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Fahrtkosten nach NTx 27 Jan 2023 16:20 #521647

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Hallo an die Foristi,
welche Erfahrungen habt ihr nach der Transplantation bei der Kostenübernahme der Fahrten zu den Nachsorgeuntersuchungen in euren Tzentren d.d. Krankenkasse gemacht? Ich frage v. d. Hintergrund der Immunsuppression und Fahrten mit ÖpnV während der Hochphase von Corona. Hattet ihr auch deutlich mehr Angst davor, in Trams und Zügen zu sein?
Beste Grüße, Pitjes 
 

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Fahrtkosten nach NTx 28 Jan 2023 04:12 #521652

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Hallo Pitjes,
meine KK (tk) übernimmt keine Fahrtkosten zu den ambulanten Terminen der ntx-nachsoorge. Zu stationär Aufenthalt aber sehr wohl.
Gruß fritz
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Fahrtkosten nach NTx 28 Jan 2023 11:21 #521655

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Moin Fritz,
genau so habe ich es auch erleben müssen. Aaber: ich wurde 01/20 transplantiert, und exakt zu Corona Beginn entlassen. Du kannst dir denken, mit welchen Angstzuständen ich in Folge die ÖpnV benutzte, bei all den Maskenverweigerern zu der Zeit. Ein Gesetz im Sozialrecht besagt, (i. Kurzform) "die Kk muss alles tun, um die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung zu verhindern". Und die Chancen stehen nach wie vor sehr gut. Daraufhin habe ich die Kk verklagt, Ende offen. Ich bin fünfmal geimpft, auch mit dem angepassten Impfstoff, und trage weiterhin eine FFP 2 Maske. Bisher hatte ich weder eine Grippe noch Corona, was hoffentlich auch so bleibt. Ich habe eine Petition auf ePet.de verfasst, dass wir und Krebspatienten, also alle mit Immunsuppression, auf Kassenleistung zu den Nachsorgeuntersuchungen fahren können. Deutschlandgemäß dauert eine Gesetzesvorlage an.

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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 10:58 #521664

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Der Beitrag von Christian ist gelöscht worden wegen diskriminierender und rassistischer Äußerungen. Ulrike
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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 13:06 #521667

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Das war nicht das erste Mal.
Ich möchte so ein Gedankengut nicht hier im Forum haben. 
Ich distanziere mich von diesen Äußerungen und diesem User und werde von rechtlichen Schritten in Zukunft Gebrauch machen. 
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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 14:35 #521668

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Dauert nichtmehr lang bis ich mich von euch distanziere -_-

Und für jeden der mir sein Weltbild aufdrücken will: Ich hatte im Spital nach dem extubieren in einem 2er Zimmer mit einen coronakranken Rumänen im Zimmer gelegen, der kein Wort Deutsch konnte und für den ich auchnoch den Babysitter spielen durfte......mit inklusive beibringen wie der Lichtschalter funktioniert....ätzend.
....moral von der Geschichte, ich brauchte ein USB3-Kabel, er hatte eins, dann hab ichs ihm geklaut. Haha.

So hab das Thema jetzt entgültig übernommen, da können wir auch gleich über meine Spitals-Kleptomanie und mein Schatz-Sackerl reden.
Immer wenn ich im Spital bin, dann nehm ich mir ein großes Sackerl und fang an zu klauen. Vorallem die Zuckerl-Sackerl für den Tee und Kaffee und Marmeladen, das geht aber bis hin dazu, dass ich meine Tabletten oft nicht nehme und die auch klaue und zuhause aussortier was ich nehmen will......
Ist so ein Zwang Dinge in unmengen mitzunehmen die Gratis vorort verfügbar sind.....war bei den Plastik-Strohhalmen von McD früher viel am mitnehmen.....

lg
Chris

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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 14:53 #521669

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Christian, ES REICHT!!! Das interessiert hier niemanden. Dafür ist das Forum nicht gedacht. Hier geht es um Nierenerkrankungen und Selbsthilfe, nicht immer und stets um Deine Befindlichkeiten.

Und mit Deinen rechtsradikalen und fremdenfeindlichen Gedankengängen vergiftest Du das Forum. Es wäre am besten, wenn Du selber gehst.

 
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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 16:10 #521671

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Christian wurde gerade bis auf Weiteres gesperrt und wir hoffen, dass jetzt wieder etwas Ruhe einkehrt und wir uns auf wichtigere Themen konzentrieren können.

Liebe Grüsse
Die Moderatorinnen
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Fahrtkosten nach NTx 29 Jan 2023 20:12 #521675

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(Zitat)Dauert nichtmehr lang bis ich mich von euch distanziere(Zitatende)


Dann halte bitte das "nicht mehr lang" so kurz wie möglich. Servus!

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Fahrtkosten nach NTx 08 Feb 2023 19:35 #521774

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Ein Gesetz im Sozialrecht besagt, (i. Kurzform) "die Kk muss alles tun, um die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung zu verhindern".
 
In § 1 SGB V steht "Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern." Das nennen die Juristen eine Zielbestimmung oder deklaratorisch oder was sie sonst noch für Namen dafür haben. Daraus kann man keine Rechte ableiten.

Schon in § 2 steht nämlich "Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden."

Das nennen die Juristen Katalogvorbehalt. Was nicht im Katalog steht gibt es nicht, egal ob das medizinisch sinnvoll, nötig oder dringend ist. Es gibt nur eine Ausnahme durch den Nikolausbeschluss (ja, auch das ist eine juristische Bezeichnung). Diese gilt, wenn man eine tödliche oder wertungsmäßig vergleichbare Krankheit hat und es nur eine aussichtsreiche Behandlung außerhalb des Katalogs gibt.

Daraufhin habe ich die Kk verklagt, Ende offen.
 
Du meinst, das Sozialgericht hat noch nicht entschieden. Es kann sein, dass man dir empfiehlt, die Klage zurückzuziehen, da sie aussichtslos ist.

Du kannst dann versuchen, dich auf LSG Nordrhein-Westfalen, L 19 B 5/05 AS ER vom 18.05.2005 und Sächsisches LSGL 7 AS 83/12 NZB vom 25.09.2013 zu berufen. Das irritiert vielleicht im ersten Moment, denn das sind Entscheidungen zu Hartz IV. Wenn nämlich jemand so arm ist, dass er die Fahrten einfach nicht mehr selbst zahlen kann und deshalb das Geld dafür vom Amt haben will, kommen die Gerichte plötzlich auf die Idee, dass die Krankenkasse doch zahlen müsste, wenn man sie denn nur verklagt.

Ich bin fünfmal geimpft, auch mit dem angepassten Impfstoff, und trage weiterhin eine FFP 2 Maske. Bisher hatte ich weder eine Grippe noch Corona, was hoffentlich auch so bleibt. Ich habe eine Petition auf ePet.de verfasst, dass wir und Krebspatienten, also alle mit Immunsuppression, auf Kassenleistung zu den Nachsorgeuntersuchungen fahren können. Deutschlandgemäß dauert eine Gesetzesvorlage an.

 

139168 oder 127509 oder eine unveröffentlichte?

Ich weise noch auf 86121 hin. Dazu ist der Beschluss schon ergangen und die Begründung lautet

"Mithin wird durch die im § 60 SGB V enthaltene Leistungseinschränkung die Finanzierbarkeit der GKV sichergestellt. ... Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte."

Was nicht im Katalog steht gibt es nicht, egal ob das medizinisch sinnvoll, nötig oder dringend ist.

Garant, dass man erhält, was zum Leben erforderlich ist, sind in Deutschland nicht die Krankenkassen, sondern die Grundsicherungssystem nach SGB II und SGB XII. Die funktionieren allerdings nicht.
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Fahrtkosten nach NTx 08 Feb 2023 20:30 #521775

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@FarmerFiver
Guten Abend, und erstemal ein großes Lob und Dankeschön an dich für die profunde Darlegung als Antwort auf meine Frage!
Nun ja, bei meinem interessierten Laientum und Corona, ist mein Anliegen verständlich. Und ich bezog mich in der Tat nicht auf die von dir eingangs zitierten §§, sondern auf Einen mit dem Wortlaut, also auf einen, auf den ich mich berufen kann. Den habe ich leider vergessen, und "de jure.org" konnte mir auch nicht helfen, weil die erst gerade eine Suchfunktion nach Wortlaut einpflegen wollen. Aber ernsthaft hatte ich von Beginn an keine große Hoffnung, weil es keinen einzigen vergleichbaren Beschlussgibt. Immerhin fragt die Richterin nach meinen bisherigen Fahrtkosten, und das lässt ja den von dir geschilderten Ansatz vermuten. Da habe ich aber kein Interesse dran, aber einen Präzedenzfall werden die auch nie zulassen. Soviel wie ich weiß, gibt es in Deutschland ca.180 T. Transplantierte, die während der Coronakrise mit weniger Angst um ihre Leben zu den Zentren hätten fahren können. Die Kosten wären marginal gewesen. 

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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 00:05 #521778

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@FarmerFiver
Guten Abend, und erstemal ein großes Lob und Dankeschön an dich für die profunde Darlegung als Antwort auf meine Frage!
Ich freue mich, wenn ich helfen kann, aber die förmliche Warnung muss sein: Verbindliche Rechtsauskünfte bekommt man vom Anwalt und anderen dazu Befugten. In Internetforen gibt es nur Meinungen.

... sondern auf Einen mit dem Wortlaut, also auf einen, auf den ich mich berufen kann.
Damit ist es auch nicht getan. Sieh dir etwa § 92 SGB V an
"Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten;
...
12. Verordnung von Krankentransporten,"

Das ist der Auftrag des Gesetzgebers an den GBA die Krankentransportrichtlinien so zu fassen, dass die Versicherten ausreichend versorgt sind. Nach dem Wortlaut müsste sich also jeder Versicherte, wenn er nicht ausreichend mit Fahrten versorgt ist, an die Gerichte wenden können, mit der Begründung dass die Krankentransportrichtlinien insoweit defizitär sind und also zu verwerfen sind. Tatsächlich kümmert das kein Gericht. Es wird an den Krankentransportrichtlinien festgehalten, als wären sie selbst Gesetz, nicht nur eine untergesetzliche Richtlinie, die dem Gesetz weichen muss. Die genau juristische Begründung dafür, hier gegen den Wortlaut zu handeln, ist übrigens "genial". Ich kann versuchen, sie rauszusuchen, falls es dich interessiert.

Immerhin fragt die Richterin nach meinen bisherigen Fahrtkosten, und das lässt ja den von dir geschilderten Ansatz vermuten.
Das lässt leider auch vermuten, dass die Richterin nicht so ganz versteht, wie Grundsicherungsrecht funktioniert, was jetzt bei der Vorsitzenden einer Kammer für GKV-Leistungsfälle leider nur allzugut vorstellbar ist, obwohl es nicht so sein sollte. Krankenversicherungsrechtlich ist die Höhe des Bedarfs eh schnuppe. Die letzte Härtefallregelung wurde 2005 ersatzlos gestrichen. Grundsicherungsrechtlich kommt es auf die Höhe des Bedarfs an, also was Du brauchst, nicht was Du ausgegeben hast. Zwischen den beiden Werten besteht aber gar kein Zusammenhang. Ein Hypochonder gibt für Facharztbesuche womöglich viel mehr aus, als sein müsste, umgekehrt gibt jemand der knapp bei Kasse ist vielleicht weniger aus, lässt notwendige Behandlungen ausfallen oder verschiebt diese, denn was soll er machen, wenn es einfach nicht reicht? Man kann nicht davon ausgehen, was irgendwer ausgibt. Das widerspricht der Systematik des am Bedarfsdeckungsprinzip orientiertem Grundsicherungsrecht. Man muss vom Bedarf ausgehen: zu welchen Ärzten, KHs etc muss er wie oft. Daraus ergibt sich, wieviel das kostet. Das ist der Bedarf (als Geldbetrag).
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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 12:27 #521782

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@FarmerFiver
Ich finde es auch ausdrücklich richtig, auf den Bedarf abzustellen, und nicht auf die Ausgaben des Einzelnen. Damit kann ja auch, im positiven Sinne, eine persönliche Weiterentwicklung in Verbindung gebracht werden. Aber die Fahrten zur Dialyse werden als Serienbehandlung bezahlt, aber die lebensbedrohende Fahrt mit der Tram während Corona nicht. Das widerspricht doch jeder Grundsatzregel des SGB!
" Ich abe gar kein Auto", wie es mal in einer Reklame für Kaffee hieß, und als Mensch mit GdB 100 mit Merkzeichen (G) hatte ich auch wegen der Bahnkosten kein Problem, aber ich wehre mich gg. den Zynismus bei der Fahrtkostenregelung nach dem Motto:" So, sie sind jetzt wieder gesund, jetzt können sie wieder in Eigenverantwortung gehen. Und mit Maske, geimpft, können sie risikolos ÖpnV fahren. Komisch, dass grad wieder die Wirksamkeit der FFP II Masken hinterfragt wird.
Guten Tag noch 

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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 17:24 #521784

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@FarmerFiver
Ich finde es auch ausdrücklich richtig, auf den Bedarf abzustellen, und nicht auf die Ausgaben des Einzelnen.
Das Bundesverfassungsgericht ist deiner Ansicht. Nur weiß das fast keiner. Es klingt unglaublich, denn das ist ja nicht irgendein Gericht, dass mal eine sonderbare Ansicht vertritt. wie ein Amtsrichter in Klein Posemuckel. Für Jedermann ist das noch verständlich, dass er aus der Presse den Eindruck gewonnen hat, das Bundesverfassungsgericht habe in einem ersten Urteil, 1 BvL 1/09, den Regelbedarf der Sozialhilfe als frei erfunden kritisiert, nachdem der Gesetzgeber aber nachgebessert hat, in einem zweiten, 1 BvL 10/12 gesagt nun sei er richtig.

Es scheint aber, dass niemand diese zweite Entscheidung richtig gelesen hat. Nichteinmal die zuständigen Fachjuristen. Was das Bundesverfassungsgericht in 1 BvL 10/12 tatsächlich geschrieben hat, ist, dass die Berechnung des Regelbedarfs aus den in der EVS festgestellten Ausgaben, nicht zu beanstanden ist und zwar im Wesentlichen weil der Gesetzgeber die statistisch erfassten Werte abändern kann, wie er will. Gleichzeitig hebt es aber hervor, dass die gesamte erbrachte Leistung einschließlich des Regelbedarfs im Einzelfall ausreichend sein muss. Das berücksichtigt aber nahezu kein Gericht. Ich kenne genau eine Anwältin, die das überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Diese beschreibt den Ist- im Vergleich zum Sollzustand wie folgt

"Auch der Beschluss L 18 AS 405/16 B PKH liefert nichts Neues, denn er folgt im Wesentlichen den Argumentationsschemata zahlreicher vorhergehender Entscheidungen (vgl etwa LSG NRW L 19 AS 2235/16 B vom 01.12.2016, LSG FSB L 11 AS 529/17 NZB vom 23.08.2017), mit dem ich mich schon im Verfahren L 8 SO 2/13 insbesondere im Schreiben v 20.06.20126 eingehend auseinandergesetzt hatte. Ich verweise daher auf diese Darlegung und beschränke mich für dem Moment auf eine Übersichtsdarlegung.
Alle diese Entscheidungen gehen im Kern wie folgt vor
1. Das BVerfG habe in 1 BvL 10/12 v 23.07.2014 entschieden, die Normen zur Festlegung der Regelbedarfe seien mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG derzeit noch vereinbar (Abs 73 C.)
2. Dementsprechend seien die einfachgesetzlichen Regelungen bindend und der korrekte Regelbedarf ergebe sich hieraus.
3. Eine Bedarfsfeststellung ob der Regelbedarf tatsächlich im jeweils vorliegenden Einzelfall die Bedarfe des Hilfebedürftigen decke, könne daher unterbleiben, da dies zu keiner Änderung der schon nach Nr 2 einfachgesetzlich festgelegten und nach Nr 1 verfassungsrechtlich unbedenklichen Regelbedarfshöhe führen kann.
Tatsächlich ist die derzeitig verfassungsrechtliche Situation jedoch wie folgt
1. Entscheidend ist, dass die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, im Ergebnis nicht verfehlt werden (1 BvL 10/12 v 23.07.2014 Abs 77). Entscheidend ist, dass im Ergebnis eine menschenwürdige Existenz tatsächlich gesichert ist (Abs 93), d h entscheidend ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nur, dass existenzsichernde Bedarfe insgesamt tatsächlich gedeckt sind (Abs 115). Verfassungsrechtlich ist allein entscheidend, dass für jede individuelle hilfebedürftige Person das Existenzminimum nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ausreichend erfasst wird (Abs 140).
2. Da es alleine auf die insgesamt tatsächlich ausreichende Versorgung des individuellen Hilfebedürftigen ankommt, ergibt sich denknotwendig, dass keine abstrakte Prüfung der Verfassungsmäßigkeit möglich ist, sondern nur im konkret vorliegenden Fall geprüft werden kann, ob diese gegeben ist.
3. Dass die Regelbedarfsfestlegung mit der Verfassung vereinbar ist, ist somit nur der (damals) gegenwärtige Stand, basierend auf den dem BVerfG bislang vorliegenden Fällen.
4. Insbesondere lässt sich somit aus der Entscheidung nicht ableiten, der Regelbedarf sei schon „aus Rechtsgründen“ (der Gesetzesbindung verfassungsgemäßer Normen) nicht erhöhbar.
Im SGB XII hat diese Situation insbesondere zur Folge
5. Nicht jeder im Einzelfall nachgewiesen erhöhte Gesamtbedarf der nicht anderweitig gedeckt werden kann und die Regelbedarfsfestsetzung überschreitet beweist die a) Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfsfestsetzung, jedoch zeigt er, dass entweder dies zutrifft oder b) die Behörde bei richtiger Auslegung des einfachen Rechts unter Beachtung der Verfassungsvorgaben den Regelsatz individuell erhöhen hätte müssen und/oder c) eine extensive verfassungskonforme Auslegung von Ausweichnormen wie etwa § 72 SGB XII oder eine analoge Anwendung nicht direkt anwendbarer Normen wie etwa § 21 Abs 6 SGB II aufgrund einer systemwidrigen Regelungslücke geboten ist (vgl Abs 125 Im Einzelfall sind Bedarfe, wenn keine anderweitige Deckung besteht, über die verfassungskonforme Auslegung einfachen Rechts zu sichern).
Die vermeintlichen „Prüfungsgrundsätze“ aus der Vorgängerentscheidung 1 BvL 1/09 vom 09.02.2010, dass etwa bereits Begründungsmängel zur Verfassungswidrigkeit führen können, denn bestünden solche, so „steht die Ermittlung des Existenzminimums bereits wegen dieser Mängel nicht mehr mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang“ (Abs 144, so etwa irrtümlich Rixen, Stephan in Sozialrecht aktuell Vol15 4/2011) existieren nicht. Tatsächlich war auch damals nur gefordert, der Gesetzgeber müsse die Methoden und Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen um eine verfassungsgerichtliche Kontrolle zu ermöglichen. Wenn diese Kontrolle Mängel ergibt, so heißt das allerdings nur, dass Mängel bestehen und sagt nichts über die Verfassungswidrigkeit aus. Der Gesetzgeber muss die Information zur Verfügung stellen, damit die Mängel sichtbar gemacht werden können, er muss die nunmehr sichtbaren Mängel aber nicht notwendig beheben. Versuche, die Regelbedarfe alleine anhand ihrer unbehobenen oder unzureichend behobenen methodischen Mängel – die zweifellos nach wie vor in großer Zahl existieren, vgl. nur Becker/Münder, Soziale Sicherheit Extra September 2011, Becker, Irene. Der Einfluss verdeckter Armut auf das Grundsicherungsniveau, Januar 2015, dies., Regelbedarfsbemessung: Gutachten zum Gesetzentwurf 2016 – als verfassungswidrig nachzuweisen, müssen notwendig scheitern und sind folglich im Rechtssinne aussichtslos. Ebenso aussichtslos ist der Versuch durch Vorlage eigener sachgerechter Statistiken darzulegen wie hoch der Regelbedarf zu sein habe, da der Gesetzgeber nicht zur Verwendung sachgerechter Schätzungen verpflichtet ist (Abs 105).
Es liegt vielmehr nunmehr im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, bei Begründungsmängel erforderlichenfalls geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Indexes zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen (1 BvL 10/12, Abs 143). Dazu gehört auch ein sich-darauf-Verlassen durch den Gesetzgeber, dass die bereits bestehenden Leistungsmöglichkeiten ausreichen, wenn sie von den Gerichten in verfassungskonformer Weise extensiv ausgelegt werden. Die Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe kann nur im Zusammenspiel mit allen anderen in Frage kommenden Leistungen aller Leistungsbereiche gesehen werden (1 BvL 10/12 Abs 115 ff). Das einzige verbleibende Kriterium ist auch hier das Ausreichen der Gesamtleistungen einschließlich des Gesamtregelsatzes für den nicht anderweitig gesicherten Gesamtbedarf (Für die Feststellung einer evidenten Unterdeckung im Einzelfall vgl etwa LSG NSB L 11 AS 1503/15 v 11.12.2017).
Das Vorgehen der Gerichte in Entscheidungen wie L 18 AS 405/16 B PKH stellt somit die Vorgaben des BVerfG auf den Kopf. Statt wie von diesem vorgesehen eine Bedarfsermittlung des individuellen Hilfebedürftigen an den Anfang zu stellen und nach verfassungskonformer Auslegungen bestehender Normen zu suchen, die geeignet sind den bestehenden Bedarf zu decken, wird diese für „aus Rechtsgründen“ völlig entbehrlich gehalten. Damit wird nicht nur die zu fordernde Prüfung der Verfassungsmäßigkeit im Einzelfall unterlaufen, sondern auch der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde und das Rechtswegerschöpfungsgebot, deren Zweck ist, dass dem BVerfG regelmäßig in mehreren Verfahren von den Fachgerichten geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet wird (2 BvR 209/84 v 13.01.1987). Schon die Formulierung des BVerfG, die Regelbedarfe seien „noch vereinbar“ (Abs 73) legt nahe, dass der Vergleich knapp war, der dazu führte, sie für vereinbar zu halten. Es ist daher durchaus denkbar, dass selbst ein geringer ungedeckter aber unabweisbarer Mehrbedarf die Grenze überschreiten kann. Die Amtsermittlungspflicht umfasst auch eine Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit (2 BvR 209/84 v 13.01.1987)."

Ich bitte um Verzeihung für das lange Zitat und die schwere Kost, aber ich kann es sicherlich selbst nicht besser begründen. Von mir laienhaft zusammengestellt heißt das schlicht, die Sozialgerichte betreiben mit der zweiten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Rosinenpickerei. Das die Statistik nicht zu beanstanden ist, nehmen sie gerne, dass der Grundsicherungsträger aber in jedem Einzelfall prüfen muss, ob der Bedarf tatsächlich gedeckt ist, lassen sie unter den Tisch fallen.
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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 17:37 #521785

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Das widerspricht doch jeder Grundsatzregel des SGB!
 
§ 1 SGB I lautet auszugsweise
"Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. 2Es soll dazu beitragen,
...
ein menschenwürdiges Dasein zu sichern,
...
besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen."

Es "soll dazu beitragen", nicht etwa "es soll garantieren". Die Garantie für das menschenwürdige Dasein ergibt sich aus der Verfassung, nicht dem SGB. Das Bundesverfassungsgericht verlangt deswegen ganz korrekt, wie zitiert "Im Einzelfall sind Bedarfe, wenn keine anderweitige Deckung besteht, über die verfassungskonforme Auslegung einfachen Rechts zu sichern." Jegliches Recht muss hierzu herangezogen werden, nicht nur das Sozialrecht. Da wir jetzt schon mit Sozialrichtern auch an höheren Instanzen "gesegnet" sind, die nichteinmal die Rechtssystematik des Sozialrechts durchschauen, kann man sich denken, wie wahrscheinlich es ist, dass einer dieser, ihm von Verfassung wegen auferlegten Pflicht der Prüfung nach dem gesamten Recht, nachkommt.

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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 17:57 #521787

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" Ich abe gar kein Auto", wie es mal in einer Reklame für Kaffee hieß, ...
Es ist Übrigens nicht so, dass, wenn jemand kein Auto hat, der Arzt deswegen ein Taxi für die Dialysefahrten verordnen darf. Das machen viele Ärzte so und setzen sich damit unnötigerweise einer Regreßforderung aus. Ein Taxi darf nur verordnet werden, wenn es aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Das steht so ganz klar in den Krankentransportrichtlinien*. Wenn jemand gesundheitlich selbst fahren kann, darf der Arzt nur eine Anwesenheitsbescheinigung ausstellen. Für die Höhe der Fahrtkostenerstattung ist aber § 60 Abs. 3 SGB V anzuwenden, hier insbesondere Nr. 2. Daraus geht klar hervor, dass die Bedingung dafür, das Taxigeld zu bekommen nur ist, dass man nicht mit ÖPNV fahren kann. Deswegen hat man auch ohne Verordnung ein Recht auf die Taxikosten, auch wenn man mit dem eigenen Pkw fahren könnte, also nichts gesundheitlich dagegen spricht und sogar dann wenn man das wirklich kann, also ein Auto hat, kann man sich das aussuchen, womit man fährt. Nach meinem ganzen Gemeckere muss ich sagen, dass hier das Sozialrecht auch mal sinnvoll großzügig ist. Man darf sich das jeden Dialysetag selbst aussuchen. Man kann als mit dem eigenen Pkw fahren und wenn es einem mal nicht so gut geht, nimmt man eben das Taxi. Sowas nenne ich mal sinnvolle Eigenverantwortung, die helfen kann, Kosten zu sparen. Wer seinen Dialysearzt mag, sollte ihm das vielleicht mal erklären, bevor die Krankenkassen das merken.

* § 7 Die Krankenfahrt mit einem Mietwagen oder einem Taxi ist nur dann zu verordnen, wenn die Patientin oder der Patient aus zwingenden medizinischen Gründen öffentliche Verkehrsmittel oder ein privates Kraftfahrzeug nicht benutzen kann.
Können Patientinnen oder Patienten mit einem privaten Kraftfahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, wird in den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe c und des § 8 keine Verordnung, aber auf Wunsch der Patientin oder des Patienten eine Anwesenheitsbescheinigung zur Vorlage bei ihrer oder seiner Krankenkasse ausgestellt.
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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 20:45 #521789

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Na, dass die Regelbedarfe zu H IV Zeiten, und auch erst recht im neuen Bürgergeld zu niedrig sind, besteht bundesweit Konsens. Weshalb haben Tacheles und Co. soviel zu tun? Aber im Regelbedarf sind Fahrtkosten zu ambulanten Untersuchungen nicht forderbar, die Kommunen haben dafür keine Töpfe. Hier muss ein entsprechender Erweiterungsparagraph mit Absätzen ins SGB eingebracht werden, der den Kassen vorschreibt, den Einzelfall zu prüfen. 

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Fahrtkosten nach NTx 09 Feb 2023 21:05 #521790

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Du meinst es aber gut mit mir. Da brauche ich ja nur noch deine Worte zu gebrauchen, und fertig ist meine unablehnbare Antragsbegründung nebst Steilvorlage fürdieBeschlussfindung.;;;o))
Oder wäre die Umgehung der Chance auf eine tödliche Infektion mit z. B. Corona keine medizinisch notwendige Begründung für die Fahrt mit dem Taxi statt dem ÖPnV? Und kostengünstig obendrein, wenn man die Kosten für eine Long Covid Behandlung gegenüberstellt, mal abgesehen von dem ethischen Schaden durch den riskanten Umgang mit dem Transplantat durch eine im geringsten Fall Abstoßungsreaktion?
Den psychischen Schaden des PatientenIN mal dahingestellt, und den Verlust des Vertrauensvorschusses in die Sozialsysteme.
Aber Moralphilosophie war noch nie ein Thema in der Rechtsprechung. 

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Fahrtkosten nach NTx 21 Feb 2023 22:08 #521884

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Na, dass die Regelbedarfe zu H IV Zeiten, und auch erst recht im neuen Bürgergeld zu niedrig sind, besteht bundesweit Konsens.
 
Ähm... vielleicht mit Ausnahme der Arbeitgeberverbände, der CDU/CSU, der FDP, der AfD, der Jobcenter und Sozialhilfeämter, der Sozialgerichte, ...

Weshalb haben Tacheles und Co. soviel zu tun?
 
Das wird keinen von den oben genannten überzeugen.

Aber im Regelbedarf sind Fahrtkosten zu ambulanten Untersuchungen nicht forderbar, die Kommunen haben dafür keine Töpfe.
 
Oh doch, das hat das Bundessozialgericht inzwischen entschieden, dass das geht. Unter sonderbaren Voraussetzungen, aber es geht, siehe B 4 AS 81/20 R vom 26.01.2022.

Zunächst einmal deutet Abs. 25 darauf hin, dass man die Ansprüche zuerst gegen die Krankenkasse verfolgen muss. Das entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des BSG und anderer Sozialgerichte, ist insoweit also keine Überraschung. Das ist das, was Du jetzt machst. Das ist schon mal ein wichtiges Argument für dich. Du kannst darauf hinweisen und die Beiladung des für dich zuständigen Grundsicherungsträgers beantragen. Selbst wenn das Gericht sagt, dass es keine Rechtsgrundlage im SGB V gibt, für das, was Du willst, kannst Du trotzdem begründet weiter klagen, eben mit der Begründung, dass das Bundessozialgericht das verlangt.

Die weiteren Voraussetzungen, die das BSG dann aufstellt sind allerdings sonderbar. Der Kläger in dem Verfahren hatte z.B. im April 32,64 Euro Fahrkosten zu Ärzten. Davon zieht das BSG den Regelsatzteil für Verkehr, 25,12 Euro, ab also bleiben 7,52 Euro. Die teilt das BSG durch den Regelbedarf also durch 399 Euro. Dabei kommt raus, dass das 1,88% sind. Das BSG lehnt daher in dem Fall ab, weil es sagt, das ist kein wesentlicher Mehrbedarf. Das Vorgehen ist falsch und das Bundesverfassungsgericht hat schon gesagt, wie es richtig geht, siehe die anwaltlichen Erläuterungen oben. Wichtig ist für dich aber zunächst nur, dass auch das BSG sagt, es kann einen Mehrbedarf für Fahrten im SGB II geben, auch wenn es in dem Einzelfall, den es vorliegen hatte, das praktisch als Bagatelle gesehen hat.
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Fahrtkosten nach NTx 21 Feb 2023 22:44 #521885

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Du meinst es aber gut mit mir.
Versteht sich, Du solltest aber trotzdem alles kritisch prüfen und mit deinem Anwalt besprechen.

Oder wäre die Umgehung der Chance auf eine tödliche Infektion mit z. B. Corona keine medizinisch notwendige Begründung für die Fahrt mit dem Taxi statt dem ÖPnV?
Durchaus, aber wichtig ist Folgendes zu verstehen: medizinische Notwendigkeit reicht nicht aus, um die Krankenkasse zur Zahlung zu verpflichten.

Deshalb solltest Du auch grundsicherungsrechtlich argumentieren und einen Mehrbedarf verlangen. Da gilt nämlich, dass Du einem verständigen Vermögenden gleichgestellt werden musst. Diese juristische Formulierung besagt, dass man sich vorstellt, dass jemand in derselben Lage ist wie Du, aber genügend Geld hat, dass er ohne Weiteres ein Taxi zahlen kann, also in diesem Sinn "vermögend" ist. Dann stellt man sich die Frage, würde der das Geld dafür ausgeben mit dem Taxi zu fahren, oder sich lieber sonstwas davon leisten, einen Kasten Bier oder was auch immer. Hier kommt jetzt zum Tragen, dass diese vorgestellte Person nicht nur vermögend ist, sondern eben auch verständig handelt. Sie würde also nicht der Verlockung erliegen, das Geld stattdessen zu versaufen, sondern es für den Gesundheitsschutz ausgeben. Damit ist gezeigt, dass Du auch in der Lage sein musst, dir das zu leisten und wenn dein Geld nicht dafür reicht, muss der Grundsicherungsträger einspringen. Soweit die rechtliche Theorie.
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Fahrtkosten nach NTx 22 Feb 2023 11:32 #521889

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@FarmerFiver:

Guten Morgen, 
herzlichen Dank für dein unerschütterliches  Interesse an der Geschichte, und die erneuten zielführenden Tipps und Ratschläge!
Der Rösslsprung mit dem "verständigen Vermögenden" scheint mir ja verfolgbar zu sein, wenn er sich in die Strategie meines Anwalts einbauen lässt. Da wir grad wegen Corona nur per Post oder eMail kommunizieren, bin ich mir nicht sicher, welche es überhaupt ist. Gleichzeitig steigt meine Faszination für das deutsche Rechtssystem, und mein Interesse! 
Aber auch dafür wird es eine Lösung geben. 
Zwztl. kannst du mir deine Honorarrechnung schicken;))
Viele Grüße, Peter 
PS.: Ich habe gerade diese deine Informationen mit dem gebührenden Respekt an meinen Anwalt weitergeleitet, und werde Zwischentöne vermelden.
B. s.

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Fahrtkosten nach NTx 22 Feb 2023 17:54 #521895

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Der Rösslsprung mit dem "verständigen Vermögenden" scheint mir ja verfolgbar zu sein, wenn er sich in die Strategie meines Anwalts einbauen lässt.

 
Ein Anwalt verfolgt normalerweise soviel Strategien gleichzeitig wie möglich. Das liest sich dann etwa so: Ich beantrage die KK-Krankenkasse, hilfsweise den beizuladenden Grundsicherungsträger ... zu ... zu verurteilen.

Da wir grad wegen Corona nur per Post oder eMail kommunizieren, bin ich mir nicht sicher, welche es überhaupt ist.

 
Man sollte sich keine Illusionen machen. Ein Rechtsanwalt ist ein Söldner. Der hat womöglich täglich mit dem Richter zu tun. Richter wiederum sehen gerne Vergleiche oder Klagerücknahmen, das spart Schreibarbeit, macht sich gut in der Erledigungsstatistik und fördert die gute dienstliche Beurteilung und damit das Vorwärtskommen. Im Strafrecht kennt man das, was ein Anwalt macht, der keinen Schmusekurs fährt, "Konfliktverteidigung". Im Sozialrecht kenne ich dafür nichtmal einen Namen. Ein Rechtsanwalt, der das macht muss gut sein, also zum Beispiel wissen, dass er möglicherweise förmliche Beweisanträge stellen muss, um die Revision/Berufung offen zu halten, obwohl das im Sozialrecht ganz unüblich ist und eigentlich auch keinen Sinn ergibt, aber so ist nunmal die Vorschrift.

Gleichzeitig steigt meine Faszination für das deutsche Rechtssystem, und mein Interesse! 

 
Ein kleiner Auszug von hier
"Für Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz (Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte) lässt sich diese Methode, wenn auch nichts ganz so effektiv, dadurch anwenden, dass man Grenzen der Amtsermittlungspflicht behauptet und als erreicht deklariert."

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