THEMA:

Hallo Alle,

als Prädialyser mit noch, wahrscheinlich und hoffentlich, etwas Schonfrist treibt mich doch die Frage um, wie es Beruflich weitergehen kann.
Ich bin knapp 50, Voll berufstätig in einem Job der körperlich sehr anstrengend ist. Diesen verliere ich auf jedenfall und ein anderer ist in meiner Firma nicht zu bekommen.

Einen Neuen werde ich auch nicht bekommen, eine Umschulung mit Anfang 50 ist auch selten und selbst wenn wäre ich danach wieder am Anfang dieses Satzes.

Das Zeug, Wissen und Können und die tolle Geschäftsidee zum Selbstständig machen habe ich auch nicht.

Darum hier meine Frage:

Kann ich nach langer Krankschreibung zwangsweise von der KK zum EU Rentenantrag gezwungen werden?
Was ist, wenn dieser nicht durchkommt?
Kann es passieren, das ich nach der Krankschreibung und abgelehnter EU Rente ALG 1 und dann Harz 4 bekomme.
Hat die Auswahl des Dialyseverfahrens eine Auswirkung auf die Möglichkeit EU Rente zu bekommen?

Ich gehe mal davon aus, dass ich eine normale HD machen kann ohne weiter Beschwerden und Vorerkrankungen. (außer einem Herzinfarkt).
Damit bin ich doch Arbeitsfähig! Aber habe doch kaum Chancen auf dem 1. Arbeitsmarkt. Eine EU wäre von der Höhe her, nicht prickelnd, brächte aber Sicherheit.
Hoffe, dass ich meine Fragen doch etwas klar heraus bekommen habe.

Danke

GerdGerd

Hallo GerdGerd,

Deine Situation könnte wirklich sehr kompliziert werden, aber es gibt durchaus Möglichkeiten, lange - vielleicht lange genug - um ALG II herum zu kommen.

Zu Deinen Fragen:

> Darum hier meine Frage:
>
> Kann ich nach langer Krankschreibung zwangsweise von der KK zum
> EU Rentenantrag gezwungen werden?

Nach § 51 SGB V kann Dich die Krankenkasse zu einem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vulgo: berufliche Rehabilitation) zwingen.
Link
Sie kann Dich, wenn Du nicht im Ausland lebst, nicht zum EU-Rentenantrag zwingen. Allerdings kann ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in einen Rentenantrag umgedeutet werden, wenn sich heraus stellt, dass Du erwerbsunfähig bist, aber dann hast Du die Rente ja sicher. Nur zur Altersrente kann man Dich zwingen, wenn Du die Voraussetzungen erfüllst.

> Was ist, wenn dieser nicht durchkommt?

Dann (Wenn ein EU-Rentenantrag scheitert) droht musst Du einen Job finden oder es droht ALG I-ALG II.

> Kann es passieren, das ich nach der Krankschreibung und
> abgelehnter EU Rente ALG 1 und dann Harz 4 bekomme.

Ja wenn auch alle anderen Hilfsmaßnahmen versagen. Aber bedenke, dass, wenn Du über 50 bist, Du zunächst länger ALG I bekommst als Jüngere. Außerdem kannst Du versuchen, die Zeit zusätzlich zu strecken, indem Du einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben stellst. Eine Umschulung würde Dir tatsächlich niemand (mehr) bezahlen, aber unter Umständen eine Teilfeldqualifizierung. Während dieser beziehst Du Unterhaltsleistungen und Dein ALG I-Anspruch bleibt erhalten.

> Hat die Auswahl des Dialyseverfahrens eine Auswirkung auf die
> Möglichkeit EU Rente zu bekommen?

Meines Wissens nicht.

> Ich gehe mal davon aus, dass ich eine normale HD machen kann
> ohne weiter Beschwerden und Vorerkrankungen. (außer einem
> Herzinfarkt).
> Damit bin ich doch Arbeitsfähig! Aber habe doch kaum Chancen
> auf dem 1. Arbeitsmarkt. Eine EU wäre von der Höhe her, nicht
> prickelnd, brächte aber Sicherheit.
> Hoffe, dass ich meine Fragen doch etwas klar heraus bekommen
> habe.

1) Du solltest Dich gut und in Ruhe informieren und einen Alternativplan entwerfen. Wenn ich Dich richtig interpretiere, hast Du ja noch Zeit.
2) Überleg Dir eine Rechtsschutzversicherung mit Arbeits- und Sozialversicherungs-Recht abzuschließen. Es könnte sein, dass Du Leistungen mit Sozialgerichtsverfahren durchboxen musst (oder zumindest gute Beratung brauchst). Eine solche Versicherung kostet mich z.B. derzeit nur etwas über 200 €/Jahr.
3) Wenn Du noch in der Prädialysephase eine Job in einer größeren Firma finden kannst, in der Kündigungsschutz gilt und alternative (leidensgerechte) Jobs zur Verfügung stehen, solltest Du diese Möglichhkeit prüfen.
Disclaimer: Alle Tips beruhen auf Deinen Angaben und meiner Einschätzung Deiner Situation. Überlegen und prüfen musst Du selber.

Ich arbeite seit einigen Jahren im Bereich der Beruflichen Rehabilitation und im Bereich des SGB II (umgangssprachlich: Harzt IV) und kenne mich daher ein bisschen aus. Du kannst mich auch gerne kontaktieren, wenn Du Einzelheiten genauer nachfragen willst.

> Danke

HTH

joe

Hallo Joe,

und Danke für deine Übersichtliche und kompetente Hilfe.

Eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen ist das erste was ich machen werde.

In eine größere Firma zu wechseln ist nicht so einfach.

Je mehr ich lese und mich verrückt mache so klarer wird mir auch, dass ich bestimmte Sachen auch auf mich zukommen lassen sollte.

Wenn alle Stricke reißen, kann ich auch mit Teil EU oder EU leben.

:-(

Gruß und Dank
bis später

Gerald

Sag hast Du eigentlich schon einen Schwerbehindertenausweis beantragt?

Hallo elvi,

nein, ich glaube dazu sind meine Werte und mein Wohlbefinden noch zu gut.

Creatinin: 160 umol/L (1,808mg/dl)
Harnstoff: 8,5 mmol/L

Außerdem habe ich schon mal miterlebt, wie mein Chef einen Kollegen betriebsbedingt kündigte, der nur eine sgn. Gleichstellung beantragt hat.

Ich glaube darauf will ich es nicht ankommen lassen, solange es noch geht.

Gruß

Gerald

Halo Gerd,

GerdGerd schrieb:
> Außerdem habe ich schon mal miterlebt, wie mein Chef einen
> Kollegen betriebsbedingt kündigte, der nur eine sgn.
> Gleichstellung beantragt hat.
>
> Ich glaube darauf will ich es nicht ankommen lassen, solange es
> noch geht.

Wenn ich das schon lese, hoffe ich, Du hast mittlerweile die Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Du genießt im übrigen die Schutzrechte des Schwerbehinderten ab Antragsstellung (natürlich nur, wenn dem Antrag stattgegeben wird). Außerdem woher sollte Dein Chef erfahren, dass Du einen Antrag gestellt hast.

Im Übrigen vermute ich sehr, dass Du mit einer KHK, Z.n. Herzinfarkt und einer chronischen Nierenerkrankung mindestens auf GdB 50 kommen müsstest.

Wie groß ist eigentlich Deine Firma? Laut Kündigungsschutzgesetz ist bei einer betriebsbedingten Kündigung eine soziale Auswahl zu treffen, bei der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung der in Betracht kommenden Personen nicht ausreichend berücksichtigt wurden, nicht rechtens und kann dementsprechend vor dem Arbeitsgericht angefochten werden. Lernt man sowas heute nicht mehr in der Ausbildung?

Gruß

joe

Meines Wissen kann man den Rechtsschutz in Sozialfragen billiger über den VdK bekommen. Die helfen den Mitgliedern sofort (5 Euro pro Monat). Bei Rechtschutzversicherungen ist bei vielen Sachen eine Wartezeit gegeben. Einiges ist auch von der RS ausgeschlossen.
Gruss
Kaimana

Hallo GerdGerd
Ich halte es auch für wichtig eine Schwerbehinderung zu beantragen.
Im Netz findest du unter GdB MdE-Werte eine Richtlinie. Ich wurde als schwerbehiundert eingestuft durch eine chron. Nierenerkrankung mit Immunsuppression! Müsste bei Dir auch klappen.
Nimm Kontakt mit dem Integrationsamt auf . Dieses prüft ob Dein Arbeitsplatz erhalten werden kann und der Arbeitgeber einen Ausgleich bekommt.
Das wär die eleganteste Lösung. Weil ich Deine Bedenken teile hinsichtlich der Vermittlung auf dem Allg. Arbeitsmarkt.
Machs gut. Ob eine Rechtschutzversicherung Sinn macht ist die Frage. Widerspruch und Klage kannst Du beim SG bzw. bei den Behörden selbst einlegen . Kostet nichts und wenn Du Dich selbst schlau machst brauchst Du keinen Rechtsanwalt. Du kannst Dich auch hier im Forum gut informieren. Was aber natüulich keine Rechtsberatung ist.
Gruß pluri

Der vdk berät doch nur, oder?

Außerdem beträgt die Wartezeit bei einer Rechtsschutzversicherung nur 3 Monate. Was ausgeschlossen ist, hängt eben vom Vertrag ab. Wie gesagt, ich zahle für einen Vertrag mit allgemeinem Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs-, Verkehrs- und Sozialrecht etwas über 200 € im Jahr. das erscheint mir nicht sehr viel.

Gruß

joe

Der VdK vermittelt erfahrene RAe damit man auch in Sozialrechtlichen Fragen gut vertreten ist. Wenn ein RA nicht erforderlich ist, vertreten die einen. Ich habe als es wegen meiner anderen Krankheit ging, gute Erfahrungen gemacht und das bei jetzt 5 Euro im Monat. Kosten sind mir keine entstanden. Der VdK ist oft erfolgreicher als ein RA, der selten Sozialrecht macht.
Gruss
Kaimana

Hallo alle,

nun meine Firma besteht aus 3 Mann. Wenn da der einzige, der körperlich arbeitet und den Laden Körperlich am laufen hält auf einmal einen besonderen Kündigungsschutz hat und dann die Plackerei nicht mehr schaft, dann hat die kleine Firma ein echtes Problem.

Ich habe mir eure Anregung zu Herzen genommen und ein offenes Gespräch mit meinem Chef (und zum Glück auch Freund) geführt. So lange ich es kann, mache ich meine Arbeit. Ausfallzeiten sind o.K. - ein Kollege springt ein. Den Ausweis werde ich beantragen, wenn es nicht mehr so richtig geht. Dann werde ich auch mit einem Kollegen den Job tauschen und in den Verkaufsinnendienst gehen.

Gerald

Du musst ja nicht den Ausweis deinem Chef vorlegen, aber bedanke, wenn Du mehr als 50% hast, sparst Du auch schon mal Steuern und es wird auch die Kündigung erschwert.
kaimana