Paris – Eine mikrovaskuläre Entzündung in einer Nierenbiopsie zeigt auch dann eine drohende Abstoßungskrise an, wenn keine CD4-Ablagerungen erkennbar und keine Antikörper im Blut nachweisbar sind. Dies ergab die Auswertung von Nierenbiopsien aus mehr als 30 Transplantationszentren in Nordamerika und Europa, die jetzt im _New England Journal of Medicine_ (_NEJM_ 2024; DOI: [10.1056/NEJMoa2408835](
doi.org/10.1056/NEJMoa2408835)) publiziert wurde.
Nach einer Nierentransplantation werden regelmäßig Biopsien durchgeführt, um eine Abstoßungskrise frühzeitig zu erkennen und den Verlust des Organs durch eine Anpassung der Immunsuppression zu verhindern. Die Pathologen richten sich bei der Beurteilung der Biopsien an die sogenannte Banff-Klassifikation. Bei der letzten Überarbeitung im Jahr 2022 wurden zwei neue Kategorien eingeführt.
Die erste Kategorie beschreibt eine mikrovaskuläre Entzündung (MVI) bei Patienten, bei denen keine Spender-spezifischen Antikörper (DSA) im Blut nachgewiesen wurden und bei denen keine C4d-Ablagerungen in der Biopsie sichtbar waren. C4d ist ein Spaltprodukt, das eine Aktivierung des Komplementsystems anzeigt. Dahinter verbergen sich häufig DSA, die vielleicht im Blut noch nicht nachweisbar sind.
Die zweite Kategorie beschreibt Patienten, bei denen DSA nachweisbar sind, bei denen aber in der Biopsie nur eine milde mikrovaskuläre Entzündung ohne C4d-Ablagerung vorhanden ist.
Bislang war unklar, ob diese Patienten tatsächlich vor einer schweren Abstoßungskrise stehen, die den Verlust der transplantierten Niere zur Folge haben kann. Eine Analyse von 16.293 Biopsien, die bei 6.798 Patienten durchgeführt wurde, bestätigt jetzt den Verdacht. Bei insgesamt 788 Proben (4,8 %) hatten die Pathologen Entzündungszeichen in der Biopsie entdeckt: 503 (3,1 %) fielen in die erste Kategorie (MVI, DSA-negativ und C4d-negativ). Die übrigen 285 (1,7 %) erfüllten die Kriterien der zweiten Kategorie einer wahrscheinlichen antikörpervermittelten Abstoßung.
aerzteblatt.de
- [
Nierentransplantation zwischen Spendern und Empfängern mit HIV ist sicher](
www.aerzteblatt.de/nachrichten/155073/Ni...n-mit-HIV-ist-sicher)
- [
Nieren von dialysierten Spendern erholen sich oft nach der Transplantation](
www.aerzteblatt.de/nachrichten/151696/Ni...-der-Transplantation)
- [
Nierentransplantation: Felzartamab bei Antikörper-vermittelter Abstoßungsreaktion wirksam](
www.aerzteblatt.de/nachrichten/151716/Ni...ungsreaktion-wirksam)
Ein Team um Alexandre Loupy vom „Institut for Transplantation and Organ Regeneration“ in Paris hat die Auswirkungen auf das Transplantat analysiert. Beide Kategorien waren mit einem erhöhten Risiko auf einen Transplantatverlust verbunden. Bei den Patienten der ersten Kategorie (MVI, DSA-negativ und C4d-negativ) kam es mehr als doppelt so häufig zum Transplantatverlust wie bei Patienten ohne auffälligen Befund in der Biopsie.
Die Hazard Ratio von 2,1 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,4 bis 3,1 signifikant. Bei der zweiten Kategorie waren die Ergebnisse nicht ganz klar. Loupy ermittelt eine Hazard Ratio vom 1,7, die bei einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,8 bis 3,5 das Signifikanzniveau verfehlte.
Die Ergebnisse dürften zur Folge haben, das die Immunsuppression bei den Patienten mit den neuen Kategorien intensiviert wird. Bei Organtransplantierten ist dies immer eine Gratwanderung, da mit der Intensivierung das Risiko von Infektionen steigt, die ebenfalls die Gesundheit der Patienten gefährden. © _rme/aerzteblatt.de_
Quelle:
www.aerzteblatt.de/nachrichten/155334/Ne...ierentransplantation