THEMA:

Hallo,
ich mache zur Zeit ein Praktikum und möchte mich am Ende bei dem Unternehmen um eine Stelle bewerben. Ich bin Ende 20, noch Student und es handelt sich um ein mittelständisches Unternehmen. Noch ahnt dort niemand, dass ich Dialysepatient bin, da ich Nachtdialyse mache und wie alle anderen von 8-16 Uhr arbeite.

Nun weiß ich nicht, ob und wann ich von meiner Schwerbehinderung/Dialysepflicht erzählen soll. Muss ich das überhaupt?

Angenommen es kommt zum Bewerbungsgespräch. Muss bzw. soll ich auf nachfragen des Personalleiters die Dialysepflicht nennen oder lieber nicht? Reicht es zu sagen, dass ich 100% habe oder muss ich die Dialyse erwähnen?

Angenommen er fragt mich gar nicht danach. Was soll ich dann machen? Muss ich was sagen? Soll ich was was sagen?

Was wäre, wenn ich gar keinen Schwerbehindertenausweis, trotz Dialyse hätte? Wie sieht es dann aus?

Ich weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll.

danke
Seyn

Hallo Seyn,

ich habe das immer so gemacht: An den Ende des lebenslaufes eine Bemerkung, dass 100% SB wegen Dialyse, aber in diesem Beruf voll erbeitsfähig.
Meist beim VG stellte ich fest, dass bis dahin die meisten gar nicht gelesen hatten. Ich habe immer den Verlauf des VGs abgewartet und wenn die Tendenz positiv war, beides erwähnt mit der Betonung, dass ich in der entsprechenden Az und auch bzgl. der Aufgabe dadurch nicht beeinträchtigt bin.
Letzendelich müßtest Du sonst da arbeiten und die gesamte Dia verbergen, ds wird auf Dauer schwierig.

Viele liebe Grüße
Hati

Ich bin ja nun 100% schwerbehindert, arbeite aber wie ein normaler Angestellter auch. Ist das für den Arbeitsgeber nun ein Vor- oder Nachteil?

Soweit ich weiß bekomme ich extra Urlaubstage und einen besseren Kündigungsschutz, der Arbeitgeber aber Geld von Staat und der muss eine Behinderten-Quote erfüllen, sonst muss der zahlen. Gleicht sich das in etwa aus? Was für Auswirkungen hat die Schwerbehinderung sonst noch?

HI Seyn, Du hast als Schwerbehinderter mehr Urlaub , darfst nur nach Rücksprache mit dem Versorgungsamt gekündigt werden, außer Dir kann man irgendwelche betrieblich schädigenden Vorkommnisse nachweisen. Dann hast Du noch einen steuerlichen Abzug pro Jahr. Außerdem kann man bei städtischen oder staatlichen Veranstaltungen Nachlässe bekommen wie auch bei Zoobesuchen oder Museumsbesuchen, etc.

Der Arbeitgeber bekommt bei Einstellung eines Schwerb. keinerlei Vergünstigungen, nur müssen Betriebe ab einer gewissen Anzahl von Betriebsangehörigen bei Nichteinstellung von Schwerb. eine Abgabe bezahlen. Ich hoffe nichts vergessen zu haben, schönen Abend, Albertine

Freibeitrag auf Deiner Lohnsteuerkarte

albertine schrieb:

> Der Arbeitgeber bekommt bei Einstellung eines Schwerb.
> keinerlei Vergünstigungen, ...

Diese Aussage ist in ihrer Pauschalität falsch. Wenn der AG jemand aus der Arbeitslosigkeit einstellt, kann es sein, dass das Integrationsamt bis zu 2 Jahre einen Lohnkostenzuschuss zahlt. Außerdem kann es - bei Erfordernis - einen Beitrag zur Arbeitsplatzausstattung geben.

Zu Deiner Ursprungsfrage:

Da Du ja anscheinend schon ein längeres Praktikum absolviert hast und Deine Leistungsfähigkeit schon nachgewiesen hast, würde ich bereits in der schriftlichen Bewerbung relativ offensiv mit meiner Erkrankung und meiner Schwerbehinderung umgehen. Da Du schreibst, es handele sich um ein mittelständisches Unternehmen, kann es gut sein, dass dieses bereits eine Schwerbehindertenquote erfüllen muss. Auch sollte es ab einer bestimmten Größe (Sorry, bin gerade zu faul zum recherchieren.) eine Schwerbehindertenvertretung geben, an die Du Dich wenden kannst. Dies alles in Kombination mit eventuellen Zuschüssen - frag beim Integrationsamt, ob solche auch bei der beruflichen Erstintegration nach Studium gewährt werden können und in welcher Höhe - sollte Dir unter Umständen einen echten Konkurrenzvorteil verschaffen.

Einschränkung: Wie jeder Tipp im Internet kann auch dieser völlig falsch sein. Wenn z.B. Dein mittelständisches Unternehmen ein inhabergeführtes solches ist und dieser Dir übel nimmt, dass Du nicht bereits bei der Bewerbung um den Praktikumsplatz die Wahrheit gesagt hast, bist Du natürlich unten durch. Die Unternehmenskultur kennst von uns nur Du. Also finde heraus wie man zu Krankheit und Behinderung steht und entscheide dann.
Zur rechtlichen Lage: Diese ist seit dem AGG umstritten. Die meisten sind der Ansicht, man müsse eine Schwerbehinderung nicht mehr angeben, wenn sie für die Arbeit nicht unmittelbar relevant ist. Ich persönlich würde mich nicht darauf verlassen und habe es auch immer für eine schlechte Basis für eine Arbeitsverhältnis gehalten, mit einer Lüge (durch Unterlassen) zu starten.

HTH
joe

Hallo Joe,
wir hatten einen Betrieb mit über 70 Angestellten und haben immer (freiwillig) Schwerbehinderte eingestellt, dabei aber keinerlei Zuschuß vom Arbeitsamt bekommen. Es handelte sich dabei die Leute, welche bereits in dem Beruf geareitet hatten. Nur wenn es ein Langzeitarbeitsloser war und er aus einem anderen Fachgebiet kam, daher eingearbeitet werden musste, gab es für 2 Jahre 50% des Gehaltes.
Kann natürlich sein, dass sich das nun geändert hat, was ja oft geschah, dann bitte ich um Nachsicht. Guten Abend Albertine

albertine schrieb:

> wir hatten einen Betrieb mit über 70 Angestellten und haben
> immer (freiwillig) Schwerbehinderte eingestellt, dabei aber
> keinerlei Zuschuß vom Arbeitsamt bekommen. Es handelte sich
> dabei die Leute, welche bereits in dem Beruf geareitet hatten.
> Nur wenn es ein Langzeitarbeitsloser war und er aus einem
> anderen Fachgebiet kam, daher eingearbeitet werden musste, gab
> es für 2 Jahre 50% des Gehaltes.

Das Arbeitsamt - heute richtiger: Agentur für Arbeit -ist eben nicht die einzige Stelle, die bei anerkannten Schwerbehinderten als Zuschussgeber in Betracht kommt. Das ist im Übrigen schon lange so und das habe ich auch erläutert.
Aus Neugier: Welche Tierärtzin hat 70 Angestellte? (Musst Du nicht beantworten.)

Gruß
joe

Das war der Familienbetrieb meines Mannes, sorry, Albertine

Hallo Ilona,

das hat mir die Dame von der Arbeitsagentur (die Schwerbehindertenbetreuerin) damals auch gesagt, daß der Arbeitgeber evtl. einen Zuschuß bekommen kann und man ihm somit die Bewerbung schmackhaft machen könnte.

LG
Sabine

Hallo Seyn,

ich weiß, dass es hier in Berlin mindestens 1 Arbeitsamt gibt mit einer extra Abteilung für Schwerbehinderte. Die kennen sich mit Sicherheit bei solchen Fragen aus. Vielleicht gibt es ja bei Dir auch diese Möglichkeit.
Bei der Gelegenheit fällt mir gerade auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) ein. Die haben bestimmt auch viel Ahnung.
oder das Versorgungsamt die haben auch viel Ahnung.

Limo