Hallo,
ich bin neu hier und möchte mich kurz vorstellen, sowie gleich einige Fragen stellen. Man findet im Web zwar viele Informationen zum Thema Zystennieren und Transplantation, aber so richtig austauschen kann man sich nur selten. Dieses Forum hier macht mir einen sehr guten Eindruck und meine Freude ist groß, hiermit endlich eine Anlaufstelle für meine Anliegen gefunden zu haben.
Nun, mein Name ist Bernhard. Ich bin 42 Jahre jung, Vater einer bezaubernden 5-jährigen Tochter Lilly und in einer festen Beziehung seit 1996 mit Lillys Mutter Ines.
Seit 1992 bin ich im EDV Bereich selbständig, arbeite relativ viel und habe zuweilen auch viel Stress. Mit meinen 1,90m und 98 Kg zähle ich nicht zum zierlichen Personenkreis.
Vor knapp 10 Jahren wurden bei mir multiple Nierenzysten an beiden Nieren in ordentlicher Größe festgestellt. Die Progrnose lautete damals ca. 10 Jahre noch, dann wäre Dialyse angesagt. Nun, mittlerweile sind die ja rum und tatsächlich neigt sich die Leistungsfähigkeit meiner Nieren mit 20-25% Gesamtnierenleistung in Richtung Dialysepflicht. Da meine Mutter bereits 1979 an einem Schlaganfall, ausgelöst durch ein Gerinnsel im Rückenmarkbereich, und mein Vater 1997 an Krebs verstorben sind, kann ich den Ursprung meiner Grunderkrankung leider nicht feststellen.
Als Schreibtischtäter (ich bin Programmierer) arbeite ich nicht wirklich viel körperlich, was meinem Krankheitsbild gut zupass kommt, denn wenn ich noch köperlich arbeiten müsste, würde ich wohl täglich nur noch ein paar Stunden schaffen. So kann ich eigentlich noch meine 8 Stunden täglich abreißen, merke aber verstärkt, dass meine Konzentrationsfähigkeit nach 4-6 Stunden so ziemlich im Eimer ist. Dann schreite ich zu Routinetätigkeiten, welche mir nicht so viel Hirnschmalz abverlangen. Das klappt im Großen und ganzen recht gut.
Ich nehme ettliche Medikamente ein, um meinen renalen Bluthochdruck in Schach zu halten. Anfang Dezember 2006 erlitt ich als Folgeerkrankung und vermutlich gefördert durch meinen stressigen bewegungsarmen Job, einen leichten Infarkt an der Herzhinterwand. Mittlerweile bewege ich mich aber fast täglich 30-60 Minuten, indem ich walke oder radfahre und fühle mich von daher sehr gut.
Hier die Liste, um das zu veranschaulichen:
Karvezide 300/12,5 morgens
Carvedilol 25mg morgens
Amlodipin 10mg morgens
ASS100 morgens
Zodin morgens
Dekristol 20.000 I.E. (einmal wöchentlich morgens)
Furosamid (Dosis weiß ich grade nicht) morgens
Plavix 75mg morgens
Carvedilol 12,5mg abends
Allopurinol 150mg abends
An manchen Tagen geht es mir aber nicht so gut. Das heisst, psychisch ist so weit alles in Ordnung. Nur und besonders an Samstagen, wo der Wochenstress abfällt, fühle ich mich als würde ich nicht aufwachen, bin den ganzen Tag total fertig und erst am Abend wird es dann leichter. Oft schlafe ich dann in den Nächten zwischen Samstag und Sonntag recht schlecht. Am Samstag ca. 1 Stunde nach Einnahme meiner Medikamente fällt dann mein Blutdruck oft auf unter 100 zu ca. 60, was meinem Elan auch nicht grade zuarbeitet.
Ansonsten halten sich meine Leiden bisher (toi toi toi) eigentlich in Grenzen. Schmerzen habe ich nur, wenn ich mir aufgrund falschen Bückens oder falscher Bewegungen eine kleine Zystenruptur zuziehe (bisher gottseidank keine Entzündung) und in letzter Zeit häufiger Kopfschmerzen, brennende Augen (kann auch der Betablocker sein), Knochen und Muskelschmerz. Aber ich muss wirklich sagen, das hält sich alles in sehr annehmbaren Grenzen, wenn es auch manchmal nervt.
Meine Nieren sind auf Grund der ausgeprägten Zysten nicht mehr wirklich abgrenz- und somit vermessbar. Laut einer Schätzung meines Arztes dürften das Gesamtgewicht beider Nieren bei rund 6-8 Kg liegen. Das ist immer eine gute Ausrede, wenn es ums Gewicht geht ;-).
Nunja, da es in den nächsten Monaten naturgemäß schneller in Richtung Dialyse geht, mache ich mir natürlich heute schon viele Gedanken um dieses Thema und um eine mögliche Transplantation. Es besteht fast kein Kontakt zu meinen drei Geschwistern, so dass ich vermutlich keine Möglichkeit einer innerfamiliären TX habe. Meine besten Freunde haben mir sofort und sehr ernsthaft angeboten, mir eine Niere zu spenden. Da ich NICHT BG 0 bin (A+), sehe ich dieser Sache positiv entgegen, zumal einer meiner besten Freunde 0 ist und alleine von Statur und Körpergewicht her hervorragend als Spender in Frage käme (ganz laienhaft gesprochen). Meine größten Ängste sind natürlich existentiell und betreffen meine Firma und mein künftiges Auskommen, wenn ich nicht mehr arbeiten könnte.
Darum möchte ich nun einige Fragen stellen, welche mir auf Anhieb am meisten Kopfzerbrechen bereiten.
1. Immer wieder höre/lese ich, dass man als Dialyse Patient praktisch ein letargisches Häuflein Elend ist. Soweit ich hier im Forum gelesen habe, muss das nicht sein und ich bin überwältigt von der positiven Energie, welche von diesem Forum und seinen Mitgliedern ausgeht. Ich würde mich für die HD entscheiden, da ich als Computerianer immer und überall arbeiten kann und ein bisschen Ruhe bei der Dialyse eh zu schätzen wüsste.
Werde ich dazu überhaupt in der Lage sein?
Wie fühlt man sich, wenn man HD macht? Ist man immer müde und kann den ganzen Tag fast nichts machen?
2. Kann mir ein guter Freund eine Niere spenden?
Ich höre/lese ja immer wieder, dass eine Lebendspende nur zwischen Verwandten erlaubt wird.
3. Mein KfH (Trostberg, Südbayern) empfahl mir als Klinik die Klink Rechts der Isar in München. Hat hier jemand Erfahrung mit der Klinimk?
Ich bin Privatpatient. Das hört sich distingiert an, muss man in der heutigen Zeit und bei der derzeitigen Gesundheitspolitik durchaus erwähnen.
4. Wenn meine Riesennieren im Körper verbleiben sollten, dann wachsen die Zysten nach der Transplantation einer dritten Niere, weiter?
Ich selbst würde dafür plädieren (schon allein aus Gewichts- und Platzgründen) die alten Dinger vor dem Einsetzen einer Spenderniere, zu entfernen, diese Wunde abheilen zu lassen, und erst dann die Neue einsetzen.
Wie seht Ihr das?
Ein Gespräch mit einem Transplantationszentrum würde hier sicher noch mehr Licht in die Sache bringen.
5. Ich habe gelesen, dass mit einer neuen Niere oftmals auch der Blutdruck des Spenders transplantiert wird. Ist das so?
Dann könnte ich darauf hoffen, dass mein Blutdruck irgendwann mal ohne Medikamente auf normalen Niveau bleibt. Dies wäre ein weiterer Aspekt, der für die vorherige Entnahme der Zystennieren spräche.
6. Meine Nierenfunktion liegt bei ca. 20-25%. Laut meinem Arzt verliere ich pro Jahr ca. 5% an Nierenleistung. Da wäre es doch richtig, jetzt schon an die Transplantation zu denken und Vorbereitungen zu treffen oder?
Mir wäre, schon alleine aus wirtschaftlichen und familiären Gründen sehr daran gelegen, eine langfristige HD zu umgehen.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich ein sehr positiver Mensch bin, der NICHT in seiner Krankheit, sondern mehr im Leben aufgeht. Das ist nicht immer leicht, zumal meine Freundin sich total in meine Krankheit verbissen hat und mich stündlich oder gar minütlich tot umfallen sieht. Da werde ich schon mal 50 mal am Tag gefragt, wie ich mich fühle, ob ich Wasser lassen kann, welche Farbe mein Urin hat, ob er zu sehr schäumt, ob ich gelbe Augen habe und ob ich in der Nacht aufgewacht bin, was ein untrügliches Symptom für ein baldiges Ableben meiner Nieren sein MUSS. Zudem höre ich total oft von Ihr, dass ich echt schlecht und immer total müde aussehe. Meine Augen sind immer traurig und in mir ist kein Leben mehr.
Ich selbst sehe mich aber nicht so und ich empfinde meine Krankheit auch überhaupt NICHT so. Ehrlich gesagt stresst mich das Verhalten meiner Freundin derart, dass es mir sogar mehr zu schaffen macht als meine Krankheit an sich. Wenn ich das aber so oder in einer vergleichsweise schonenden Art zur Sprache bringe, dann höre ich nur, sie kann nicht anders. Was tun?
Nach 14 Jahren Partnerschaft sind wir auch wirtschaftlich miteinander lieert und vor einer Trennung zusätzlich zu meiner gerade ein bisschen ausufernden Krankheit sehe ich für mich als sehr problematisch. Mir ist schon klar, dass Ines ein recht negativ denkender Mensch ist und ihr dieser Wesenszug den Umgang mir meiner Krankheit nicht gerade leicht macht. Ich sage dann immer, sie solle sich NICHT an den paar Kleinigkeiten stören, die halt mal negativ mit der Krankheit einhergehen, sondern ins Auge fassen, dass es anderen im Verlauf der Krankheit meist viel schlechter geht. Ich habe so gut wie keine Schmerzen und bisher nur eine einzige Blasenentzündung im ganzen Leben gehabt. Dass ich bei vielem Sitzen mit abgewinkelten Beinen, Wasser in diesen ablagere und auch mein Teint nicht der eines 18-Jährigen ist, ist doch nebensächlich.
Im Hinblick auf meine Partnerschaft mit Ines kann ich echt nicht sagen, was ich tun soll. Sie war noch nie bei einem Arztgespräch dabei. Bereits mehrmals habe ich ihr das angeraten und darum gebeten, aber sie sagt dann, es reicht doch, wenn Du es mir erzählst. Dann allerdings wird mir das, was ich über die Krankheit erzähle nicht geglaubt, sondern sie reimt sich halt selbst was zusammen.
Für mich unglaublich schwer, damit umzugehen.
Jetzt möchte ich aber zum Ende kommen. Ja, das war eine lange Geschichte und vielleicht merkt man daran, dass ich lange nicht darüber gesprochen habe. Natürlich könnte ich noch viel mehr schreiben, was mich bewegt, aber ich befürchte, das wird nur die wenigsten hier interessieren.
Wer es bis hier her geschafft hat: alle Achtung, langer Atem ;-).
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Alles Liebe
Bernhard