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Glänzender Erfolg 22 Aug 2005 23:50 #78811

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Der Artikel liegt schon lange in meinem Schreibtisch und eigentlich hatte ich diesen schon fast vergessen... Aber heute stolperte ich wieder drüber. Ich denke, es ist immer interessant zu wissen, was so an Fortschritten gemacht wird.


Glänzender Erfolg

Zum ersten Mal ist es Ärzten gelungen, nach einer Transplantation die Abstoßreaktion im menschlichen Körper langfristig ohne Medikamente zu verhindern.

Die Patientin steckte in einer lebensgefährlichen Zwickmühle: Auf der einen Seite zerstörte eine Krebserkrankung ihre Nieren. Auf der anderen Seite war eine Transplantation unmöglich, denn die schwer kranke Frau hätte die immunhemmenden Medikamente nicht vertragen, die sie nach der Transplantation hätte nehmen müssen, um eine Abstoßung des neuen Organs zu verhindern.
Zum Glück war die Frau am Massachusetts General Hospital in Boston in Behandlung, wo Prof. Megan Sykes arbeitet. Die Ärztin sucht nach neuen Therapien, damit der Körper des Patienten das neue Organ ohne Gegenwehr akzeptiert. Der Krebspatientin konnte sie eine neue Behandlung mit Stammzellen anbieten, die in zahlreichen Tierversuchen erfolgreich gewesen war. Die Frau stimmte zu - und die Therapie war ein voller Erfolg. Unsere Patientin lebt seit über fünf Jahren mit der Spenderniere. Sie bekam nur in den ersten Wochen nach der Operation immunhemmende Medikamente. Danach tolerierte ihr Immunsystem das fremde Organ. Fremde und körpereigene Zellen leben quasi in friedlicher Koexistentz, berichtete Sykes vor kurzem auf einer Tagung des Boehringer-Ingelheim Fonds am Titisee im Schwarzwald.
Seit den ersten Transplantationen in den fünfziger Jahren träumen die Mediziner davon, den menschlichen Körper an fremde Organe zu gewöhnen. Hier und da gab es Etappensiege im Tierversuch - und immer wieder niederschmetternde Rückschläge bei den Patienten. Doch die Medizinier in Boston hatten zum ersten Mal langfristig bei Menschen Erfolg.
Ihr Erfolgsrezept: Sie programmierten das Immunsystem des Organempfängers so um, dass es die fremden Zellen wie eigene toleriert. Während der Transplantation übertrugen sie zusammen mit dem Organ des Spenders auch Immunstammzellen aus dessen Knochenmark, die anschließend im Patienten neue Abwehrzellen produzierten. Das Resultat war ein zweifaches Immunsystem mit körpereigenen und Spender-Immunzellen.
Diese doppelte Abwehr hatte einen überraschenden Effekt auf den Thymus. In diesem Organ hinter dem Brustbein werden Immunzellen in gut und böse unterteilt. Der Thymus überprüft alle Abwehrzellen, ob sie sich nicht nur gegen Krankheitserreger, sondern auch gegen den eigenen Körper richten können. Wenn dies zutrifft, zerstört er sie. Funktioniert diese Selektion nicht, entstehen Autoimmunkrankheiten wie Rheuma oder Diabetes 1. Bei Sykes Patienten mit einem doppelten Immunsystem vernichtet der Thymus nicht nur die Immunzellen, die sich gegen den eigenen Körper richten, sondern auch jene, die sich gegen das Spenderorgan wehren - und erlaubt ihm auf diese Weise, dauerhaft im neuen Körper zu überleben. Auch US-Wissenschaftler der University of Stanford und der Mediziner Fred Fändrich von der Universitätsklinik Kiel berichten inzwischen von Patienten, bei denen sie mit Stammzellen Toleranz auslösen konnten.
Dem Team um Megan Sykes gelang kürzlich obendrein im Tierversuch ein erstaunlicher Doppelerfolg. Ursprünglich wollten sie nur die Transplantation von Inselzellen aus der Bauchspeicheldrüse verbessern. Davon könnten Patienten mit Diabetes 1 profitieren. Sie sind krank, weil ihr Immunsystem ihre Insulin bildenden Zellen zerstört. Auf der Tagung am Titisee berichtete Sykes: Bei den Mäusen produzierten die transplantierten Inselzellen tatsächlich Insulin und wurden nicht abgestoßen. Das Erstaunlichste aber war, dass nach der Transplantation die Immunzellen verschwanden, die bis dahin die körpereigenen Inselzellen der Diabetes-Mäuse zerstört hatten. Es sieht so aus, als hätten wir die Ursache von Diabetes beseitigt.
Noch kann man die kombinierte Knochenmarks- und Organtransplantation als Behandlungsmethode nicht empfehlen - dafür sind bislang nicht genügend Patienten behandelt worden. Und wir müssen abwarten, ob die Tolerant stabil ist und ob die teils drastischen Behandlungsmethoden nicht auch schwere Nebenwirkungen haben, kommentiert Sykes. Doch die Berichte stimmen die Fachwelt optimistisch. Gert Rietmüller, emeritierter Professor an der Universität München und einer der führenden Köpfe der Immunologie, feierte Sykes Ergebnisse auf der Boehringer-Tagung: Ich gratuliere Ihnen. Sie haben anscheinend den heiligen Gral der Transplantationsmedizin entdeckt!

Quelle: Bild der Wissenschaft, 8/2004

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Re: Glänzender Erfolg 23 Aug 2005 09:51 #78812

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Das wäre natürlich schön. Nur frage ich mich: Wenn das schon über 5 Jahre her ist, warum ist dann diese Methode heute nicht weiter verbreitet (oder Standard), sondern warum muss man immer noch Immunsuppressiva nehmen? So ganz das Wahre scheint es wohl doch (noch) nicht zu sein.

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Re: Glänzender Erfolg 25 Aug 2005 18:52 #78818

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Das wäre ja eine geniale Sache. Aber ohne jetzt was behaupten zu wollen, ob das der Pharmaindustrie so recht wäre. Die Immunsuppressiva sind ja ziemlich teure Medikamente, ebenso Insulin, wenn man das mal so hochrechnet!

Mini

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Hi :)

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