schneller usw wurde und die das nie anerkannt hat, im Gegenteil.
Mach das was für Dich wichitg und richtig ist und mach Dich von der Erwartungshaltung dafür ein Feedback zu bekommen frei, Du wirst sehen dadurch gewinnst Du mehr Selbstvertrauen und dann kommt das Feedback von außen von selbst.

GEnieß den Augenblick, mehr kannst Du sowieso nicht tun, dann kannst Du auf jeden Fall Dir später nichts vorwerfen.

viel Erfolg

Bina

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Re: Frustabbau und Angst 03 Apr 2008 11:58 #142222

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Hallo Björn,

auch wenn es mir selber nicht so geht wie Dir, habe ich Deine Zeilen mit großer Bewegung (und Dankbarkeit) gelesen. Tatsächlich wäre es natürlich am schönsten, man könnte Dir sagen, Das tust Du alles für Dich, scheiß drauf was andere sagen. Aber wir wissen beide, dass es so einfach nicht ist. Auf Anerkennung hoffen wir alle - insbesondere von den Menschen, die wir lieben und von denen wir wieder geliebt werden wollen.

Ich habe im Gegensatz zu Dir das Glück nicht freiberuflich sondern angestellt zu arbeiten, sodass ich in ein Team eingebunden bin, Kontakt mit Kollegen habe und viel positive Rückmeldung auf der Arbeit bekomme.

Ähnlich wie Du arbeite ich mit Klienten, die zum Teil erhebliche Probleme haben und deren Lebensschicksale einen sehr bewegen können (Was mir immer wieder klar macht, wie gut ich es trotz Dialyse und TX habe, aber das ist ein anderes Thema.). Und wie Du mache ich die Erfahrung, dass einige/viele einem das Engagement nicht danken, Vereinbarungen nicht einhalten und mir meine Arbeit unnötig schwer machen. Zum Glück gibt es die anderen, die mich spüren lassen, dass meine Arbeit wertvoll ist. Ich hoffe und wünsche Dir, dass du von der zweiten Sorte auch ein paar hast.

Zum Thema Frau: Ich hatte die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben oder besser ich war ohne den Wunsch nach einer Partnerin glücklich. (Deswegen schreibe ich auf meiner Userseite ich wäre ein typischer Single gewesen.) Und ich habe dann ohne Suche eine gefunden. Ich könnte jetzt mit einem Augenzwinkern sagen: „Weil ich halt ein liebenswerter Mensch bin.“ Ich kenne Dich nur von hier (Zu den Usertreffen habe ich es irgendwie nie geschafft.), aber ich glaube auch Du bist ein liebenswerter Mensch, also solltest auch Du jemanden finden können. Geh es entspannt an, wenn Du kannst.

Als letztes zu Deinem Vater, der Dir offensichtlich wichtig ist. Auch ich habe mit meinem Vater so manchen Strauß ausgefochten (ältester Sohn halt), obwohl er letztendlich immer hinter mir gestanden hat. Und auch ich bekomme heute immer noch zu hören, was er anders oder besser machen würde und wo ich “Fehler“ in meinem Leben mache. Ich habe in den letzten Jahren manches Mal sagen müssen, wenn mich das verletzt hat (und dabei auch manchmal überzogen). Das hat zu Tränen, Trauer und Wut auf beiden Seiten geführt und wir haben oft tagelang nicht miteinander geredet. Mittlerweile verstehen wir uns beide deshalb glaube ich besser und respektieren uns gegenseitig mehr als vorher. Ich kann seine RatSchläge etwas besser akzeptieren, weil ich mir sage, dass Liebe und Sorge ihn dazu treiben und er kann verstehen, wenn diese mich kränken und verletzten.

Lieber Björn,

zum Schluss, Du hast Recht so ganz wird uns ein Normal-Gesunder nie verstehen. Aber viele gaben sich Mühe und wir können ihnen dabei helfen.

Ich hoffe, dass Dein Kopf mit dem Frühling auch wieder höher und breiter (vom Lächeln) wird.

joe

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Re: Frustabbau und Angst 03 Apr 2008 15:11 #142223

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Hallo Björn,

ich stehe zwar auf der anderen Seite der Dialyse (Pflegekraft), kann aber deine Gedanken und Gefühle trotzdem nachvollziehen.
Ich habe tagtäglich mit Patienten zu tun die man nie zufriedenstellen kann, egal was man tut. Es kommt nie ein Lob oder ein Danke, immer nur Nörgelei und von der anderen Seite bekommt man dann noch von den Ärzten sein Fett weg. Höher, schneller, weiter, egal ob man noch kann oder nicht.
Die Familie fordert dann auch noch ihre Betreuung, man ist ja schliesslich Helferin mit Herz. Familie heisst bei mir allerdings auch nur Eltern, denn ich bin Single, genau wie du.
Als mein Körper dann anfing zu streiken habe ich eine Kur beantragt. Die 6 Wochen waren ganz erholsam, allerdings fällt man sehr schnell wieder in die Realität zurück. Vielleicht wäre das auch etwas für dich ? Ist natürlich wenn man selbständig ist nicht ganz so einfach...Was ich dort gelernt habe ist mich abzugrenzen und mein Leben so zu leben wie ich es für richtig halte ohne mich ständig von anderen verunsichern zu lassen und mich erklären zu müssen. Gerade auch was den fehlenden Partner angeht ;-)
Wünsche dir auf jeden Fall weiter viel Spass hier und toi, toi, toi für P und N !

LG
Bluestar

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Re: Frustabbau und Angst 03 Apr 2008 15:52 #142224

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Lebe im Heute möchte ich dir auf den Weg geben.Setze dich hin und nimm einen Zettel, schreibe im Kopf: Wichtig für mich-Unwichtig für mich-
und fülle diese Spalten aus.Du wirst sehen da kommt für dich jede Menge gutes raus.Nimm das Gute und laß es deinen Tag ausfüllen, dann hat das Unwichtige(für dein Wohlbefinden)wenig Platz in deinem Lebenund du wirst zufriedener werden.Schwimm dich frei von deinem Vater, jeder lebt sein Leben und hat das Recht auf eigene Fehler.Ich drücke dir die Daumen für den Freischwimmversuch.Mit vielen Grüßen Petra

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Hi :)