mittlerweile ist die diskussion ja schon weit fortgeschritten, ich versuche, noch ein paar gedanken beizusteuern:
1. umfassende information als pflicht für den arzt gebietet schon der respekt vor dem patienten, schließlich geht es um des patienten verantwortung für sein leben. das bedarf meines erachtens eine grundsatzentscheidung der professionellen helfer über die frage wer hat für was die verantwortung und wo sind die jeweiligen grenzen. hinter diesem gedanken steht die diskussion zum konzept empowerment. die entwicklung des patienten zum mündigen, verantwortungsvollen, selbst-entscheidenden menschen ist in vielen bereichen der medizin nicht weit fortgeschritten und von vielen auch nicht erwünscht. kleine ankedote: auf einer veranstaltung für nierenpatienten erwiderte ein ärztlicher referent sehr unwirsch auf meine genauen nachfragen: wie selbstbewußt wollen sie denn mit den ärzten umgehen, das wird ihnen aber nicht gut bekommen!
beispielhaft ist hier die schulung für patienten im bereich der diabetesbehandlung. das heißt allerdings daß sowohl die professionellen helfer als auch die menschen mit einer chronischen krankheit einen anderen umgang miteinander lernen müssen. herr grieger hat ja schon auf die bedeutung der arzt-patienten interaktion hingewiesen. dies weist über die reine informationsvermittlung hinaus. es kann durchaus sein, daß ein patient umfassende information bekommt, aber aus angst vor den veränderungen nicht in der lage ist, dies zu verarbeiten und für sich gute schlüsse draus zu ziehen. in der betreuung von nierenpatienten in den unterschiedlichsten stadien habe ich oft erlebt, daß die aufnahme und verarbeitung von informationen extrem unterschiedlich läuft. bis hin daß mache überhaupt nicht selber entscheiden wollen, sondern das dem arzt antragen. im therapeutischen gespräch bereite ich manchmal das gespräch mit dem arzt vor, erarbeite eine frageliste, die dann schriftlich mit zu dem gespräch genommen wird, ich übe, dem zeitdruck im gespräch zu widerstehen und erst aufzuhören zu fragen, wenn man das wesentliche verstanden hat.
wesenrlich ist, daß ich als patient es in die hand nehme, ich bin der experte, die expertin für mein leben, meine krankheit. so zu denken fällt manchen patienten schwer und auch vielen professionellen helfern.
ein gesichtpunkt, den johanna angesprochen hat, ist in diesem zusammenhang wichtig: informationen müssen wie gesagt ja auch verarbeitet werden. und das gelingt meistens nur portionsweise und manchmal nicht ohne professionelle unterstützung, weil oft die üblichen mechanismen der krisenbewältigung nicht ausreichen. informationen können sowohl angstauslösend als auch angstreduzierend sein. hier ein gleichgewicht zu finden ist für die psyche von großer bedeutung. ich muß wissen wann es zu viel für mich ist und ich sagen muß, das will ich jetzt nicht wissen. auch das abspalten und ausblenden negativer einflußgrößen ist manchmal eine notwendige überlebensstrategie. kein mensch kann damit leben, ständig in den abgrund des todes zu blicken. auch hier ist die unterscheidung wichtig: hilft mir diese strategie zum leben, oder hindert sie mich daran, mein leben in die hand zu nehmen und verantwortungsvoll auch mit der krankheit umzugehen.
die meisten menschen sehen beides, den wert und die kosten und verbringen ihr leben damit zu, zwischen beiden zu jonglieren.
einen satz den ich gefunden habe: und wenn von zeit zu zeit in der mitte des jonglierens und wurschtelns der ball einmal herunter fällt, ist es nicht wegen der persönlichen charaktereigenschaften des betroffenen ( z.b. zu viel getrunken) sondern weil chronisches jonglieren sehr schwierig, ermüdend und erschöpfend ist. jedem der dazu gezwungen ist, muß eine große hochachtung entgegen gebracht werden.
herzlichen gruß, in diesem sinne auf ein gelingendes jonglieren,
theodora